Violett ist mehr als eine Farbe5. August 2011

Was haben Alfred Hitchcock, Francis Durbridge und die Wiener Austria anhand eines Europapokalspieles in Wien gemeinsam? Nun, die Spannung und Ungewissheit ob des Ausganges ist am Fußballplatz ungleich geringer, denn vor dem TV-Apparat. Die letzten Jahre boten die Veilchen ihren Anhängern im heimischen Favoriten meist Höhenflüge und Talfahrten. Ein 2 : 1-Sieg in Wien gegen Lech Posen 2008 reichte zum Schluss nicht für den Aufstieg aus. 4 : 2 siegte man 2009 gegen Vojvodina Novi Sad und 3 : 2 gegen Metalurh Donetsk und kam damit jeweils eine Runde weiter. Beide Siege wurden erst zum Schluss, oder gar in der Verlängerung erzielt. Und im Vorjahr scheiterte man im Play Off an Aris Saloniki mit einem denkbar knappen 1 : 1-Remis in Wien, nachdem zuvor Ruch Chorzow mit 3 : 0 in Wien und einem Gesamtscore von 6 : 1 ausgeschaltet worden war.

Die FAK-StreitmachtUnd gestern Abend? Mit Olympia Laibach kam ein Gegner nach Wien, bei dem man nach dem 1 : 1 im Hinspiel vor einer Woche im schmucken Stadion Stozice nun selbst alle Trümpfe in der Hand hielt. Lediglich Austria-Coach Karl Daxbacher, der Taktik-Fuchs und kühne Realist auf der violetten Kommando-Brücke, trat vehement auf die Euphoriebremse: „Wir reden uns selbst oft besser, als wir in Wahrheit sind. Der Gegner ist gut und wir können nur verlieren.“ Mit diesen Aussagen wollte er sämtlichen Druck von der Mannschaft nehmen. Es gelang.

Die Wiener Violetten begannen schwungvoll und voller Tatendrang. Die Slowenen wurden in ihrer Hälfte regelrecht eingeschnürt und fanden kaum Zeit zum Agieren vor. Die Austria hatte mehr vom Spiel und fand durch Zlatko Junuzovic´s Freistoß die erste Torchance vor. Der Schuss zog leicht über die Latte. In der 14., als auch 16. Spielminute konnte sich Veilchen-Keeper Pascal Grünwald auszeichnen. Zwei Weitschüsse der Olympioniken machte er mit Bravour zunichte. Beide Aktionen waren zu dieser Zeit des Spieles das Pulver von Laibach, und es ward verschossen. Elfmeter zum 3-2Dann die 18. Minute: Besagter Spielgestalter Junuzovic zirkelte einen Eckball geschickt zur Mitte und Nacer Barazite stand goldrichtig. Gegen seinen Kopfball war Elvic Dzafic im Gehäuse des Gegners chancenlos. Und die Austria agierte weiter. Tomas Jun, der gestern Abend wie in seinen besten Tagen agierte, knallte nach 25 Minuten aufs Tor – ohne Ergebnis. 10 Minuten später kam Jun nach einer herrlichen Vorlage von Alexander Grünwald erneut zum Ball. Der Torjubel blieb den 7.600 Besuchern im Halse stecken, da ein hineinrutschendes slowenisches Bein das sichere 2 : 0 verhinderte. Bis zur Halbzeit folgten noch weitere gute Einschuss-Möglichkeiten durch Junuzovic und Roland Linz – ohne Erfolg. Die violette Pausenführung war durchaus verdient und das erschienene Publikum wurde mit einer hervorragenden Halbzeitvorstellen der Wiener Austria belohnt.

