Sampdoria Genua-Legionär Ernst Ocwirk (stehend) am 20. April 1957 auf Wien-Besuch anhand eines Internationalen Freundschaftsspiels des Wiener Athletiksport Club gegen Servette Genf (1 : 0) am heute noch existierenden WAC-Platz in Wien II (Leopoldstadt), in der Rustenschacherallee. Foto: © oepb

Die Zeit vergeht, das Leben rennt und die Erinnerung verblasst. Uns ist es jedoch – gerade auch als online-Agentur – nach wie vor ein stetes Anliegen, an große Österreicher zu erinnern und dafür Sorge zu tragen, dass diese nicht gänzlich in Vergessenheit geraten.

Am 7. März 1926 wurde in Wien einer der grössten österreichischen Fussballspieler geboren – Ernst Ocwirk. Wer aber war er, an den seit 1982 im 21. Wiener Gemeindebezirk eine Gasse erinnert und der auch seit 2009 im FK Austria Wien-Museum für die Nachwelt bewahrt blieb?

Der Stolz von Floridsdorf

Ernst Ocwirk kam – wie erwähnt – am 7. März 1926 in Wien-Stadlau zur Welt. Sehr bald schon entdeckte er seine Leidenschaft für den Fußballsport, startete jedoch zuerst in einer Handballmannschaft ins aktive Vereinsleben. 1939 kam er zum FC Stadlau, wo Wunderteam-Mittelläufer Josef „Pepi“ Smistik sein Entdecker, Förderer und auch sein erster Trainer war. Über eine kriegsbedingte Fusion in den frühen 1940er Jahren der Fußball-Knaben der Stadlauer landete er beim Floridsdorfer AC. Dabei schwärmte der kleine Ernstl ursprünglich für den Bezirksrivalen SK Admira Wien. In seinem Buch „Weltbummel / Vom Ballbuben zum Kapitän des Kontinent-Teams“ – vom renommierten Linzer Sport-Journalisten Leo Strasser abgefasst – schildert er: „1936 nahm mich mein Onkel zu einem großen Match mit: Admira gegen Austria im Wiener Stadion. Die Jedleseer (Anm. Admira) trugen weiße Leiberl, weiße Hosen, weiße Stutzen. Bei ihnen spielte mit Mittelläufer Fritz Klacl ein Stadlauer. Ich weiß nicht, machte es der blitzblanke Dress oder beeinflusste mich das Mitwirken eines Stadlauers in der dann noch dazu siegreichen Mannschaft. Ich war von diesem Tag an ein begeisterter Anhänger von Admira.“

Ernst Ocwirk am Beginn seiner großen Laufbahn. Foto: privat

Als 17jähriger feierte er sein Debüt in der Kampfmannschaft des FAC in einem Freundschaftsspiel gegen den Bezirks-Nachbarn SR Donaufeld. „Wie heißt der Lange?“, fragten sich die Zuschauer. „Occvirk …, Otzwick?“, wurde gerätselt. Der FAC gewann 15 : 0 und der „Lange“ erzielte sieben Tore. Von nun an merkte man sich den Namen Ocwirk in Floridsdorf. Sein Weg ging unaufhaltsam weiter. Am 19. August 1945 debütierte er in der Österreichischen Fußballnationalmannschaft beim 0 : 2 gegen den damaligen „ErzfeindUngarn. Tags darauf nahmen die Magyaren – abermals wurde in Budapest gespielt – mit 5 : 2 die ÖFB-Auswahl gehörig auseinander, Ocwirk wirkte als 19jähriger hier beide Male mit. Die Wiener Spitzenklubs streckten ihre Fühler aus. 1946 wollte ihn der SK RAPID verpflichten. Ein bekannter Weinhändler überredete ihn, sich beim FAC abzumelden. Ernstl, dessen Vorbild sein erster Trainer, der RAPID-Mittelläufer Josef Smistik ist, der ihn als Buben auch beim FC Stadlau entdeckt hatte und dessen wunderbare 40 Meter-Longpasses er stetig nachzuahmen versuchte, schien die Admira-Liebe vergessen zu haben. Er möchte Smistik-Nachfolger in Hütteldorf werden. Sektionsleiter Franz „Bimbo“ Binder und Coach Hans Pesser nehmen den Jungen unter ihre Fittiche. Der FAC hat in Form der beiden Vorstände Ernst Galli und Karl Durspekt jedoch etwas dagegen und man überredet ihn, noch ein Jahr in Floridsdorf zu bleiben. 1947 dann das gleiche Spiel. Bloß ist diesmal der FK Austria Wien am Drücker. Ernst Ocwirk meldet sich beim FAC ab, wartet zwei Monate zu und macht somit seinen alten Verein mürbe. Kurios damals war die Ablöse. Bargeld war nach dem Krieg Mangelware. Also errichtete die Austria auf dem FAC-Platz neue Umkleidekabinen und bezahlte auch den Ausbau der Sitzplatz-Rampen. Der FAC erhielt somit bestenfalls Baumaterialien für einen der späteren besten Fußballer der Welt …

