18. August 2009

tschaunerDie Original Wiener Stegreifbühne, vormals Tschauner, ist die einzige täglich spielende Stegreifbühne der Welt mit einem festen Repertoire. Die Stegreifspieltradition leitet sich von den alten Clownspielen der Antike, der italienischen ,commedia dell`arte´ und den Hanswurstiaden der Altwiener Volkskomödie her. Nach Anleitung der Abendspielleiter werden jeden Abend in der Saison Komödien in verschiedenen Varianten gespielt. Die Dialoge ergeben sich spontan nach Lust und Laune. Die Stegreifbühne ist eine reine Sommerbühne, die Saison dauert von Mitte Juni bis Mitte September. Das Markenzeichen der Bühne lautet: ,Wo das Lachen zu Hause ist.´

Karoline Janousek Tschauner sie lebte von 1919 bis 1991 – war 50 Jahre Prinzipalin der Bühne und wuchs in einer Welt des Liliom, des Varietès, Cabarets und der Hutschenschleuderer auf. Bereits als kleines Mädchen spielte sie die Rolle des Rotkäppchens mit einem echten Wolf auf der Bühne.

Das Tschauner Menü, bestehend aus kalter Knackwurst oder Schmalzbrot mit einem G´spritzten oder einem kühlen Bier.
Das Tschauner Menü, bestehend aus kalter Knackwurst oder Schmalzbrot mit einem G´spritzten oder einem kühlen Bier.

Einige Zeit später trat Karoline als Partnerin eines japanischen Messerwerfers auf und spielte auch auf der väterlichen Stegreifbühne in der Ottakringer Kendlergasse. Dort wurde sie von ihrer Großmutter und gleichzeitig ihrem großen Vorbild in die Geheimnisse der ,Stegreiftheaterwelt´ eingeführt. Als Prinzipalin des Familien- unternehmens wurde die Enkelin bereits sehr früh darin bestärkt, die Kunst der Unterhaltung von Grund auf zu erlernen. Mit 19 Jahren heiratete sie ihren ersten Mann, den 50jährigen Theaterdirektor Gustav Tschauner. Die Bühne übersiedelte von der Kendler- in die Ganglbauergasse und 1957 weiter in die Maroltingergasse 43, wo unter Verwendung des alten Holzmaterials ab 1959 die ,Tschaunerbühne weiter ihr Repertoire spielte.

Der 16. Wiener Gemeindebezirk, Ottakring, war während der Jugendjahre von Frau Tschauner eine äußerst ärmliche Arbeitervorstadt mit großen, lärmenden Fabriken – eine Hochburg der Arbeiterbewegung. In den 1930er Jahren war demnach die Anzahl der Arbeitslosen sehr hoch, die sich mühsam durchs Leben schlugen. Diese Problematik wurde in zahlreichen Wienerliedern verarbeitet, die man noch heute in vielen ,Buschenschanken´ zu hören bekommt. Die Stegreifbühne ,Tschauner´ war jahrzehntelang ein privat geführtes Volkstheaterunternehmen ohne öffentliche Unterstützung. Darüber hinaus war man vom Wetter abhängig, da bei Schlechtwetter die Vorstellungen abgesagt werden mussten. Die Einnahmen waren daher oftmals unregelmäßiger Natur. Als Ergänzung und kleines Zubrot dazu führte die Prinzipalin Tschauner im Winter einen Kostümverleih, um im Frühjahr ihre Bühne wieder aufsperren zu können.

Tschaunerpianist Roland Spöttling.
Tschaunerpianist Roland Spöttling.

Urlaub gab es für die ,Tschaunerin´ nicht. In die größte Krise geriet die Bühne, als Gustav Tschauner im Jahre 1961 verstarb. Mit 14 Beschäftigten kämpfte die Witwe ums wirtschaftliche Überleben. Es gab Tage, an denen man nur für eine Handvoll Zuschauer spielte. Doch die ,Tschaunerbühne´ existierte weiter und wurde nicht nur in Ottakring zu einem Begriff, sie avancierte zu einer ,Institution´ des Wiener Kulturlebens auch bis weit über die Stadtgrenzen hinaus.

Jahrzehntelang wehte es Regen und Schnee auf die Bretter der traditionsreichen Bühne, bis sie schließlich morsch und brüchig wurden.
Spielzeit für Spielzeit versuchte die Prinzipalin die immer häufiger auftretenden Schäden zu beheben, bis das Aus unabwendbar wurde. Trotz Subventionierung seitens der Gemeinde Wien in den letzten Jahren, musste die schon schwer kranke und müde gewordenen Theaterbesitzerin die Bühne an das Wiener Volksbildungswerk verkaufen.

tschauner3Im Jahre 1987 wurde unter der Leitung des neuen Prinzipals Franz Strohmer die letzte Saison auf den alten Brettern gespielt, um im Anschluss das schwer einsturzgefährdete Pawlatschentheater endgültig zu schließen und abzureißen. Am 4. Juli 1989 wurde es unter tatkräftiger Mithilfe der Stadt Wien und dem Wiener Volksbildungswerk jedoch wieder eröffnet, um seither in neuem Glanz zu erstrahlen.

1160 Wien, Maroltingergasse 43
Karten: 01/91 45 414;
Theaterkartenbüro Franz Jirsa: 01/40 06 00
Kassa: Montag bis Freitag von 10 bis 21 Uhr

www.tschauner.at

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