Das Salz in der Fußball-Suppe waren immer schon die Tore und deren zwei Exemplare sind seit je her links und rechts am Spielfeldrand stationiert. Gott Lob, denn so sieht man wenigstens immer zwei Stück davon, auch, wenn sich über 90 Minuten das Tornetz kein einziges Mal bauscht. Und dennoch – es hat schon schlechtere torlose Remis als gestern Nachmittag gegeben, gewiß …
32. Spieltag / 9. Mai 2015 / tipico-Bundesliga / Generali-Arena, 9.125 Besucher
Andreas Ogris war schnell, sehr schnell sogar. Gerne denkt man an seinen Turbo-Sprint – bei dem er beinahe ins Radar gedüst wäre – über das halbe Feld anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft in Italien zurück, als der damals 25jährige Flügelflitzer der Wiener Austria am 19. Juni 1990 in der 50. Spielminute Mike Windischmann auf und davon lief und auch Keeper Tony Meola im Gehäuse der US-Amerikaner keine Chance ließ. Österreich schlug die USA mit 2 : 1 und fuhr dennoch nach der Vorrunde nach Hause. Ein Jahr später wurde der große Ernst Happel Teamchef der Österreichischen Fußball-Nationalmannschaft und dieser hatte zu Anbeginn seiner Amts-Periode – die seine letzte werden sollte – nichts besseres zu tun, als die quirlige Nummer 7 Andreas Ogris zum Kapitän der ÖFB-Auswahl zu bestellen. Dies sei all jenen ins Stammbuch geschrieben, die nicht müde werden, sich über die Person Ogris – aus welchen windigen Gründen auch immer – in den sozialen Netzwerken das Maul zu zerreißen.
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Andreas Ogris ist seit 22. März 2015 Chef-Trainer des FK Austria Wien. Man sieht es, man merkt seine Handschrift! Der Erz-Violette hauchte seinem Lebensverein wieder jene Sieger-Mentaliät ein, die ihn selbst in seiner Spieler-Karriere stets ausgezeichnet hatte. Die bisherige Gesamt-Bilanz seit seinem Trainer-Antritt ist okay: 3 Siege, 3 Remis und 2 Niederlagen. Aber – er kann noch unsterblicher werden, als er es als FAK-Legende ohnehin schon ist, denn die Austria steht im Cupfinale 2015. Was aber am wertvollsten für die Anhänger ist – sieht man einmal vom trostlosen 0 : 2 beim SCR Altach ab – der FAK spielt endlich wieder Fußball! Und Coach Ogris lebt diesen Sport vor. Er steht an der Linie, bewegt sich in der Coaching-Zone, geht emotional mit, dirigiert seine Schäfchen und schlägt das Leder gekonnt ins Feld zurück, wenn sich das Spielgerät einmal zufälligerweise vor seine Beine verirrt hat. Ja, man gewinnt den Einruck, er würde selbst gerne noch aktiv mitspielen. Sein gutes Recht!
Und so agiert derzeit sein Team, auch, wenn es nicht ganz zum vollen Erfolg gereicht hatte. 17 : 5 Schüsse und 6 : 0 Torschüsse, so die doch mehr als eindeutige Bilanz gestern Nachmittag in der Generali-Arena. Gerne spricht man anhand solcher Zahlen von Fakten, auf die man aufbauen kann. Und die Austria wird darauf aufbauen. Die Saison 2014/15 ist nach ewigen Zeiten wieder einmal eine Spielzeit, die aus violetter Sicht lediglich graues Mittelmaß darstellt. Auch solche Saisonen kommen vor. Und dennoch, man hat es selbst in der Hand, am Ende dieses Jahres einen Titel einzufahren, nämlich den 28. Cup-Triumph in der Geschichte. Auch hier gilt es eine Scharte auszubügeln, denn 2013 belohnte man sich nach der gewonnenen 24. Meisterschaft nicht mit dem Double, sondern vergeigte das Pokal-Endspiel gegen den Dittligisten aus Pasching sang- und klanglos mit 0 : 1. Heuer wartet mit dem FC Salzburg zwar ein schier übermächtiger Gegner, aber das Prinzip Hoffnung lebt und die Chance auf den Erfolg allemal.
So auch gestern. Es tat gut, wieder eine Austria zu sehen, die spielerisch präsent war, die den Gegner beherrschte und den Grazern wenig Zeit zum Atmen gönnte. Einzig und allein die Stimmung war ungewöhnlich, denn die Musik machten die gut 1.500 mitgereisten Grazer über die gesamte Spieldauer von 90 Minuten. Der violette Anhang scheint müde geworden zu sein und der Selbstreinigungs-Prozess innerhalb der Anhänger- und Ultra-Gruppierungen sieht derzeit wohl so aus, dass kollektiv neben den Stadion-Verbotlern gleich ganze Gruppen vor den Toren bleiben. Nun, den Spielern muss es einerlei sein, denn beim kommenden Wiener Derby am Sonntag, 17. Mai 2015 um 16.30 Uhr im Ernst Happel-Stadion sind ohnehin keine Gäste-Fans zugelassen. Die violette Party steigt im heimischen Areal bei freiem Eintritt und Public Viewing. Schade insofern, denn der wahre Hausherr im Prater des Wiener Stadions ist – und bleibt – der FK Austria Wien – und NICHT die RAPID! Über Jahrzehnte war die Austria im Stadion beheimatet, trainierte und spielte dort und hatte auch die offizielle Vereins-Anschrift in der Meiereistraße. Auch die größten Erfolge feierte man im 2. Wiener Gemeindebezirk. Doch das interessiert heute leider anscheinend niemanden mehr und genau genommen sind ja „nur“ organisierte Fan-Gruppierungen ausgesperrt, „normale“ Stadion-Pilger wären zugelassen. Und was gibt es schlimmeres, als ein Wiener Stadt-Derby ohne Stimmung und Emotionen auf beiden Seiten, denn die „Grünen“ werden naturgemäß für ihre RAPID´ler gehörig Bahöl schlagen über diese 90 Minuten.
Gestern, an einem frühen und lauen Maien-Abend wurde die violette Mannschaft wieder einmal – auch das nach langer Zeit – mit Applaus und stehenden Ovationen verabschiedet. Balsam für die Spieler und deren Betreuer. Man sah das Bemühen und das forsche Auftreten des Teams und honorierte diese Leistung. Und der Austria-Fan tut sich normalerweise schwer, Applaus zu spenden, da gerne und rasch gejammert und geschimpft wird. Gestern war alles anders und man hofft, auf das Derby, einen etwaigen Sieg drunten im Prater, in dem derzeit wieder alles blüht und auf das Pokalfinale gegen Salzburg, am 3. Juni 2015 in Klagenfurt. Alles wird gut!