Abgangs-Applaus dem 3fachen TorschützenDie Pause war noch in vollem Gange, da betraten sie bereits wieder den Rasen. Die Herren in Violett, die nun die Entscheidung wollten, waren heiß auf Hälfte Zwei. Der Gegner kam, bezog Stellung, war in Gedanken jedoch noch in der Kabine, da stand es plötzlich 2 : 0. Schlitzohr Barazite übernahm eine herrliche Steilvorlage ins Loch von Jun und überhob den verdutzen Keeper Dzafic zum 2 : 0. Gespielt waren 20 Sekunden. Wenig später schwächte sich die Austria selbst. Alexander Grünwald, der bereits in der 1. Hälfte von Schiedsrichter Alexey Eskov aus Russland verwarnt worden war, flog nach einem blöden Foul mit Gelb-Rot vom Platz.

Nun folgte der Auftritt von Laibach, die nicht nur zum Kaffee trinken nach Wien gereist waren. Man wollte die numerische Überlegenheit von einem Mann nützen und suchte sein Heil im Angriff. Die Austria war dermaßen konsterniert, dass Unachtsamkeiten in der violetten Verteidigung den Gegner nicht nur aufkommen, sondern auch durch zwei Tore den Spielverlauf komplett umkippen ließen. Anej Lovrecic schlenzte den Ball gefühlvoll in den Strafraum, die Nummer 22, Dare Vrsic stand goldrichtig und verkürzte auf 1 : 2. Knapp darauf dann der Ausgleich. Boban Jovic dümpelte die FAK-Abwehr via Doppelpass aus und scorte das 2 : 2. Der Schütze ließ sich nach dieser zugegeben guten Aktion von den 500 mitgereisten Laibach-Anhängern frenetisch feiern. Olympia wäre zu diesem Zeitpunkt nach einer Stunde Spielzeit eine Runde weiter gewesen.

3facher Scorer Nacer BaraziteDem kurzzeitig allgegenwärtigen Schock der violetten Anhänger folgte stimmgewaltige und lautstarke Anfeuerung. Der Tscheche Jun drehte sich im Strafraum dermaßen geschickt in seinen Gegner hinein, wurde gefoult und kam zu Fall, sodass der russische Referee, der unmittelbar daneben stand, sofort auf Elfmeter entschied. Wer sollte diesen nun ausführen? Der zweifache Torschütze Nacer Barazite? Gedacht, gesagt, und … getan. Staubtrocken, knallhart und absolut zielsicher verwertete der Holländer mit marokkanischen Wurzeln zu seinem dritten Tor an diesem Abend, seinem zwischenzeitlich bereits sechsten Volltreffer im gesamten Bewerb.

Die letzten 20 Minuten hatten es weiter in sich. Nachdem in der 71 Minute Milan Andjelkovic mit Gelb-Rot vom Platz flog, herrschte belegschaftsmäßig Pattstellung am Platz vor. 10 Slowenen standen 10 Veilchen gegenüber. Und Laibach drängte, bei einem neuerlichen Ausgleich wäre man eine Runde weiter gewesen. Keeper Pascal Grünwald, sowie der Torpfosten hielten vehement dagegen. Ein knallharter Freistoß aus gut und gerne 25 Metern von Vrsic krachte vom Gehäuse zurück ins Spielfeld, Dalibor Radujko bombte aufs Tor – und fand in Grünwald seinen Meister.

Die Gegenzüge der Austria waren detto brandgefährlich – zweimal verzogen Barazite und Junuzovic denkbar knapp am linken Torpfosten vorbei. Die schier nicht enden wollende Nachspielzeit von 3 Minuten verstrich dann doch noch irgendwann des Abends, ehe eine Welle der Erlösung und Begeisterung durch das Horr-Stadion schwappte. Ein Spiel war zu Ende, das den Spielern wie Besucher alles abverlangte, aber auch alles bot. Fünf Treffer, zwei Platzverweise, ein Elfmeter und Spannung bis zum Schluss. Der Fußball-Europa-Cup im Hause Violett schrieb erneut seinen Krimi, der zu guter letzt wieder einmal gut ausgegangen war. Der Gegner für die nächste Runde wird heute um 13.30 Uhr in Nyon gelost. Als Spieltermin steht der 18., sowie 25. August 2011 bereits fest.

Weitere Fotos zum Spiel:

www.fk-austria.at

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