Ende Juni 1951 reiste die Austria nach Brasilien, um u.a. gegen Vasco da Gama vor 100.000 Zuschauern im Maracana Stadion von Rio de Janeiro zu spielen. Ernst Ocwirk, stehend siebenter von links, mit sichtlicher Vorfreude auf diese Aufgabe. Foto: Sammlung oepb

Ocwirk bei der Wiener Austria

„Jetzt darf ich also bei der berühmten Austria spielen, beim Verein eines Matthias Sindelar, Walter Nausch, eines Johann Mock oder Camillo Jerusalem, bei dem ob der Schönheit und Fairness seines Spieles in aller Welt beliebten und populären Klub. Ich nehme mir fest vor, mich der großartigen Tradition der „Veilchen“ würdig zu erweisen. Mein Wunsch, entweder beim SC RAPID oder beim FK Austria zu landen, ist geradeso in Erfüllung gegangen, wie jener bei Stadlau in die Knabenmannschaft zu kommen, beim FAC in die Erste, einmal im Wiener Stadion spielen zu können und manch anderes mehr. Ohne entsprechenden Ehrgeiz wäre das alles nicht möglich gewesen. Ich will mich auf meinen sportlichen Lorbeeren keineswegs ausruhen! Macht dies ein Sportler, so kann er sich selbst abschreiben.“ – so Ernst Ocwirk in seinem oben erwähnten Buch „Weltbummel“ über das Kapitel Austria. Und so war sein Weg, heraus aus einem Stadlauer Siedlungshaus hin zu einer glanzvollen Weltkarriere geradezu vorgezeichnet. „Ich wollte nur eines, heraus aus der Fabrik, nie mehr an der Drehbank stehen, heraus aus dem bisherigen Leben. Ich wollte die Möglichkeit bei der Austria nützen, ein großer Fußballer zu werden. Ich schwor mir, alles dafür zu tun, um diese Chance zu nützen.“, so wurde Ernst Ocwirk Jahre später zitiert.

Sein FAK-Debüt feiert er am 31. August 1947 gegen den First VIENNA FC. 6 : 6 der Endstand nach einer komfortablen 5 : 2-Pausenführung vor über 30.000 Zuschauern im Wiener Stadion. In Runde 5 dann sein erstes Tor für Violett. Ocwirk trifft gegen den Wiener Sport-Club in Minute 78 zum 3 : 0-Endstand. 20.000 Zuschauer waren am 12. Oktober 1947 Zeuge, gespielt wurde übrigens am RAPID-Platz in Hütteldorf.

Seitdem Ernst Ocwirk im Sommer 1947 über ein Motorboot auf dem Wörthersee vom FAC zur Austria übergestiegen ist, waren die beiden so eng miteinander verbunden, dass man die Austria mit Ocwirk und Ocwirk mit Austria identifizieren konnte. Für ihn bedeutete dieser Verein nicht nur den Fußballklub, der eine große Spielerkarriere förderte, sondern auch eine Absprungbasis zu einem späteren Spitzenplatz anhand einer bürgerlichen Existenz und daher zog es den Ernstl immer wieder zur Austria, die Austria im Gegenzug immer wieder zu ihrem Ocwirk. Der Brückenschlag durch eine elfjährige Spielertätigkeit und eine fünfjährige Trainerarbeit war stets allgegenwärtig. Den FAK-Spieler und späteren FAK-Coach Ernst Ocwirk trieb immer wieder der gleiche Gedanke voran – nämlich jener, mit der Austria Meister zu werden!

