Ein Spiel der Österreichischen Fußball-Bundesliga zu besuchen, besteht im Normalfall nicht nur aus „Spielbeginn – Halbzeit – Abpfiff/Jubel oder Trauer“, sondern es bedarf für die Veranstaltungs-Verantwortlichen, als auch für die geneigten Stadion-Pilger einer gewissen Vorbereitungszeit. Wir möchten diesen Umstand berücksichtigen und das hier geschilderte Meisterschafts-Spiel einmal aus einem völlig anderen Blickwinkel betrachten.
Ein Heimspiel der Wiener Austria steigt in der Generali-Arena – vormals Franz Horr-Stadion – zu Wien-Favoriten. Die Parkplätze rund um das Areal sind dünn gesät, ein zeitlicher Anmarsch ist daher empfehlenswert, um einen der begehrten Parkplätze rund um die Fischhofgasse zu ergattern. Die Austria bietet einen kostenlosen Bus-Shuttle-Dienst vom Parkplatz „Filmteichstraße/Oberlaa“ an, man kann diesen Weg von dort aber auch ohne weiteres per pedes durch ein kleines Waldstück in Richtung Ost-Tribüne vornehmen. Die Stadiontore werden 90 Minuten vor Spielbeginn geöffnet. Sollte man bereits weit vor dieser Zeit vor Ort sein, kann man sich einen Besuch bei einem nahe gelegenen Würstelstand mit dem urigen Namen „Mampf-Hütte“ beim Laaerberg-Bad, oder aber bei einem der beiden konkurrierenden größten „Laberl-Produzenten“ gönnen. Darüber hinaus ist ein Besuch im „Viola-Pub“ in der Ost-Tribüne für echte Violette ohnehin Pflicht, und das nicht nur am Spieltag.
Hektisches und munteres Treiben herrscht nicht nur auf der A 23, wenn die für Bundesliga-Spiele zwingend vorgeschriebene Exekutiv-Anzahl an Polizei-Wägen aus der Rossauer-Kaserne in Richtung Verteilerkreis und Generali-Arena anrauscht, nein, auch im Stadion-Inneren werden die letzten Vorbereitungen vor der Einlass-Öffnung getroffen. Die Ordner wurden letztmalig instruiert und beziehen ihre Plätze, Vertreter beider Vereine, sowie eine Abordnung der Exekutive nehmen einen Stadion-Begehungs-Runde vor und wenn diese Herrschaften „violettes“ – die Farbe grün eignet sich bei der Austria nicht – Licht geben, dann kann es losgehen. Die Lab-Stellen im Stadion sind für den Ansturm bereit, die Würstel brutzeln bereits am Grill, die Biere sind gekühlt und auch in den VIP-Räumlichkeiten, sowie Logen ist man für die nun einströmenden Besucher und diversen Vereins-Gönner und Sponsoren gerüstet.
60 Minuten vor Spielbeginn ruft die sympathische Stadionstimme Erwin Gruber den Countdown aus, ehe die beiden Torleute samt Tormann-Trainer zum Aufwärmen den Rasen betreten – unter Applaus des noch spärlich vorhandenen Anhangs. In den beiden Fan-Blöcken herrscht zu diesem Zeitpunkt einerseits Endzeitstimmung – die Austrianer sind fertig, haben ihre Kurve bereits in violett-weißes Tuch gehüllt und sehnen den Anpfiff herbei, der Gast, in diesem Fall aus Graz, ist andererseits noch gar nicht vorhanden.
Das Stadion füllt sich langsam, die nächsten Spiel-Termine werden verkündet und Geburtstage werden verlesen. Unter AC/DC´s „Hells Bells“ betritt nun unter tosendem Applaus des nun bereits besser gefüllten Areals zirka 30 Minuten vor dem Spiel die FAK-Mannschaft den Rasen, um ihr Aufwärmprogramm zu absolvieren. Die wenigen Pfiffe aus der Gästekurve fallen kaum ins Gewicht, vielmehr aber jene der Heimischen beim Betreten der Gastmannschaft des Rasens.
Diese Pfiffe werden nun noch lauter, da sich zwischenzeitlich auch die Grazer Anhänger anschicken, den Gästeblock im Westen des Stadions zu betreten und ihrerseits wiederum den Block in ein schwarz-weißes Transparent- und Fahnen-Meer zu tauchen. In den VIP-Logen verfolgt man bei herrlich riechenden Köstlichkeiten der Caterer auf den Monitoren gespannt die sky-Interviews vor dem Spiel, aber auch die Nachbetrachtung der 16 Uhr-Partie, die bereits beendet ist, wir genauestens verfolgt. Das ganze wird mit Wein oder Bier aus Gläsern begossen, im Stadion-Inneren sind nur Plastik-Becher ob etwaiger Wurf- und damit verbundenen Verletzungsgefahr auf und für die Akteure zugelassen. Der treue Stadionpilger weiß dies, wirft aber ohnehin bei der Austria sein Bier kaum, sondern konsumiert dieses lieber.
