Mit 22 Jahren am Beginn seiner Laufbahn: Der junge Felix Gasselich (rechts, weiße Dress) tanzt zwischen den beiden Linzern Alfred Gert und Horst Baumgartner hindurch. Ganz links Ernst Baumeister. Aus FK Austria Wien gg. SK VÖEST Linz (1 : 3) vom 25. August 1978 vor 7.000 Zuschauern im Franz Horr-Stadion. Foto: © oepb

Die bloße Namensnennung von Felix Gasselich in der Österreichischen Fußball Bundesliga stand in früheren Jahren für Ästhetik, feine Klinge, Ball-Akrobatik, sehenswerte Dribblings oder einfach auch „nur“ für „Die hohe Schule des (Wiener) Fußballs!“ Der hier beschriebene Gasselich galt als heimlicher König im Fußball-Oberhaus, wenngleich es sehr lange dauerte, bis er sich wirklich die verdiente Krone aufsetzten konnte.

Man sollte – gerade als Zeitzeuge – keine Ranglisten erstellen, wenn man die vielzitierte „gute, alte Zeit“ glorifiziert. Und wie wir alle wissen, gab es frei nach Karl Kraus in „Die letzten Tage der Menschheit“ diese „gute, alte Zeit“ bekanntlich auch nie. Aber jede Epoche – egal wobei – brachte ihre Könner hervor, an die man sich heute nur allzu gerne zurückerinnert. Und Könner und wahre Meister ihres Fachs gab es hierzulande – auch und gerade beim Fußballsport – immer schon genug.

In den 1960er, 1970er und 1980er Jahren agierten in der höchsten österreichischen Spielklasse einige Kapazunder, die als echte Spielgestalter ihrer Teams galten und wegen dieser es immer wieder lohnte, ins Stadion zu gehen. Diese Aktiven rissen an guten Tagen alle mit, nicht nur die 10 weiteren Kollegen im gleichen Dress, sondern auch die Zuschauer auf den Rängen. An schlechten Tagen dieser Spielgestalter verteufelte man allerdings die ballverliebten „Rastellis“. Ernst Baumeister, Ernst Fiala, Erich Hof, Willi Kreuz, Herbert Prohaska, Jürgen Werner, Helmut Wartinger … die Namensliste ist unvollständig und ließe sich fortsetzen. Und Gasselich war einer von ihnen, wenn vielleicht sogar nicht der Allergrößte.

Im Bild von links: Felix Gasselich, Alberto Martinez, sowie Günter Pospischil. Aus SK VÖEST Linz gg. FK Austria Wien (3 : 1) vom 24. November 1979 vor 6.800 Zuschauern im Linzer Stadion auf der Gugl. Foto: © oepb

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm

Älteren Fußballfreunden wird bestimmt noch bekannt sein, dass es in den 1950er Jahren bereits einmal einen Felix Gasselich beim Fußballsport gab. Felix Gasselich sen. war für den Wiener Sport-Club aktiv und dort auch ein Leistungsträger gewesen. Gasselich sen. half 1952/53 mit 9 Toren tatkräftig mit, dass der Wiener SC den „Betriebsunfall“ Abstieg aus dem Oberhaus in die Staatsliga B nach nur einem Jahr wieder repariert wusste. In den darauffolgenden Jahren war Felix Gasselich sen. Stammspieler bei den Dornbachern und trat auch als Torschütze jedes Jahr vermehrt in Erscheinung. Als Felix jun. am 21. Dezember 1955 in Wien das Licht der Welt erblickte, war der sportliche Stern von Felix sen. beim WSC allerdings bereits wieder am Verglühen.

Beserlpark und kein Verein

Gasselich jun. galt immer schon als Individualist. Mit 5 Jahren erhielt er seinen ersten Ball, von da an sein Lieblingsspielzeug. Die Familie wohnte damals noch in Wien-Hernals und Felix jun. versuchte seine erste Kunststückchen im Park. Jahre später dazu der Protagonist anhand eines Interviews: „Am liebsten habe ich im Park allein versucht, den Ball in allen Lagen zu beherrschen. Einige Jahre später habe ich dann gern als einzelner gegen zwei, drei Gegner gespielt. Die Parkbänke waren unsere Tore. Ich habe den anderen, die oft größer und stärker waren, ein paar Tore vorgegeben und habe dennoch gewonnen.“ Diese Zeit hätte für ihn nie zu enden brauchen. Ihm war es wichtig, sein „Publikum“ zu erfreuen. Und als Publikum sah er die jeweiligen Gegner. Ab und an verirrte sich ein Kiebitz in den Park, aber nach Vorsprache bei den Eltern wollte der kleine Felix um keinen Preis bei einem Fußballklub unterkommen. Kicken im Park, den ihm verliehenen Spitznamen Eusebio – in Anlehnung an den großen portugiesischen Fußballstar – tragend, spielen bis zum Ende des Tages. Das war sein Lebenselixier.

