Die jubelnde violette Spieler-Traube ist unter Peter Stöger bei der Austria heuer sehr oft zu sehen. Foto: GEPA
Die jubelnde violette Spieler-Traube ist unter Peter Stöger bei der Austria heuer sehr oft zu sehen. Foto: GEPA

22. Oktober 2012

Erneute Derby-Zeit in Wien! Und selbst, wenn man in Deutschen Landen fröhlich frohlockt, dass FC Schalke 04 gegen Borussia Dortmund die Mutter aller Derbys – bei 141 gespielten Duellen – ist, was bitte schön ist dann hierzulande Austria versus RAPID? 302 Spiele gab es bis dato in der Geschichte und die ist wahrlich abwechslungsreich und traditionsbewusst. Der Slogan, dass ein Derby eigene Gesetze hat, ist so alt, wie der Fußballsport. Ebenso ist es oftmals so, dass der Außenseiter den Favoriten quält und nicht zuletzt selten als Sieger vom Platz geht. Das Derby ist aber auch jener Moment, in dem sich eine Stadt teilt – in Schwarz oder Weiß, in Hell oder Dunkel, oder aber eben in Violett oder Grün. Im deutschen Ruhrgebiet sollen der Legende nach schon Ehen gescheitert sein, wenn Blau über Gelb triumphierte, oder eben umgekehrt. Gestern war in der Generali-Arena zu Wien-Favoriten zu beobachten, dass der Herr mit einem violetten Schal auftauchte, während an der Hand die Gattin dezentes Grün trug, oder aber auch zwei Schul-Freunde in den jeweiligen Farben der Gegner einträchtig auf die Tribüne marschierten. Und selbst wenn böse Zungen behaupten, dass aufgrund des Liga-Modusses 4 Derbys pro Spiel-Jahr deren einfach zu viel sind, so liegt nach wie vor dieses spannende Knistern in der Luft, wenn man über den Laaer Berg anreist, weit ab vom Stadion den fahrbaren Untersatz platzieren muss, weil bereits Stunden vor dem Spiel sämtliche Zufahrtsstraßen verparkt sind, einen kleinen Fußmarsch in Richtung Arena durch ein Waldstückerl in Kauf nimmt, gemeinsam mit wildfremden Mitstreitern am Weg dorthin fachsimpelt, sich auf das anstehende Spiel freut, um dann im früherbstlichen Sonntag-Nachmittag-Nebel die vier pompösen Flutlichtmasten zu erspähen, die nibelungentreu an ihrem Platz ausharren, um in späterer Folge Dienst nach Vorschrift versehen zu dürfen. Die Geschichte dieser beiden österreichischen Großklubs ist gigantisch und einzigartig. Und wenn beide Teams dann eben die Klingen kreuzen, egal wie oft im Jahr, prallen Welten aufeinander, dass es mehrmals Rums macht.

Christopher Trimmel scheitert kläglich am violetten Keeper Heinz Lindner. Foto: GEPA
Christopher Trimmel scheitert kläglich am violetten Keeper Heinz Lindner. Foto: GEPA

Die Vorzeichen waren diesmal gar nicht so klar, da RAPID mit 23 Zählern aus 11 Spielen Zweiter in der Liga war, die Austria mit der gleichen Punkteausbeute sich als Dritter positionierte. Und dennoch schob Peter Schöttel, seines Zeichen Grün-Weiß-Trainer vor dem Spiel die Favoriten-Rolle seinem Namens-Vetter Peter Stöger zu, die dieser auch prompt und gerne annahm. Dazu Peter Stöger vor dem Spiel: „Der Schötti wird bestimmt irgendwann einmal ein Derby gewinnen, bloß eben jenes am kommenden Sonntag bestimmt nicht.“

