Buch-Cover _Anne Castroper_31. Mai 2011

„Achtung, Achtung – hier ist das Bochumer Ruhrstadion an der Castroper Straße, der VfL hat soeben unter schier nicht enden wollendem Jubel das 1 : 0 erzielt …“ – so und so ähnlich begannen die Bayern 3-Konferenzschaltungen samstags ab 16.45 Uhr, empfangen mit einem kleinen Transistor-Radio in den frühen 1980er Jahren. Der junge Zuhörer davor war Beobachter und Interessent der Deutschen Bundesliga, den so genannten „Kleinen“ gehörte sein Herz. Und wenn wieder einmal der „große“ FC Bayern aus München zu Gast in Bochum war, dann schaltete auch Bayern 3-Studio-Moderator Fritz Hausmann vermehrt ins Ruhrstadion, denn die Trauben hingen für die Münchner dort meistens hoch.

Der VfL aus Bochum ist seit jeher ein Verein, der sein sportliches Dasein im Schatten der Konkurrenz FC Schalke 04 und Borussia Dortmund frönt. Und wenn auch der „kicker“ 1982 titelte, dass im Kohlenpott langsam die Lichter ausgehen, in Anbetracht des sportlichen Niedergangs der zahlreichen Fußballvereine im deutschen Westen, so lebte und überlebte man in Bochum jahrzehntelang und galt viele Jahre als „die Unabsteigbaren“.

BO Ruhrstadion aussen

Der VfL wurde gemeinhin gerne als „graue Maus“ bezeichnet, obgleich diese Liebkosung unangebracht ist. Wenn schon, dann müsste man die Bochumer als „blaue“ Maus bezeichnen, sind doch die Vereinsfarben mit blau und weiß bestimmt. Und eine Maus ist doch etwas liebes, nettes, kleines, flinkes und gescheites. Dieser Kosename für den VfL kann also durchaus als Kompliment bezeichnet werden. Darüber hinaus brachte man all die Jahre immer wieder Talente hervor, die von den großen Vereinen weggekauft wurden. Mit diesen Transfer-Erlösen sicherte man immer wieder aufs Neue den Spielbetrieb in Bochum.

Wie die Stadt und die Region, so steht auch der VfL für ehrliche Arbeit, bedingungslosen Einsatz und kämpferischen Willen – bis eben der Schiedsrichter das Spiel beendet. „Tiger“ Hermann Gerland, Michael „Ata“ Lameck, Josef „Jupp“ Kaczor, Uwe Leifeld, Lothar Woelk, Klaus Fischer, Dieter Bast, Ralf „Katze“ Zumdick, Josef „Jupp“ Tenhagen, Thomas Kempe, Wolfgang Patzke, Christian Schreier, Matthias Herget, Stefan Kuntz und Frank Benatelli, um nur einige zu nennen, waren die Helden dieser Tage. Die Namensliste ist sehr lange und ließe sich wunderbar fortsetzen …

BO Ruhrstadion innen

In diesem Buch-Werk „Anne Castroper“ – was soviel heißen mag wie „An der Castroper Straße …“ gelang es dem Autor Henry Wahlig sehr eindrucksvoll, die lebendige Geschichte des VfL, die ihren Beginn bereits im Jahre 1848 hatte, zu dokumentieren. Auf 180 Din A4-Seiten wird nicht nur geschildert, wie der Fußball nach Bochum kam, es geht vor allen Dingen auch um die Spiel- und Heimstätte der Bochumer. Bereits seit 1911 wird an der Castroper Straße Fußball gespielt, ein stolzes Jubiläum also. Der VfL verfügt demnach über eine der traditionsreichsten Spielstätten im deutschen Profifußball. Henry Wahlig beleuchtet die Anfangs-Jahre, begleitet die mehreren Zu- und Umbauten und zielt punktgenau auf jenes Schmuckkästchen hin, welches das Ruhrstadion nun, seit seiner endgültigen Einweihung im derzeitigen Zustand 1979, ist.

Für den jungen oberösterreichischen Radio-Hörer war es faszinierend gewesen, dass Walter Oswald zwar in Linz/Donau geboren wurde, jedoch nun in Bochum kickte. Dass das Ruhrstadion über keine, wie damals üblich, Laufbahn verfügte. Dass die Wellenbrecher hinter dem Tor nicht grau, sondern in den Vereinsfarben blau-weiß gehalten wurden und dass stets 45.000 Leute kamen, wenn die Gegner Mönchengladbach, Bayern, Schalke oder Dortmund hießen.

„Anne Castroper“ sei als hervorragendes Werk jenen Interessenten ans Herz gelegt, die mit der zunehmenden Kommerzialisierung im Fußballsport nichts anzufangen wissen, die aber auch mit alten Werten wie Tradition, Geschichte und Nostalgie umgehen können. Ein Jahrhundert Fußball inmitten von Bochum, ein Stadion, eingebettet zwischen den Wohnblöcken der Zechenfamilien, der Kumpels und der Stahlarbeiter, Flutlichtmasten, die bei einem Abendspiel beinahe das gesamte Stadtbild erhellen – kurzum: Fußball in Bochum, seit 100 Jahren am gleichen Platz.

„Anne Castroper“
von Henry Wahlig
180 Seiten, Din A4, Hardcover, durchgehend vierfärbig
ISBN 978-3-89533-779-6
info@werkstatt-verlag.de
www.werkstatt-verlag.de

www.vfl-bochum.de

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