Ocwirk´s Autogramme waren begehrt bei der begeisterten Sport-Jugend. Foto: privat

Gattin Martha

Noch als wenig bekannter FAC-Akteur lernte „Ossi“ die Martha kennen. Er sprach sie frech in der Straßenbahn an und am 21. Mai 1948 folgte die Eheschließung. Zu jenem Zeitpunkt verfügte Ernst Ocwirk bereits über seine „Boxernase“. Diese resultierte jedoch nicht aus einem Faustkampf heraus, sondern war ein Andenken an Giampiero Boniperti, der ihn beim 5 : 1-Länderspiel-Erfolg gegen Italien am 9. November 1947 im Wiener Stadion im Zuge eines Zweikampfes unglücklich mit dem Fuß am Kopf traf. Ocwirk erzielte das zwischenzeitliche 2 : 0. Im Krankenhaus sprach er mit der anwesenden Journalisten und gleichzeitigen Handball-Expertin Alice Kaufmann, ob sie es denn einfädeln könne, dass Gattin Martha, die aktiv Handball spiele, von Admira zu Danubia wechseln könnte. Die Trainigszeiten im Stadion von Danubia passten mit jenen der Austria perfekt zusammen, das junge Paar war sich somit noch näher.

Ernst Ocwirk avancierte mit Namensvetter Ernst Melchior zum perfekten Duo. Ein erfolgreiches Traum-Gespann, welches – egal ob bei der Austria oder im Nationalteam – durch sämtliche Abwehrreihen tänzelte. Erstgenannter brachte es auf 62 A-Länderspiele. Kurios dabei war, dass zwischen der 61. und der 62. Einberufung 5 1/2 Jahre verstrichen waren. Der ÖFB legte in Form seiner Teamchefs Josef „Pepi“ Argauer und Josef Molzer keinen Wert auf den zu dieser Zeit in Genua aktiven Legionär Ocwirk. „Tu felix Austria“Oh glückliches Österreich, welchen Fußball-Luxus Du Dir gönnen kannst! So lief die Fußball-Weltmeisterschaft 1958 in Schweden ohne den „Ossi“ ab. 4 Jahre zuvor, anhand der Fußball-WM in der Schweiz, Österreich wurde 1954 Dritter – der bis dato größte Erfolg der Österreichischen Fußballnation – führte Ernst Ocwirk die rot-weiß-rote Auswahl als Kapitän aufs Feld.

Seine größten Spiele im Vereine lieferte Ernst Ocwirk anhand jener Begegnungen ab, in der die Austria munter darauf los komponierte und kombinierte.

Im Wiener Stadion im feinen Zwirn am Spielfeldrand als Trainer der Wiener Austria. Ernst Ocwirk hätte auch als Dressman eine gute Figur abgegeben. Foto: privat

Die Spielfreude wurde von dem Taktstock geführt, es gab kein taktisches Konzept, welches als eng geschnürtes Korsett um die Mitte herum zwickte. Man trainierte damals in der Regel dreimal pro Woche.

Lediglich wenn wieder einmal ein Derby gegen RAPID anstand, wurde eine vierte Schicht gefahren. Und es ist überliefert: 2.000 Schilling für einen Derbysieg bei einem monatlichen Fixum von 360 Schilling pro Mann und Nase.

Und Rudolf „Cäsar“ Sabetzer offenbarte: „Die normale Siegesprämie war 700 Schilling, für einen Sieg über Vienna oder Wacker bekamen wir 1.000 Schilling, ging es gegen einen Neuling gab es 400 Schilling für den Erfolg.“

Woher kommt die Luft

Von Josef Smistik lernte „Ossi“ den so genannten Longpaß, der wiederum zu seinem Markenzeichen werden sollte. „Das schaut so aus: Wenn Du keine Luft mehr hast, haust Du den Ball zum Flügel, schau aber nur auf das Cornerfahnl und dann schieß. Diese Richtung stimmt, da steht der Gegner immer im toten Winkel.“ – Zitat Smistik. Am 26. März 1952 trat die Austria zu einem Propaganda-Match in Lüttich an. Gegner waren die Tottenham Hotspurs. 50.000 Belgier wohnten der Begegnung bei. Dazu der Violette Adolf „Dolfi“ Huber: „Die haben unseren Fußball immer mehr geliebt als den englischen!“ Nach einem wahrhaften Prachtspiel hieß es am Ende 2 : 2. Dazu der Kommentar von Ernst Ocwirk: „Wir waren manchmal zu sehr damit beschäftigt, das Publikum mit ständig neuen Fußballwitzen zu unterhalten. Jemand meinte, das Spiel habe drei Sieger gehabt: Tottenham, die Austria und den Fußballsport. Solch ein Spiel dürfte nicht schon nach 90 Minuten abgepfiffen werden. Man könnte es mit dem gleichen Vergnügen auch zwei Stunden verfolgen.“, um nach einer kurzen Nachdenkpause lächelnd anzufügen: „Bloß, von wo die Luft dafür nehmen, frage ich …?“ Dieses Zitat passt ausgezeichnet in das violette Stammbuch. Es spiegelt das verschnörkelte und schier leicht anmutende violette Spiel der Austria wider, für das dieses Team seit je her stand und auch heute teilweise noch steht.