Diese Einstellung, die der top-motivierte FAK-Feldherr an den Tag legte, dies bekamen ab 16 Uhr am gestrigen Sonntag-Nachmittag 12.500 Besucher in der ausverkauften Generali-Arena im 10. Wiener Gemeindebezirk zu spüren. RAPID gewann zwar die Platzwahl und hatte Anstoß, dies sollte aber der einzige Sieg gestern gegen die Austria bleiben. Die Wiener Violetten übernahmen postum das Kommando und ließen in keiner Phase ihrer Aktionen Zweifel darüber aufkommen, dieses 303. Wiener Stadtderby nicht für sich entscheiden zu wollen. Phlipp Hosiner bekam schon in der 1. Minute eine Maßflanke von Tomas Jun auf den Kopf serviert, der Ball ging neben das RAPID-Tor. Bereits nach drei Minuten die erste Gelbe Karte. Christopher Trimmel foulte Florian Mader und Schiedsrichter Mag. Harald Lechner zog den Gelben Karton. Unmittelbar darauf hielt er beide Trainer dazu an, ihre Spieler zu zügeln und dafür Sorge zu tragen, dass es ein faires und nicht brutales Bundesliga-Spiel werden sollte. In der 4. Minute ist es erneut Hosiner, der seinen Kopfball rechts neben das Tor-Gestänge setzt. In der 12. Minute ein wundervoller Spielzug über die linke Flanke: Hosiner tankt sich durch, spitzelt auf Jun, dieser weiter zu Tomas Simkovic, der das Leder jedoch verfehlt. In der 17. Minute ist es der Tscheche Jun, der sich durchtankt, sein Schuss wird von Torhüter Lukas Königshofer in den Corner abgewehrt. Dieser Eckball, getreten von Simkovic wird zur Beute für den RAPID-Keeper. Der RAPID´ler Thomas Prager fabriziert in der 23. Minute ein taktisches Foul im Mittelfeld an Mader und erhält dafür prompt die Gelbe Karte. Für ihn fatal, wie sich später herausstellen sollte. Eine Minute später ist es wieder der emsige Jun, der eine Flanke von der Seitenlinie direkt auf dem Kopf von Hosiner platziert, das Leder erreicht jedoch nicht den gewünschten Ort. Sechs Minuten später dann die bereits überfällige und absolut verdiente Führung der Hausherren: Jun schießt, der Ball kommt zu Hosiner der herein gibt, RAPID`s Markus Katzer will zur Ecke klären, drischt das Leder jedoch an die Stange des eigenen Gehäuses, von dort prallt der Ball zu Alexander Gorgon, der nicht lange fackelt und abzieht. 1 : 0 für Violett nach 28 Minuten. Die Austria drückt in dieser Phase permanent auf das Tempo, RAPID ist dermaßen mit dem Reagieren überfordert, dass die Hütteldorfer kaum zum Verschnaufen kommen. Es folgen weitere Chancen durch Simkovic und Mader, die beide in den Armen von Königshofer landen. In der 35. Minute kommt RAPID nach einem Eckball durch Guido Burgstaller zu einer Chance, der Ball streicht über das Gehäuse von Heinz Lindner, der bis dahin beschäftigungslos war. Mit 1 : 0 ging es in die Halbzeit-Pause.

Kaja Rogulj spielte seinen Part in der violetten Abwehr einwandfrei, wurde aber auch nicht maßlos gefordert. Foto: GEPA
Kaja Rogulj spielte seinen Part in der violetten Abwehr einwandfrei, wurde aber auch nicht maßlos gefordert. Foto: GEPA

Für die zweite Spielhälfte beließ Peter Stöger alles beim Alten, Peter Schöttel brachte mit Terrence Boyd (für Lukas Grozurek) und Christopher Drazan (für Louis Schaub) frische Kräfte, die sehr müde agierten. Die Austria schloss nahtlos an ihre Leistung der ersten Halbzeit an und suchte die Entscheidung. Nach einer extrem kurzen spielerischen Auszeit der Violetten, die die Grünen nicht zu nutzen imstande waren, wirbelten erneut Jun – der an diesem Nachmittag überall anzutreffen war und durch 4 Torschüsse und 8 Torschussvorlagen glänzte – und Hosiner die RAPID-Abwehr gehörig durcheinander. In dieser Sturm- und Drangperiode passierte das 2 : 0: Eckball in der 52. Minute für die Austria von rechts, der Ball landet punktgenau auf Gorgons-Kopf und der Mittelfeldspieler erzielt wenige Tage vor seinem 24. Geburtstag das zweite Tor gegen RAPID an diesem Spieltag, just vor der Austria-Fan/Ost-Tribüne. Dementsprechend laut und enthusiastisch fiel der Torjubel aus.

RAPID, nun mit 0 : 2 im Rückstand, ergab sich sehr bald seinem Schicksal. Das einzige, mit dem Grün-Weiß gestern auffiel, waren Frust-Fouls der Spieler, die oftmals die Austrianer sportlich unfair über die Klinge springen ließen. So ernteten Boyd und Burgstaller Gelbe Karten, jeweils nach Fouls, ehe besagter Thomas Prager in der 73. Minute mit der Gelb-Roten-Karte nach einem Foulspiel vom Platz flog.