Die Spannung und Erwartung der Dinge bewegt sich ihrem Höhepunkt zu. Beide Fan-Kurven haben sämtliche choreografischen Vorbereitungen getroffen, die Muskel der Akteure, als auch des Schiedsrichter-Trios sind soweit gelockert und aufgewärmt, die Stadion-Stimme verlautbart nun unter lautstarkem Zutun des Publikums die jeweiligen Mannschafts-Aufstellung. Jene des Gegners wird gnadenlos ausgepfiffen. Bei Ex-Lieblingen, die das Trikot im Laufe der Zeit vereinsmäßig gewechselt haben, ist dieser Umstand seit jeher am Ohren betäubendsten. Die Team-Aufstellung der heimischen Austria wird mit gemeinsamen Ausrufen des jeweiligen Familiennamens des Spielers begleitet. Die Anzeige-Tafel hilft hier mit dem Antlitz des jeweiligen Spielers mit. Die 22 Akteure und die Schiedsrichter sind zu diesem Zeitpunkt wieder in den Stadien-Katakomben.
Die Uhr zeigt 18.27 Uhr, es kann nicht mehr allzu lange dauern, bis Erwin Gruber freudig verkündet: „Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Austria-Familie und Freunde des gepflegten Fußballs … HIER KOMMT DIE WIENER AUSTRIA!“ Beide Teams betreten nun den Rasen, angeführt vom Schiedsrichter-Trio und begleitet von einer ausgewählten Nachwuchs-Mannschaft oder Schulklasse. Einem Geburtstags-Jubilar unter den Anhängern wird dann meist noch die Ehre zuteil, den Anstoß vornehmen zu dürfen, ehe es um Punkt 18.30 Uhr endlich losgeht.
Die Kehlen sind geschmiert, die Einpeitscher in Ost und West haben ihre Podeste bezogen, lautstarke Stimmung überschwappt das Areal, der Schiedsrichter pfeift an.
Das Schöne am Fußballsport ist bekanntlich jener Umstand, dass man im Vorfeld nie genau weiß, wie ein Spiel enden wird. Man kann Tipps abgeben und Stoßgebete gen Himmel entsenden, entscheidend ist aber immer auf dem Platz. Der so genante „12. Mann“ – das Publikum – ist aber normalerweise für ein Team von Vorteil, da mit einem stimmgewaltigen Anhang im Rücken bereits sehr oft ein verloren geglaubtes Spiel noch gedreht werden konnte.
Den Vorsängern auf der Ost-Tribüne gelingt es mit einem simplen, dafür aber umso lauteren „Nord und Süd“ jenen Umstand herauf zu beschwören, dass nun das ganze Stadion weiß, mitsingen zu dürfen. Und wenn sich dann noch wie in jenem hier geschilderten Fall 9.000 Besucher bei „Steht auf für den FAK!“ auf Kommando erheben und mitklatschen, dann läuft es selbst dem ständigen Stadion-Besucher erneut kalt über den Rücken und man wird einfach mitgerissen auf dieser Welle der Begeisterung. Das zwischenzeitlich erzielte 0 : 1 der Gäste aus Graz nach 10 Minuten tut dem Jubel keinen Abbruch, ganz im Gegenteil, die Anfeuerungen werden nun noch intensiver.
Jede Aktion, jede Ballführung, jeder Torschuss wird beklatscht. Einzig und allein das Verhöhnen des Gegners samt dessen anwesendem Anhang ist schlichtweg als dumm zu bewerten, dient dies doch dem eigenen Team in diesem Moment in keiner Phase.
Ein vermutliches „Donnerwetter“ als Halbzeitansprache des Veilchen-Coaches Karl Daxbacher bewirkt, dass die Wiener Violetten in der zweiten Hälfte bei einem beispielsweisen Gesamt-Score von 11 : 5 an Eckbällen das Spiel noch in einen 2 : 1-Heimsieg umdrehen können. Geschickte Auswechslungen und mannschaftliche Umstellungen des Trainers, sowie Schuss-Glück und unermüdliche Anfeuerung des violetten Anhangs lassen einen tollen Fußball-Abend zu Wien-Favoriten in die Geschichtsbücher eingehen. Das oberösterreichische Schiedsrichter-Trio beendet nach 93 Minuten diese Spiel-Paarung und der Heimsieg gegen Sturm Graz war letzten Endes auch verdient. Die Besucher gehen aber noch nicht gleich nach Hause, sondern feiern gemeinsam mit den Akteuren anhand einer „Welle“ die „Welle der Begeisterung“.
Langsam und stetig leert sich nun doch die Generali-Arena und 9.030 Besucher strömen ab. Zurück bleiben hell erleuchtete VIP-Logen, in denen noch lange über das Spiel, als auch über die kommenden Aufgaben palavert wird. Die Schlangen vor den Toiletten werden kürzer, jene durch die Fischhofgasse zu den öffentlichen Verkehrsmitteln oder den geparkten Autos jedoch länger. Die Trainer und Spieler stehen für Interviews noch Rede und Antwort und draußen vor dem Stadion ist die Exekutive damit beschäftigt, für einen reibungslosen Abmarsch der Besucher zu sorgen. Die Autobusse und Straßenbahnen in Richtung U-Bahn-Station sind prall gefüllt, der Autoverkehr über den Verteilerkreis geht jedoch zügig von statten. Die neu adaptierten Flutlichtmasten leuchten noch hell und freundlich in den Abendhimmel hinein und die Stadiontore werden langsam aber sicher geschlossen. Ein in jeglicher Hinsicht für die Wiener Austria erfolgreich verlaufender Spieltag ging zu Ende, dem noch viele weitere in der Zukunft folgen sollten.