Ernst Ocwirk-Wand im FK Austria Wien-Museum. Foto: © oepb

Der Gott, vor dem sich die Masse teilte

„Seine elegante Spielweise, die Longpasses über 40 Meter, die Fairness, aber auch das Maß an Mensch machten ihn zum Vorbild; er war Fußballathlet und Gentleman. Der einfache Mensch Ocwirk hat dem Fußball Noblesse verliehen. Er wurde nie zum Ritter geschlagen, wie zum Beispiel der Engländer Bobby Charlton, er w a r ein Sir. Er kam von ganz unten – und alle blickten auf.“, so der ORF-Journalist Norbert Adam in seinem Buch „Österreichische Sportidole“. Zum Gott erkoren ihn die italienischen Fußball-Anhänger in seinen 5 Jahren – von 1956 bis 1961 – bei Sampdoria Genua. „In Genua, da sind die Massen draußen vor dem Stadion gestanden, haben gewartet auf ihre Lieblinge. Und wenn die Fußballer dann gekommen sind, wurden sie umarmt, abgeküsst, auf den Schultern getragen. Nur wenn der Ernst gekommen ist, dann sind sie stumm geworden, sind auseinander gegangen, haben Platz gemacht, haben sich verbeugt. Und ein Flüstern ging durch die Reihen. Il Dio, il Dio! Il Dio – der Gott. Die „Religion“ hieß nicht Sampdoria, nicht Genua, nicht Fußball – die Religion hieß Ocwirk.“, so erinnerte sich seine Gattin Martha an die gemeinsamen Fußballer-Jahre in Italien.

Der Sohn kroatischer Vorfahren war am Zenit, am Zenit seiner Laufbahn. Er war der erste österreichische Legionär in Italien. Schrieb man anfangs seinen Namen Ocvirk und korrekterweise müsste es „Otschwirk“ heißen, so wurde der Spitzname „Ossi“ erfunden. Wien war und ist immer schon bekannt dafür, den einfachen Weg zu gehen.

Zurück in Wien

Nach den Legionärs-Jahren in Italien kehrt das Ehepaar Ocwirk im Sommer 1961 nach Wien zurück. „Ossi“ unterschreibt, wie kann es anders sein, bei seinem Herzensklub Austria. Nach dem Ende seiner Laufbahn mit 512 Spielen für die Austria samt 92 Toren, 62 ÖFB-Länderspielen mit 6 Volltreffern und einem zweimaligen Auflaufen in den Jahren 1953 und 1955 als Kapitän der FIFA-Weltauswahl beendet Ernst Ocwirk am 26. September 1962 seine aktive Karriere. Der 2 : 0-Erfolg der Austria bei IFK Helsinki im Rahmen des Europapokals der Landesmeister bedeutete sein letztes Pflichtspiel. Ocwirk sattelte um und wurde Trainer – bei Sampdoria Genua. Nach weiteren drei Jahren in Italien ging es neuerlich nach Hause. Zurück in Wien führte Ernst Ocwirk, zuerst von 1965 bis 1970 bei der Austria und anschließend von 1971 bis 1973 bei dem neu geschaffenen Fusions-Klub Admira/Wacker profihafte Methoden ein. Im Jahr dazwischen agierte Ernst Ocwirk 1970/71 am Rhein beim 1. FC Köln. Als Sportdirektor hatte er dort unter anderem den jungen Spieler Thomas Parits, bekannt aus gemeinsamen Austria-Tagen, unter seiner Obhut.

