Die Vidiwall bei Heimspielen der Münchner Löwen in der Allianz-Arena erinnert an die alte Anzeigetafel im Städtischen Stadion an der Grünwalder Straße, dem "60er Stadion". Foto: oepb
Die Vidiwall bei Heimspielen der Münchner Löwen in der Allianz-Arena erinnert an die alte Anzeigetafel im Städtischen Stadion an der Grünwalder Straße, dem „60er Stadion“. Foto: oepb

Der TSV 1860 München, des „Münchners große Liebe“, kommt einfach nicht zur Ruhe. Als Gründungsmitglied der Deutschen Fussball-Bundesliga anno 1963 mit dabei, holte man 1964 den DFB-Pokal und gewann 1966 die Deutsche Meisterschaft. 1965 stand man im Londoner Wembley-Stadion vor 98.000 Zuschauern West Ham United im Finale des Europapokals der Pokalsieger gegenüber, um mit 0 : 2 den Kürzeren zu ziehen. Dies alles gelang unter der Trainer-Tätigkeit des österreichischen Peitschenknallers Max Merkel. Das war es dann aber auch schon mit der Blau-Weißen-Herrlichkeit dieses absoluten Traditions-Vereins. Der Weg nach diesen Jahren führte den Verein über die 2. Deutsche Bundesliga sogar nach Lizenzentzug bis in die Bayernliga hinab.

Einerseits die stimmgewaltigen Blauen der 1860er, die ihr Team noch lange nicht aufgegeben haben ...
Einerseits die stimmgewaltigen Blauen der 1860er, die ihr Team noch lange nicht aufgegeben haben …

Dabei hat der Verein zahlreiche Anhänger, Freunde und Fans. Am 15. August 1973 strömten geschätzte 90.000 bis 100.000 Zuschauer ins Münchner Olympiastadion zu einem Regionalligaspiel gegen den FC Augsburg. Diese Kulisse steht bis heute als ewiger Besucher-Rekord des Olympiastadions in den Geschichts-Büchern.

... und andererseits der Gast aus der auptstadt von Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf. Auch die Fortunen sind Kummer mit ihrem Team gewöhnt. Beide Fotos: oepb
… und andererseits der Gast aus der Hauptstadt von Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf. Auch die Fortunen sind Kummer mit ihrem Team gewöhnt. Beide Fotos: oepb

Auch später erfolgreiche Fußballer wie beispielsweise Rudi Völler standen bei den „Löwen“ unter Vertrag. Und auch der Steirer Josef „Sepp“ Sering und später Harald Cerny, Martin Stranzl, Christian Prosenik, sowie Marcus Pürk waren für die „60er“ aktiv. Es gab demnach also immer wieder Lichtblicke und sportliche Höhenflüge. Aber zum Großen und Ganzen fehlte es immer wieder. Im Sommer 1993 heuerte nach einem verkorksten Jahr beim FC STAHL Linz der 34jährige Wiener Peter Pacult im Münchner Stadtteil Giesing, dort, wo die Heimstätte, das Städtische Stadion an der Grünwalder Straße gelegen ist, an. Mit ihm als Stürmer und Neo-Trainer Werner Lorant ging ein Ruck durch die Mannschaft des Aufsteigers. Eben erst aus der Bayernliga gekommen, gelang der Durchmarsch in nur einem Jahr ins Oberhaus.

10 Jahre konnte man sich in der 1. Deutschen Spielklasse halten und galt als Fix-Posten in der Beletage. 1999/2000 wurde auch der große und ewige Rivale FC Bayern München anhand der Stadt-Derbys zweimal geschlagen. Sogar im UI-Cup und im UEFA-Cup war man vertreten.

