Das Weinjahr 2022 – im Bild der Lubekogel in der Südsteiermark, Foto: © ÖWM / WSNA – verlangte Österreichs Winzer*innen durch ungewöhnliche Witterungsbedingungen einiges ab. Zunächst schien es ein Jahr der großen Trockenheit zu werden, wären da nicht die vereinzelten Niederschläge gewesen – nicht immer zu optimalen Zeitpunkten. Mit viel Einsatz und penibler Arbeit konnten die Winzer*innen letztlich aber reife, balancierte Weißweine mit feinem Fruchtspiel erzeugen. Herausragend präsentieren sich die Rotweine: Sie überzeugen mit Kraft, Struktur und samtigen Tanninen.

Je nach Rebsorte, kleinklimatischen Verhältnissen und Bodenbeschaffenheit fiel der Jahrgang 2022 ein wenig differenzierter aus als beispielsweise 2021. Insgesamt präsentieren sich die Weine aber mit ausgeprägter Reife, feiner Frucht und harmonischer Säure. Mit einer Erntemenge von 2,5 Millionen Hektoliter liegt 2022 leicht über dem langjährigen Durchschnitt (2,4 Mio. hl). Die Regenfälle vor der Hauptlese führten zu einer höheren Erntemenge als anfänglich aufgrund der Trockenheit erwartet.

Witterungsverlauf 2022

Nach einem äußerst niederschlagsarmen und milden Winter verlief die Entwicklung der Vegetation zunächst ganz ähnlich wie im Jahr 2021. So fand der Austrieb der Reben erst Ende April statt, also relativ spät. Damit war allerdings die Gefahr der gefürchteten Spätfröste gebannt. Nach anhaltender Trockenheit kam die Rebblüte bei warmer Witterung hingegen recht früh, wobei sie in den meisten Gebieten ausgerechnet zu diesem sensiblen Zeitpunkt von Regenfällen begleitet beziehungsweise beeinträchtigt wurde. In diesen Weinbaugebieten hatten die Winzer*innen alle Hände voll zu tun, um drohende Pilzinfektionen, vor allem Peronospora, in Schach zu halten. Auch durch regional auftretende Verrieselung ergab sich quasi eine „natürliche“ Ausdünnung des Traubenansatzes. Die Sommermonate waren dann von zahlreichen Hitzetagen und vor allem extremer Trockenheit gekennzeichnet, wie sie kaum je zuvor aufgetreten war. Naturgemäß litten Junganlagen und Reben auf kargen Böden, die ohne Bewässerung auskommen mussten, am meisten unter diesen Verhältnissen. Schwere Hagelunwetter und großflächige Starkregen-Ereignisse blieben glücklicherweise aus.

Vor der Haupternte, etwa um den 20. August, wendete sich das Blatt jedoch. Es kam zu Niederschlägen, die gebietsweise auch recht heftig ausfielen, gefolgt von zwei weiteren Regenperioden vor der Hauptlese. In der Regel ein recht ungünstiger Termin für Regen, der aber diesmal in den meisten Weinbaugemeinden freudig begrüßt wurde. War die Zuckerreife zuvor noch eher bescheiden, lösten die gerade noch rechtzeitigen Niederschläge einen wahren Reifeschub aus. Anfang September wurden plötzlich Gradationen wie im ausgezeichneten Weinjahr 2019 verzeichnet. Die Säure fiel zwar gegenüber den beiden Vorjahren ab, entsprach aber den Werten der ebenfalls sehr guten Weinjahre 2017 und 2012. Grundsätzlich waren damit alle Voraussetzungen für einen weiteren bemerkenswerten Jahrgang gegeben. Allerdings erforderte der unerwartete Niederschlag ein rasches Handeln in den Weingärten, um Fäulnisgefahr und Botrytis-Bildung vorzubeugen.

Eine weitere Folge dieser Wetterkapriolen war eine nahezu gleichzeitige Reife der meisten Rebsorten, was ebenfalls schnelles Agieren erforderte. In vielen Weinbaugegenden wurde die Ernte daher in Rekordzeit absolviert und bereits Ende September beendet. Dies galt natürlich nicht für alle Herkünfte und Rebsorten; so wurde beispielsweise dem Riesling in seinen Anbauzentren nördlich der Donau die nötige, ausgedehnte Reifezeit eingeräumt, was jedoch mit Mengenverlusten verbunden war. Endlich konnte sich auch in den Süßwein-Hochburgen entlang des Neusiedler Sees eine schöne Botrytis entfalten, was auch Prädikatsweine der höchsten Stufen ermöglichte. Noch vor Weihnachten kam es außerdem zu einigen derart frostigen Nächten, dass sowohl in Niederösterreich als auch im Burgenland sogar die begehrten Eisweine gelesen werden konnten.