Wir fahren zum Ocwirk

Mit „Wir fahren zum Ocwirk“ war in den 1960er und 1970er Jahren gemeint, seinen Wagen durch die Wiener Stadt bis in die Felberstraße des 15. Bezirks zu lenken, um bei der Tankstelle Ernstl Ocwirk sein Benzin zu kaufen. Zeitzeuge Erich Goleszowsky tat dies in jenen Jahren gerne und oft und zwar auch immer dann, wenn er einmal in der Woche seine Schwiegermutter aus der Saikogasse im 22. Bezirk zurück in die Goldschlagstraße nach Rudolfsheim-Fünfhaus chauffierte. Wenn der Tankstellen-Besitzer Ocwirk in seinem Geschäft war, wurde oft das eine oder andere freundliche Wort gewechselt, was man eben so unter „Wienern der alten Schule“ plaudert, hin und wieder natürlich auch über den Fußballsport philosophiert und eine gute und erfolgreiche Woche im Anschluss daran gewünscht. „Tanken beim Ocwirk“ war damals für viele Fußball-Anhänger jeglicher Couleurs eine glatte Selbstverständlichkeit.

Stadtrat Kurt Heller (rechts) überreicht Ernst Ocwirk in seinem Haus in Klein-Pöchlarn das Goldene Ehrenzeichen der Gemeinde Wien. Foto: privat

Eine einmalige Erfolgsbiografie

* 5 mal Österreichischer Meister (1949, 1950 ,1953, 1962 und 1963), sowie 3 mal (1948, 1949 und 1962) Österreichischer Cupsieger, alle Titel als Spieler mit dem FK Austria Wien;
* Sportler des Jahres 1951;
* Von „France Football“ 1952 zum Besten Fußballer der Welt erkoren;
* Zweimaliger Kapitän 1953 und 1955 der FIFA-Weltauswahl;
* 1954 Weltmeisterschafts-Dritter mit Österreich in der Schweiz;
* Erster österreichischer Fußball-Legionär 1956 in Italien;
* 1969 und 1970 Österreichischer Meister, 1967 Österreichischer Cupsieger und 1968 Gewinner des Wiener Stadthallenturniers, jeweils als Trainer mit der Austria;
* 1971 DFB-Pokalfinal-Teilnahme mit dem 1. FC Köln;

Fürchterliche Diagnose

Zuerst war es ein schlecht verheilter Achillessehnenriss, der ihm zu schaffen machte. Dann bereitete ihm eine Arthrose im Hüftgelenk große Schmerzen. Er ließ sich 1976 in Bern operieren. Was folgte waren Lähmungserscheinungen in den Beinen, er war ans Krankenbett gefesselt. Dann die niederschmetternde Diagnose für den 50jährigen: Multiple Sklerose! Diese unheilbare Krankheit sauste wie ein Keulenschlag auf das Ehepaar Ocwirk hernieder. Die Lähmungen weiteten sich langsam aber sicher auf den gesamten Körper des Ausnahme-Könners aus. Gattin Martha kümmerte sich aufopferungsvoll um ihren Ernstl, den sie in seinen letzten Lebensmonaten sogar von Hand füttern musste. „Ossi“ trat in den Zweikampf seines Lebens ein, er bot ihm die Stirn und versuchte bis zuletzt, dem schier übermächtigen Gegner die sprichwörtliche Schneid abzukaufen. Mitspieler, Freunde und Kollegen von einst besuchten ihn und waren immer wieder aufs Neue erschüttert, wie das Schicksal diesem großen Sportler mitgespielt hatte.

Im April 1977 brachte Wolfgang Winheim im „kicker fußball-magazin“ folgende story:

