Hamdi Salihi (links), Zlatko Junuzovic29. November 2010

Derby-Zeit in Wien, das 295. Kain- gegen Abel-Bruderduell obendrein. Und wenn dies in früheren Jahren meist ein Duell Erster gegen Zweiter war, oder umgekehrt, so standen sich diesmal der Dritte und der Sechstplatzierte der Liga gegenüber. Von Seiten der Austria versprach man sich leichte Vorteile, die aufgrund einer spielerischen Überlegenheit, der letzten gezeigten Leistungen und auch dem Umstand, 5 Punkte vor dem ewigen Rivalen zu liegen, Fakten waren. Auf Seiten RAPID´s fehlt der verletzte Mittelfeldmotor Steffen Hofmann an allen Orten, daran änderte auch der letztwöchige 5 : 0-Heimsieg gegen einen inferioren LASK nichts. Darüber hinaus ist der FAK zu Hause in Favoriten eine wahre Macht, wenn es um das Derby geht. Seit 1986 konnte RAPID im Franz Horr-Stadion nur zweimal als Sieger vom Platz gehen. Es ist aber auch im Regelfall meistens so, dass der Außenseiter am Ende als Derby-Sieger dastehen wird.

Im Vorfeld wurde mit Liedern aus der „100 Jahre FK Austria“-CD und Einblendungen auf der Video-Wall der gleichnamigen DVD Stimmung für das Spiel gemacht. Und als neben den ehemaligen Veilchen Größen Herbert Prohaska und Andreas Ogris auch noch 13.100 Besucher ihren Platz gefunden hatten – darunter 2.000 Anhänger der grün-weißen Zunft – konnte das Spitzenspiel der 17. Bundesliga-Runde beginnen.

Als Violetter war es wieder einmal eine Freude, der Veilchen-Mannschaft bei der Arbeit zusehen zu dürfen. Es wurden schöne Kombinationen, rasches Pass-Spiel, sehenswerte Spielzüge und ein attraktives Spiel nach vorne geboten. Als Grüner bekam man in der ersten Spielhälfte von seiner Mannschaft wenig bis nichts gezeigt, agierte der SCR sehr verhalten und achtete darauf, nicht in Rückstand zu geraten. Dem frühen Austria-Angriffswirbel folgten auch spektakuläre Aktionen: in der 4. Spielminute verzog Tomas Jun nach einem herrlichen Zuspiel von Marko Stankovic nur denkbar knapp. Kurz darauf hatte Roland Linz das 1 : 0 am Kopf, RAPID-Keeper Raimund Held war jedoch auf dem Posten. Der emsige Michael Liendl, der wenig später anderweitig noch im Mittelpunkt stehen sollte, scheiterte mit einem guten Schuss. Kurz darauf war abermals der Tscheche Jun im Mittelpunkt des Geschehens – Zltatko Junuzovic flankt gefühlvoll vors Tor und Jun erhechtet den Ball mit dem Kopf, knapp daneben. Weitere Aktionen durch Linz (28.), Stankovic (32.) und Marin Leovac wurden vergaben. Leovac schloss nach einem herrlichen Zuspiel von Junuzovic aus kurzer Distanz ab, Hedl jedoch konnte gerade noch abwehren.

RAPID war in dieser Phase nie vorhanden und wurde von der Austria in der eigenen Hälfte regelrecht eingeschnürt und an die Wand gespielt. Das torlose Remis zum Pausentee – es war bitterkalt gestern Nachmittag in Favoriten – schmeichelte den Grün-Weißen sehr.

In der zweiten Spielhälfte ging das Treiben im zwischenzeitlich dichten Schneegestöber munter weiter, wenngleich RAPID sehr aggressiv ins Spiel kam. Nach 50 Minuten – Eckball für Grün-Weiß, das Leder sprang von Manuel Ortlechner, der Querlatte, Kurz-Abwehr von Michael Liendl dem RAPID´ler Hamdi Salihi vor die Gehwerkzeuge und dieser brauchte aus kurzer Distanz nur mehr „Guten Tag“ zu sagen. 0 : 1 aus Sicht der Austria, aus heiterem Himmel und absolut unverdient zu diesem Zeitpunkt des Spiels. Die Veilchen waren geschockt, ja schier beleidigt. „Dürfen´s denn das, die Greanen? Wir machen das Spiel und die gehen in Führung.“ – so wirkten die Veilchen-Spieler auf die Zuschauer in dieser Phase des Spiels.

Nach einer guten Stunde folgte ein Ellbogen-Rangler von Andreas Dober an Michael Liendl und der an sich ruhige und besonnene Mittelfeld-Motor der Veilchen vergaß für einen kurzen Moment seine Kinderstube und revanchierte sich mit einem heften Umschupser an dem Übeltäter. Dober markierte den „sterbenden Schwan“ und dem unauffälligen Schiedsrichter Louis Hofmann blieb nichts anderes übrig, als Liendl die Rote Karte für diese Tätlichkeit zu zeigen.

Der FAK war damit nicht nur unverdient im Rückstand, er war auch nur mehr mit 10 Mann am Feld vertreten. Man gewann auch den Eindruck, dass es dies nach einer Stunde gewesen war – das Spiel war entschieden. Die Violetten kamen kaum mehr zu nennenswerten Möglichkeiten und RAPID verwaltete das Spiel geschickt, wenngleich auch unspektakulär.

Zu guter letzt gab es gestern Abend einen Wiener Derbysieger, der als Aussenseiter in das Spiel gegangen war und dieses auch, selbst objektiv betrachtet, unverdient für sich entscheiden konnte. Dies änderte am 123 grün-weißen Derby-Sieg in der Statistik auch nichts mehr. Die Austria scheiterte einmal mehr in dieser Spielzeit an der mangelhaften Chancen-Verwertung. Von Seiten der Favoritner könnte man in der 100jährigen Jubiläumssaison längst Leader der Tabelle sein und ernsthaft an den Titel denken. So lange sich allerdings an den vernebelten Aktionen nichts ändern wird, bleibt man Verfolger der anderen Teams und trottet immer wieder hinten nach.

Stimmen zum Spiel:
Michael Liendl (FAK): „Meine Rote Karte war unnötig. Aber man hat gesehen, dass mich Dober zuvor gerempelt hatte.“

Schiedsrichter Louis Hofmann: „Aufgrund der Heftigkeit des Stoßes war es für mich eine klare Tätlichkeit, somit mit Rot zu ahnden.“

Andreas Dober (SCR): „Eine klare Rote Karte.“

Karl Daxbacher (FAK): „Es kam alles zusammen. Zuerst das Tor, dann der Ausschluss und das Wetter. Es ist nichts Neues im Fußball, dass nicht der Bessere gewinnt.“

Peter Pacult (SCR): „Unser Sieg war aufgrund der zweiten Spielhälfte nicht unverdient.“

Frustrierter Veilchen Fan nach dem Spiel: „Am besten wird sein, wir spielen im Frühjahr nur Auswärts, dann gewinnen wir die Meisterschaft.“ – in Anlehnung darauf, dass die Austria in fremden Stadien erfolgreicher agiert, als zu Hause in Wien-Favoriten.

Bilder vom Spiel:
http://austria80.com/Fotos201011MS17RapidH.htm

www.fk-austria.at

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