Im Bild: Ried Seiberberg, Ried Vorderseiber, Weißenkirchen, Wachau, Niederösterreich. Foto: © ÖWM / WSNA

Niederösterreich: sortentypische Weiße, ausgereifte Rote

Die zuvor beschriebenen Witterungsverhältnisse galten im Wesentlichen für das ganze Gebiet, wobei die herbstlichen Regenfälle im westlichen Abschnitt der niederösterreichischen Weinbaugebiete zum Teil überreichlich ausfielen, was rasch gezielte Maßnahmen erforderte. Generell sind von den Weingütern aus Niederösterreich reife Weißweine mit feinen Fruchtaromen und etwas geringerer Säure als in den beiden Vorjahren zu erwarten. Auch kräftige Lagen- oder Reserveweine konnten ohne Weiteres realisiert werden.

Ein klarer Sortenausdruck ist sowohl bei der Leitsorte Grüner Veltliner festzustellen, die vielleicht nur ein bisschen weniger pfeffrige Würze aufweist, als auch bei den überraschend rassigen Rieslingen und der von den gegebenen Verhältnissen profitierenden Burgunderfamilie. Die Säure liegt etwas niedriger, ohne dass aber breite oder lasche Weine zu befürchten wären. Ein unerwünschter Hitzecharakter, wie man ihn aus Jahren wie 2000 und 2003, fallweise auch 2011 und 2018 kennt, war in keinem Gebiet und bei keiner Rebsorte anzutreffen.

Auch aromatische Sorten wie Sauvignon Blanc, Muskateller und Traminer zeigen sich überzeugend. Das gilt zudem für regionale Spezialitäten wie die Roten Veltliner vom Wagram und Rotgipfler sowie Zierfandler aus der Thermenregion.

Freude herrscht auch bei den Rotweinwinzer*innen: Sowohl in den Rotweinzentren von Carnuntum als auch in der südlichen Thermenregion wurden kraftvolle Rotweine mit guter Struktur und ausgereiften Tanninen aus ungewöhnlich kleinbeerigem Traubengut gewonnen. Sie sollten Großes für die Zukunft versprechen. Einige sehr kalte Nächte im Dezember ermöglichten zudem die Lese von rarem Eiswein.

Im Bild: Ried Ungerberg, Gols & Weiden am See, Neusiedlersee, Burgenland. Foto: © ÖWM / WSNA

Burgenland: kraftvolle Rote, Süßweine mit klarer Frucht

Im Burgenland waren die Niederschläge vor der Lese nicht so ausgeprägt wie in Niederösterreich und Wien, aber jedenfalls höchst erwünscht und vorteilhaft, weil auch dort der erhoffte Reifeschub eintrat. Sehr trockene Verhältnisse hatten insbesondere in den Weinorten entlang des Neusiedler Sees geherrscht. Spätfröste und Hagelschäden blieben aus, letzten Endes konnten sehr gesunde Trauben von hoher Reife und angemessener Säure geerntet werden.

Die Weißweine besitzen zumeist ungewöhnlich tiefe, aparte Fruchtnoten und klare Sortenmerkmale, wobei Chardonnay und Weißburgunder besonders begünstigt waren.

Ideal waren die Voraussetzungen für einen großen Rotweinjahrgang, zumal auch das Verhältnis von Fruchtfleisch zu Beerenschalen der sehr kleinbeerigen Trauben optimal war. Dazu kamen noch recht kühle Nächte während der Haupterntezeit. Somit sind in sämtlichen Rotweinhochburgen kraftvolle wie dichte Rotweine von feiner Struktur und mit reifen Tanninen zu erwarten, die auch viel Farbstoff eingelagert haben. Damit waren auch alle Voraussetzungen für hochwertige Roséweine gegeben.

Die Regenfälle von Ende August und Anfang September waren zudem eine perfekte Grundlage für die Entwicklung von Edelfäule. Die Bildung der Botrytis erfolgte langsam und kontinuierlich und verlief insofern sehr erfreulich, als sich auch eine gute Saftausbeute und später dann saftige Prädikatsweine mit klarem Fruchtspiel abzeichneten. Für eine unerwartet frühe Eisweinlese sorgten schließlich einige wenige eiskalte Dezember-Nächte.