Wenn ich nur wieder laufen könnte

Er war einer der besten Fußball-Techniker, die in Wien je herauskamen. Dann überfiel ihn eine tückische Krankheit – heute muss er mit Krücken gehen. Er liest das „kicker-sportmagazin“ immer von der ersten bis zur letzten Zeile. Er buchstabiert täglich die „Gazzetta Dello Sport“: Ernst Ocwirk, 62maliger österreichischer Internationaler und ehemaliger Spieler der Weltauswahl ist zum großen Fußballtheoretiker geworden. Herausgerissen aus der Praxis, durch eine hartnäckige Krankheit gezwungen zur Passive. „Ich würde mein Haus hergeben, könnte ich wieder richtig gehen.“ 19 Jahre Meisterschaft, Trainingsspiele bei Sampdoria Genua mit Bleiwesten – die Vermutung, dass es sich um Spätfolgen seiner intensiven Fußballtätigkeit handelt, liegt nahe. „Aber die Nervenwurzel-Entzündung hat mit dem Fußball nicht zu tun.“, glaubt er. Auch nichts mit der Hüfte. Diese Nervenwurzel-Entzündung bekam er wenige Wochen nach seiner Operation. Seither muss er sich auf Krücken stützen, den Rat etlicher Ärzte geduldig befolgen: „Nur Geduld, Sie werden völlig gesund!“ Der stattliche Mann mit den grauen Schläfen möchte nicht bemitleidet werden. Weshalb er seinen Fußballkonsum aufs Fernsehen beschränkt. So lang, bis er wieder die Krücken weglegen kann. Dabei wären etliche gesunde Trainer-Kollegen stolz, hätten sie eine ähnliche Figur wie Ocwirk: 85 Kilo bei einer Körpergröße von 1,83 Meter – als Spieler hatte er nur drei Kilo weniger, als Trainer zwei Kilo mehr. „Ich arbeite wie ein Vollprofi.“, sagte Ocwirk. Viermal in der Woche klemmt er sich hinter das Lenkrad seines Peugeot-Automatic, um täglich 120 Kilometer hin und 120 Kilometer zurück von seinem Haus in Klein-Pöchlarn bis vor die Stiegen des Wiener Allgemeinen Krankenhauses zu fahren. Dort schwimmt er, dort macht er Gymnastik, dort wird er massiert. Bei einer zwangslosen Plauderei rutschte es ihm, dem Trainer, der nie mit Angeboten geprahlt hatte, heraus: Der FC Valencia wollte ihn engagieren und sogar CF Barcelona als Hennes Weisweiler-Nachfolger. Indes: statt zu Johan Cruyff fuhr Ocwirk ins Spital. Das war vor genau einem Jahr. Im März, als Ernst Ocwirk seinen 50. Geburtstag feierte.

Das Ehepaar Ocwirk fand die letzte Ruhestätte am Wiener Zentralfriedhof.
Foto: oepb

Die Krankheit siegte

Er sollte das „Spiel des Lebens“ verlieren. Am 23. Jänner 1980 verstarb Ernst Ocwirk in Klein-Pöchlarn im Bezirk Melk in Niederösterreich in den Armen seiner geliebten Gattin Martha. Der „Sir und Gentleman vom Scheitel bis zur Sohle“ wurde am 1. Februar 1980 unter zahlreicher Anteilnahme der Wiener und der österreichischen Bevölkerung am Wiener Zentralfriedhof zu Grabe getragen. Sein Ehrengrab der Gemeinde Wien ist auch heute noch Pilgerstätte für Zeitzeugen jener Jahre.

Im Jahre 2014 wurde in der Felberstraße im 15. Wiener Gemeinde-Bezirk jene Tankstelle geschliffen, die Ernst Ocwirk jahrelang betrieben hatte.

Legenden-Überlegung

Gewiss, die Austria verfügte im Laufe ihrer 113-jährigen Geschichte über zahlreiche fußballerische Größen und natürlich auch über Funktionäre, die den Klub zu dem machten, was er heute ist. Schade dabei ist nur, dass genau diese Namen in unserer rasanten Zeit mehr und mehr in Vergessenheit geraten. Dabei könnte man dem so einfach Einhalt gebieten. Die vier Himmelsrichtungen in der Generali Arena NEU einfach beispielsweise so benennen:

Die West-Tribüne könnte für Joschi WALTER Tribüne stehen;

Die Süd-Tribüne für – wie bereits gehabt – Matthias SINDELAR;

Die Nord-Tribüne könnte an Walter NAUSCH erinnern und die Ost-Tribüne eben an Ernstl „Ossi“ OCWIRK.

Eine Überlegung, die mehr als nur überlegenswert wäre. Man könnte auch die Fans mit ins Boot holen und als Verein eine Internet-Abstimmung darüber veranstalten. So zum Beispiel:

West-Tribüne: Joschi WALTER, Franz WOHLFAHRT, …

Süd-Tribüne: Robert SARA, Matthias SINDELAR, Ernst STOJASPAL, Leopold STROH, Karl STOTZ,

Nord-Tribüne: Walter NAUSCH, Horst NEMEC, Tibor NYILASI, …

Ost-Tribüne: Ernst OCWIRK, Erich OBERMAYER, Andreas OGRIS, …

Die „Gelebte Geschichte“ beim FAK könnte hier um eine weitere Facette reicher gestaltet werden;

Quelle: Redaktion www.oepb.at

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