Nur ein Tipp vom Vater

Felix Gasselich jun. erinnerte sich an seinen Vater, der ihm für später nur einen Tipp mitgab: „Wenn Du irgendwann einmal ein großer Fußballspieler werden möchtest, dann musst Du mit dem linken Fuß genauso schießen können wie mit dem rechten.“ Der Junior nahm sich diesen Rat zu Herzen und kickte das Leder stundenlang mit dem linken Fuß gegen eine Mauer. Irgendwann war er beidbeinig.

Die Wiener Violetten vom Prater

Nachdem sich die einen oder anderen Talentespäher bei Gasselich jun. die Zähne ausgebissen hatten und ihn vorerst noch an keinen Verein binden konnten, sorgten andere dafür, dass es mit der Karriere doch noch losgehen konnte. Seine Freunde nahmen Felix Gasselich jun. kurzerhand in den Prater mit, um beim Training der Wiener Austria zuzusehen und vielleicht mittrainieren zu dürfen. Aber der Funke sprang immer noch nicht über. Nach ein paar Tagen Training hatte der junge Gasselich wieder genug und verließ die Austria-Trainingsplätze gleich neben dem Praterstadion. Er wollte seine Ballkunst lieber im Park weiter allein unter Beweis stellen … als Einzelgänger. Es sollten noch zwei Jahre vergehen, ehe es dann doch noch etwas wurde mit einem Engagement. Mit knapp 15 Jahren erneut der Versuch beim FAK. Kurze Zeit später dann der Durchbruch. Dazu Felix Gasselich im Klartext: „Als Junior durfte ich unter Bela Guttmann bei den Großen mittrainieren. Zum Einstand habe ich dem Robert Sara, dem „Dralle“ Fiala und dem Hengster Heinz gleich die Gurk´n gegeben.“

Der Weg war geebnet

Von jenem Zeitpunkt an, wir schreiben das Jahr 1973, gehörte Felix Gasselich zum Stamm der Austrianer. Er trainierte fleißig mit und kam als 18-jähriger im Frühjahr 1974 zu seinen ersten Einsätzen in der Kampfmannschaft. Das Bundesligadebüt fiel auf den 19. Mai 1974. Ausgerechnet beim Wiener Sport-Club hieß es für ihn, die Feuertaufe zu bestehen. Gasselich kam in der 49. Minute für Heinz Hengster ins Spiel, konnte aber die 0 : 2-Niederlage auf dem Sportclubplatz auch nicht mehr abwenden.

Prohaska versus Gasselich

Die Austria kam in jenen Jahren in den Genuss, über zwei echte Spielgestalter zu verfügen. Während jedoch der eine, Herbert „Schneckerl“ Prohsaka (* 8. August 1955) ein stets Getriebener war, der nicht verlieren konnte, was ihn und sein Spiel auch auszeichnete, machte der andere, Felix Gasselich jun. (21. Dezember 1955) kein Hehl daraus, gerne für das Publikum zu spielen. Ihm war es wichtig, das Fußballspiel zu verschönern, der eigentliche Endzweck, den Torabschluss zu suchen, war ihm dabei nicht immer so zwingend wichtig. Und gerade deswegen war Gasselich der geborene Austrianer. Das trickreiche und verschnörkelte Spiel gab es immer schon bei der Wiener Austria zu bewundern, stand aber auch gleichbedeutend dafür, dass die Anhänger, wenn das sportliche Werkel einmal nicht wie gewohnt lief, mit ihrer Mannschaft oftmals graue Haaren bekamen.

Endgültiger Durchbruch mit knapp 28 Jahren

Der Schatten von Herbert Prohaska beim FK Austria Wien war groß, nicht aber seine Fußstapfen. Als der „Schneckerl“ im Sommer 1980 zu Inter Mailand wechselte, war die Zeit von Felix Gasselich gekommen. Gewiss, der FAK hatte an Qualität verloren und auch die Konkurrenz holte schier unaufhaltsam auf. Jene fast mühelos eingefahrene Meisterschaften 1978, 1979 und 1980 ließ sich mit dem neuerlichen Titelgewinn 1980/81 nicht mehr so leicht bewerkstelligen. Aber, als es darauf ankam, war der „Fußball-Professor“ da. Anhand der entscheidenden Spiele gegen den SK Sturm Graz (5 : 2, und ein ernsthafter Konkurrent um den Titel) sowie den Cupsieger 1981 GAK (6 : 1), beide Heimspiele übrigens ausgetragen am Sportclubplatz, führte Gasselich sein Team zum abermaligen und vierten Titelgewinn en suite. Damals eine Novität. Und auch die Wiener Stadthalle wurde zu seinem Wohnzimmer. 1980, 1981 und 1982 wurde Felix Gasselich zum ungekrönten König als „Bester Spieler“ des Stadthallen-Turniers gekürt.