Eine einzige nennenswerte und spielerisch akzeptable Aktion lieferten die RAPID´ler in Hälfte Zwei ab – Deni Alar passt den Ball zu Boyd und dieser lupft die Kugel links am Tor vorbei. Die RAPID-Viertelstunde war zu diesem Zeitpunkt in vollem Gange, von einer sich aufbäumenden Hütteldorfer Elf war jedoch weder etwas zu sehen, denn zu spüren. Peter Stöger gönnte in der 82. Minute Tomas Jun – für ihn kam Alexander Grünwald – und Philipp Hosiner nach 86 Minuten – für Roman Kienast – den verdienten Abgangsapplaus. In der 89. Minute bekam das hoffnungsvolle Talent Srdan Spiridonovic – der junge Mann sorgte bis dato bei den Austria/Amateuren für Aufsehen – die Chance anhand seines Bundesliga-Debüts. Die vierminütige Nachspielzeit brachte nichts mehr ein, ehe ein wahres „Ballett in Violett“ ein erfreuliches Ende für die Austria-Fans nahm. Die Veilchen bereiten derzeit wieder großen Spaß, bieten grandiosen Fußball und erfreuen ihre Anhänger mit einem spielerischen Feuerwerk. Wenn diese Leistung beibehalten werden kann, könnte am Ende dieser Spielzeit Großes dabei herauskommen …

20 : 10 Torschüsse für die Austria, 14 : 8 Flanken, 52 Prozent : 48 Prozent Ballkontakte und 51 Prozent : 49 Prozent gewonnene Zweikämpfe stellen eine klare Aussage für das 303. Wiener Stadt-Derby dar. RAPID konnte das Ecken-Verhältnis für sich entscheiden – 7 : 5 und „gewann“ auch die Foulspiele 21 : 14. Ansonsten waren die Grünen in allen Belangen klar unterlegen und konnten im Endeffekt froh sein, nicht in ein Debakel geschlittert zu sein. Die Austria ist somit mit einem Punkt Rückstand auf Tabellenführer Salzburg Zweiter in der Liga, RAPID weist nun 4 Zähler Rückstand auf die Mozartstadt auf. Ebenso einen Sieg aufholen konnten die Violetten in der ewigen Derby-Statisitk – derzeit stehen 111 Austria-Triumphe 124 RAPID-Siegen gegenüber, 68mal trennte man sich Unentschieden. Die Tordifferenz beträgt 490 : 568 Treffer.

Ein sichtlich gezeichneter RAPID-Trainer Peter Schöttel nach dem Spiel beim TV-Interview. Foto: GEPA
Ein sichtlich gezeichneter RAPID-Trainer Peter Schöttel nach dem Spiel beim TV-Interview. Foto: GEPA

Stimmen zum Spiel:

Peter Schöttel, RAPID-Trainer: „Ich bin von meiner Mannschaft maßlos enttäuscht. Die Austria war heute in allen Belangen klar überlegen, dominant und jederzeit Herr der Lage. Wir hatten im gesamten Spiel nicht den Funken einer Chance. Die Erste Halbzeit boten wir eine indiskutable Leistung. Dies wurde zwar in der Zweiten Hälfte etwas besser, aber auch da hatten wir große Probleme mit der Austria. Ich kann meinem Gegenüber Peter Stöger nur zu dieser Leistung gratulieren.“ Und auf eine Journalisten-Frage, wie er die kommenden Aufgaben gegen Bayer 04 Leverkusen in der Europa-League und Salzburg in der Meisterschaft sieht: „Wir müssen schleunigst dieses heutige Spiel verarbeiten und aus den Köpfen bekommen. Hier haben wir alle Hände voll zu tun.“

Markus Katzer, RAPID: „Wir waren heute grottenschlecht und hatten es der Austria sehr leicht gemacht. Leider hatten wir keine Chance. Am kommenden Donnerstag – gegen Bayer 04 Leverkusen in der Europa-League – wird es eine andere RAPID-Elf geben.“

Peter Stöger, Austria-Trainer: „Die Leistung meiner Mannschaft macht mich stolz und ich bin sehr zufrieden. Einziger Wermutstropfen ist jedoch unsere Chancen-Verwertung, daran müssen wir arbeiten. Aber spielerisch habe ich heute nichts einzuwenden, die Mannschaft setzte all unsere Vorgaben tadellos um.

Alexander Gorgon, Doppel-Torschütze der Austria: „Natürlich freuen mich meine beiden Tore, wie oft kann man gegen RAPID schon zwei Treffer erzielen? Unsere Mannschaft rief heute eine Top-Leistung ab, ich bin froh und dankbar darüber, Teil dieses Teams sein zu dürfen.“

www.fk-austria.at

Fotos vom Spiel:

http://www.oe-news.at/index.php?21102012-fk-austria-wien-gewinnt-derby-souveraen-mit-20-10

http://www.austria80.com/Fotos201213MS12RapidH.htm

Mehr über die Wiener Derby-Geschichte:

https://www.oepb.at/fussball/fussballrezensionen/alles-derby.html

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