30. September 2008

Blick über die Prater Hauptallee in Richtung Ernst Happel-Stadion
Blick über die Prater Hauptallee in Richtung Ernst Happel-Stadion

Der Bootsverleih im Prater, gleich gegenüber des Stadions, für manche hoffnungslosen Romantiker der Ort des ersten Rendezvous, verbirgt eine erstaunliche Geschichte.

Jeder hat so seine Erinnerungen an das Heustadelwasser. Die eine hat beim Erfrischungsstand neben dem Bootsverleih als Kind so gerne den Kakao aus der Glasflasche getrunken. Der andere erinnert sich an etliche erste Rendezvous, die allesamt am Heustadelwasser stattgefunden hatten und jedes Mal tat er so, als wäre er das erste Mal hier. Andere wiederum kennen den wahrhaft romantischen Bootsverleih am Prater-Amazonas nur vom vorbeijoggen und fragen sich dabei keuchend bloß, ob denn hier überhaupt noch Betrieb sei. Auch Eleonore Reichl hat ihre unauslöschbaren Erinnerungen: ,Als Kind bin ich immer ins Stadion-Bad gegangen.`. erzählt sie.

heu1 ,Da hab ich schon gewusst. In dem kleinen Häuschen neben dem Bootsverleih, da möchte ich einmal wohnen.´ Und dann hat sie Peter Reichl geheiratet und ist im Jahre 1977 tatsächlich hier eingezogen. Peter Reichl arbeitet seit 1954 hier. Als 10jähriger hat er begonnen. Später absolvierte er seine Lehre. Er erlernte Boote und Orgeln zu bauen.Das Holzhäuschen am Wasser gibt es seit 1901, das Wohnhaus daneben seit 1927. Es gehörte damals den Gebrüdern Ferdinand und Philipp Eppel. Der eine war Boots-, der andere war Orgelbauer. Die heutige Votivkirchen-Orgel, die wurde hier gebaut und zwar in zwei Teilen, weil der Raum zu niedrig war.

heu2Peter Reichl hat mitgearbeitet, die Werkstatt steht noch heute. Auch die Boote, die im dunkelgrünen Wasser schaukeln, hat er selbst gebaut. Und er würde gerne wieder einmal eines zimmern. Doch dem heute 64jährigen fehlt die Zeit dazu. Die Buchhaltung muss erledigt werden und auf die Post zu gehen, das gleicht schon einer Weltreise. Schade, dass es jetzt den 21iger (Tramway-Linie) nicht mehr gibt, denn in die neue U-Bahn steige er nicht ein. Sein Hund Wasti ist da schon umtriebiger. ,Wenn die Ginni aus dem Café Violet in Erdberg läufig ist, dann müss ma den Wasti dreimal täglich von dort abholen.

Aber er bleibt immer brav bei der Ampel stehen.´, erzählt Pflegesohn Bernhard. Auch er ist seit seiner Kindheit hier.

Der Hausherr freut sich über jeden Besuch samt Schwätzchen in seinem gemütlichen Ambiente.
Der Hausherr freut sich über jeden Besuch samt Schwätzchen in seinem gemütlichen Ambiente.

Aber er bleibt immer brav bei der Ampel stehen.´, erzählt Pflegesohn Bernhard. Auch er ist seit seiner Kindheit hier. Er kocht, schmeißt den Laden und springt auch schon einmal ab und an ins Wasser. Das Heustadelwasser, ein ehemals durchflossener Donauarm, wurde durch die Regulierung 1875 zum abgetrennten Arm. ,Das Wasser sieht nicht sehr einladend aus, es ist aber bestimmt gesünder, als jenes im nahe gelegenen Stadion-Bad. Ausserdem leben hier Schildkröten und Fische.´, so Bernhard.

Baden war ja eigentlich schon immer verboten, aber früher war das Wasser noch viel schöner. ,Heutzutage schmieren sich die Leute mit viel zu viel chemischem Klumpert ein.´ auch das Booterl fahren war schon einmal beliebter hier. Heute wird nur noch ab und zu eines ausgeborgt. Und Gäste kommen auch nicht mehr gar so viele. Obwohl Bernhard einen tadellosen Bauernschmaus kochen kann. ,Bei der Fußball-EURO 08 war allerdings Hochkonjunktur, da standen die Leute bis zur Hauptallee angestellt.´

Bernhard möchte den Bootsverleih einmal übernehmen und weiterführen. Aber der Bund stellt sich quer. Diesem gehört auch das Haus. ,Die wollen das schleifen, wenn der Peter Reichl einmal nicht mehr ist.´ Bis dahin dauert es aber noch ein wenig.

 

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