Grüne Haxlbeißer im Nacken

Der SK Rapid Wien avancierte spätestens mit dem Heimholen von Hans Krankl im Winter 1980/81 vom FC Barcelona zurück nach Hütteldorf wieder zur ernsthaften Konkurrenz für die Austria. Und Grün-Weiß rang den Wiener Violetten auch die jahrelange Vorherrschaft in der Stadt ab. 1982 und 1983 hieß der Österreichische Fußballmeister Rapid. Denkbar knapp scheiterte der FAK 1982/83. Nur die Tordifferenz gab den Ausschlag um Sein oder Nichtsein. Aber Gasselich gratulierte der Konkurrenz zum Ende der Saison sportlich fair, indem er meinte, dass die Austria von vier möglichen nur einen Punkt gegen Rapid in diesem Jahr geholt hatte. Das ist im Titelkampf schlichtweg zu wenig.  

Mittwoch, 20. Oktober 1982

Wo die Austria 1982/83 hingegen reüssierte, das war auf der internationalen Bühne. Bis ins Halbfinale des Europapokals der Pokalsieger stießen die violetten Ballzauberer im April 1983 vor und mussten lediglich Real Madrid nach einem 2 : 2 in Wien und einem 1 : 3 in Spanien passieren lassen. Am Weg dorthin kam es heute vor 41 Jahren allerdings zu einer folgenschweren Begegnung. 50.000 Zuschauer erlebten im Ali Sami Yen Stadion von Galatasaray Istanbul die absolute Sternstunde von Felix Gasselich jun. Ein Tor für die Geschichtsbücher und die Unendlichkeit. Mit Worten nur sehr schwer zu beschreiben, ließ der „Lixl“ die Türken auf die sprichtwörtliche „Saf“ steigen und versenkte das Leder sehenswert zum 4 : 2 aus Sicht der Austria in den Maschen. Dieser herrliche Treffer wurde anlässlich der Feierlichkeiten von 100 Jahre FK Austria Wien im Herbst 2011 zum „Tor des Jahrhunderts“ gewählt.

„Fuchsi“ verhindert zweistelligen Sieg

In der heimischen Meisterschaft ging es am 24. Oktober 1982 munter weiter. 5.200 Zuschauer erlebten anhand einer Matinee am Sonntagvormittag eine Galavorstellung der Violetten gegen den SK VÖEST Linz mit einem ungefährdeten 5 : 1-Kantersieg am Schluss. Während einer kurzen Spielunterbrechung kam es zum kurzweiligen Gespräch zwischen SK VÖEST-Keeper Erwin Fuchsbichler und Felix Gasselich, anhand dieser der Fuchsi dem Lixl zu seinem sehenswerten Tor von Istanbul gratulierte. Gasselich bedankte sich beim baumlangen Linzer Torhüter auf seine Art und traf zum vorentscheidenden 4 : 1 in diesem Spiel. Und hätte der Fuchsi trotz fünf Bummerln nicht einen sensationellen Tag gehabt, der Sieg der Austria wäre an jenem Vormittag zu Wien-Favoriten vermutlich zweistellig ausgefallen.

Ajax Amsterdam

Mit der endgültigen Entscheidung, Herbert Prohaska im Sommer 1983 vom AS Rom zurück nach Wien zur Austria zu holen, war auch die 13jährige Epoche für Felix Gasselich beim FAK abgelaufen. Er wechselte in die Eredivisie zu Ajax Amsterdam und traf dort unter anderem auf Marco van Basten, Jan Mölby, Frank Rijkaard und Ronald Koeman. Die Niederländer verpassten ihm auch sogleich den Spitznamen „Portenkoning“, also Gurken-König, in Anlehnung an sein stetes Spiel durch des Gegners Beine. 