Steiermark: harmonische Weiße mit feiner Frucht, prägnante Schilcher

In allen drei steirischen Weinbaugebieten scheint sich ein sehr guter Jahrgang anzubahnen, der in Zukunft wohl des Öfteren mit dem hervorragenden, wenn auch etwas anders gearteten 2021er verglichen werden wird. Die Niederschlagsmengen entsprachen für steirische Verhältnisse dem üblichen Durchschnitt. Die Regenfälle kurz vor der Haupternte wurden auch hier als essenziell für die weitere Entwicklung des Traubengutes erachtet, auch wenn dadurch ein wenig selektioniert werden musste. Die Lesezeit war recht kurz und im Wesentlichen bereits im September abgeschlossen – so früh wie kaum jemals zuvor. Ausschlaggebend dafür war auch, dass die meisten Rebsorten beinahe zugleich die optimale Reife erreichten.

Der mittlerweile zur steirischen Leitsorte Nummer eins aufgestiegene Sauvignon Blanc dürfte besonders gut gelungen sein, aber auch die Gelben Muskateller, Morillons (Chardonnays), Weißburgunder und Welschrieslinge sollten selbst verwöhnten Gaumen Freude bereiten. Aufgrund der hohen Mostgewichte haben sich Weißweine voll Saft und Kraft entwickelt, vor allem bestechen sie jedoch durch ihre Feinheit und Struktur. Auch die Balance aller Komponenten ist diesmal von Anfang an gegeben, weshalb sich schon die Jungweine sehr saftig, rund und harmonisch präsentieren. Überdies haben im Vulkanland auch die raren Traminer sehr gute Bedingungen nutzen können, während in der Weststeiermark, am Fuße der Koralpe, die Schilcher mit klarer Textur und prägnanter rotbeeriger Frucht aufwarten.

Im Bild: Nussberg, Wien. Foto: © ÖWM / WSNA

Wien: runde und balancierte Gemischte Sätze

Auch in den Wiener Rieden am Nußberg, in Grinzing und Neustift sowie am Bisamberg und in Mauer wurde eine gute Zuckerreife bei geringeren Säurewerten erzielt. Nach ungewöhnlicher Trockenheit kam auch hier der ersehnte Regen, der die Ausreifung begünstigte, sodass die Lese etwas früher als im Vorjahr stattfand und Anfang Oktober bereits beendet war. Aus heutiger Sicht sind runde und balancierte Wiener Gemischte Sätze sowie ausgewogene, fruchtbetonte Rieslinge zu erwarten, die schon etwas früher als in den Vorjahren Trinkgenuss bieten werden.

Bergland: reife Weine mit früher Harmonie, gute PIWIs

Die Kärntner Weingüter freuen sich über einen hervorragenden Jahrgang, wobei die klimatischen Verhältnisse mit jenen der Südsteiermark nahezu ident waren. Der Regen kam ebenfalls Anfang September, sodass es sinnvoll war, mit der Lese ein wenig zuzuwarten. Das Lesegut erreichte im Oktober sehr hohe Mostgewichte und brachte in der Folge reife Weine mit tiefem Fruchtschmelz und früher Harmonie hervor. Dies gilt für alle Rebsorten im Gebiet, sodass sich der beste Jahrgang seit 2011 abzeichnen könnte.

Im Bild: Weingarten am Längsee, Kärnten, Bergland. Foto: © ÖWM / WSNA

In Oberösterreich folgte auf eine brütende Sommerhitze samt Trockenheit eine kühl-feuchte Wetterphase im September, die die Weinbautreibenden vor schwierige Bedingungen stellte. Bei penibler Selektion und zügiger Lese konnten jedoch qualitativ ansprechende Trauben geerntet werden. Ungebrochen ist der Trend zu PIWIs (pilzwiderstandsfähige Rebsorten): Donauriesling, Cabernet Blanc & Co. haben erneut bewiesen, dass sie unter schwierigen Voraussetzungen gute Ergebnisse liefern können.

In Vorarlberg und Tirol kann man auf einen rundum gelungenen Jahrgang zurückblicken. Die herbstlichen Regenfälle waren hier weniger ausgeprägt; ersehnte Fönperioden sorgten für den letzten Reifeschub und mehr als zufriedenstellende Mostgewichte. Unter diesen günstigen Ausgangsbedingungen erbrachten Weiß- und Rotweine gleichermaßen positive Resultate.

Weitere Informationen zu Österreichs Jahrgängen ab 1992 finden Sie bitte hier;

Quelle: ÖWM

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www.oesterreichwein.at

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