Nach zwei Jahren in den Niederlanden verlief die Rückkehr nach Österreich für Felix Gasselich vorerst nicht erfolgreich. Gleich beim ersten Antreten für seinen neuen Klub setzte es für ihn eine Niederlage. Im Bild von links: Helmut Wartinger (SK VÖEST), Felix Gasselich (LASK), Georg Zellhofer (SK VÖEST), Referee DDr. Gerhard Kapl, Gerald Piesinger und Karl Meister (beide LASK). Aus LASK gg. SK VÖEST Linz (1 : 2) vom 11. Oktober 1985 vor 9.000 Zuschauern im Linzer Stadion auf der Gugl. Foto: © oepb

Gasselich – Lächerlich

Nach zwei Saisonen war für ihn in Amsterdam Schluss und LASK-Präsident Komm.-Rat Rudolf Trauner angelte sich – finanziert von einer Gönner-Gruppe – Felix Gasselich. Der Lixl wurde dem Linzer Publikum beim Stadtderby gegen den SK VÖEST Linz am 11. Oktober 1985 vorgestellt. Der stimmgewaltige Anhang der Linzer Werkssportler wurde jedoch nicht müde, Gasselich auf ihre Art und Weise zu begrüßen. Mit „Gasselich – Lächerlich“-Sprechchören wurde die Neuerwerbung des Stadtrivalen despektierlich empfangen und soweit mürbe gemacht, dass der Künstler am Ball nur eine Halbzeit lang mit von der Partie sein konnte. An jenem Abend wuchsen die beiden Primgeiger des SK VÖEST, Jürgen Werner und Helmut Wartinger, über sich hinaus und der 2 : 1-Erfolg der Werkssportler über den LASK war hochverdient. 9.000 Zuschauer, gut die Hälfte davon im Lager des LASK stehend, verließen die Linzer Gugl enttäuscht. Aber Felix Gasselich lief noch zu seiner Form auf und gerade im Frühjahr 1986 ließ der 30-jährige noch einige Male die – seine – hohe Kunst des Fußballsports in Linz beim LASK aufblitzen.

Wieder ein Gasselich beim Sport-Club

30 Jahre nach seinem Vater heuerte im Sommer 1986 nun auch Felix Gasselich beim Wiener Sport-Club an. Der WSC verfügte, finanziert von Öl-Multi Hannes Nouza, über eine schlagkräftige Mannschaft. Gasselich´s Kollegen waren unter anderem Hans Krankl, Christian Keglevits, Istvan Magyar, Didi Constantini, Walter De Greef, Frenky Schinkels, Andreas Reisinger und Konsorten.

Mit dem Wiener Sport-Club knapp an der Qualifikation für den UEFA-Cup gescheitert. Im Bild von links: Manfred Schill (SK VÖEST), Felix Gasselich (Wiener Sport-Club), Alexander Sperr (SK VÖEST) und Christian Keglevits (Wiener Sport-Club). Aus SK VÖEST Linz gg. Wiener Sport-Club (2 : 2) vom 14. März 1987 vor 3.700 Zuschauern im Linzer Stadion auf der Gugl. Foto: © oepb

Langsamer Karriere-Ausklang

Über den GAK 1988/89, den Kremser SC und SR Donaufeld Wien ließ Felix Gasselich seine Karriere, anhand dieser er zwischen 1978 und 1984 auch zu 19 A-Länderspielen mit 3 Toren in der Nationalmannschaft kam, langsam ausklingen. Wo man ihn aber nach seiner Laufbahn fast immer antreffen konnte, war auf den Zuschauerrängen des Horr-Stadions bei der Austria. Und diese hatte auf ihren einstigen Primgeiger auch insofern nicht vergessen, da er im Zuge der Installierung des violetten Legendenklubs im Jahre 2012 zum Präsident der Legenden berufen wurde.

Heute vor 41 Jahren: Den Ball angenommen, den Gegner düpiert, eine Körperdrehung, fünfmal gegaberlt und das Leder unhaltbar für den gegnerischen Torhüter im Gehäuse versenkt. Unerreicht – bis heute!

oepb.at – In eigener Sache

Wenn die Österreichische Fußball-Bundesliga die Saison 2023/24 als 50-jährige Jubiläumssaison ausruft, dann darf dabei nicht vergessen werden, dass in Österreich seit 1911/12 regelmäßig Meisterschaft gespielt wird und es seit 1949/50 eine Gesamt-Österreichische Fußballmeisterschaft gibt. Wir werden hier in regelmäßiger Unregelmäßigkeit an Protagonisten der österreichischen Fußball-Landschaft erinnern, abseits der allseits bekannten Spieler-Größen. An Fußballer, die heute teilweise leider bereits vergessen sind, die aber dennoch der Liga und den Vereinen, für die sie aktiv waren, ihren Stempel aufgedrückt haben.

Quelle: Redaktion www.oepb.at

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