Rubin Rafael Okotie (Bildmitte) hatte es stets mit zwei oder mehr Gegenspielern zu tun. Dennoch blitzte seine Tor-Gefährlichkeit stets auf. Foto: oepb
Rubin Rafael Okotie (Bildmitte) hatte es stets mit zwei oder mehr Gegenspielern zu tun. Dennoch blitzte seine Tor-Gefährlichkeit stets auf. Foto: oepb

Bis ein vergebener Elfmeter von Francis Kioyo am 15. Mai 2004 – nur 1 : 1 zu Hause gegen Hertha BSC Berlin – das Schicksal der Münchner Löwen in der Bundesliga besiegelte. Abstieg auf Rang 17. Und so gehört man seit jenen Jahren als Dauergast der 2. Deutschen Bundesliga an. Auch unter Walter Schachner ging es nicht nach oben. Es sah zwar 2006/07 lange Zeit sehr gut aus, am Ende blieb jedoch der 8. Tabellenplatz in Liga 2.

Im Vorjahr grundelte man schier die ganze Spielzeit am Tabellenende herum und sicherte die Klasse lediglich erst durch zweimaliges Nachsitzen gegen Holstein Kiel in der Relegation. Dieses Zittern und Nerven-Flattern wollte man sich heuer ersparen. Nun, es sieht derzeit wieder ganz danach aus, dass die Löwen-Fans erneut auf eine harte Probe gestellt werden und dass sich die Geschichte doch wiederholt …

23. Spieltag 2. Deutsche Bundesliga / Samstag, 27. Feber 2016, 13 Uhr / Allianz Arena München, 17.700 Besucher, Referee Patrick Ittrich

Es ist kein Geheimnis, dass sich die Fans der Löwen in der Allianz-Arena nicht wohl fühlen. (Siehe Transparent RAUS AUS DER ARENA) Doch wo soll man spielen? Im Olympiastadion, das auch unbeliebt war, geht es nicht mehr. Bleibt nur mehr die alte Wirkungsstätte in Giesing. Doch ob der Schritt in die eigene ruhmreiche Vergangenheit auch ein Schritt in die richtige Richtung der Zukunft ist? Foto: oepb
Es ist kein Geheimnis, dass sich die Fans der Löwen in der Allianz-Arena nicht wohl fühlen. (Siehe Transparent RAUS AUS DER ARENA) Doch wo soll man spielen? Im Olympiastadion, das auch unbeliebt war, geht es nicht mehr. Bleibt nur mehr die alte Wirkungsstätte in Giesing. Doch ob der Schritt in die eigene ruhmreiche Vergangenheit auch ein Schritt in die richtige Richtung der Zukunft ist? Foto: oepb

Mit Fortuna Düsseldorf gastierte nun ein Team in München, das zwar vor dem Spiel um 9 Punkte entfernt in der Tabelle vor den Löwen lag, man wollte aber mit einem vollen Erfolg unbedingt das „rettende Ufer“ zumindest in weiter Ferne wieder erspähen können. Und so begannen sie auch – die Löwen: bissig, aggressiv, frech, offensiv und aktiv in jeder Lage.

Die ersten beiden Chancen des Spiels hatten die Hausherren in der 2. Minute direkt im Anschluss an Eckbälle von rechts durch Levant Aycicek. Zunächst kam Christoph Schindler am ersten Pfosten aus sieben Metern zum Kopfball, jedoch Fortuna-Keeper Michael Rensing stand richtig am kurzen Eck. Beim zweiten Mal war es Dominik Stahl per Kopf und diesmal klärte ein Fortuna-Spieler auf der Linie mit dem Rücken am linken Pfosten. Eine Riesenchance fand Rubin Okotie in der 6. Spielminute vor. Fortuna spielte auf Abseits, doch Sascha Mölders war beim Pass von Aycicek auf gleicher Höhe. Auf der rechten Strafraumseite ging er bis zur Grundlinie, passte zurück auf Okotie, der am Torraum stand. Der Wiener drehte sich einmal um die eigene Achse, scheiterte aber mit seinem Rechtsschuss aus sechs Metern an Rensing und Alexander Madlung, die sich ihm entgegen warfen. Zwei Minuten später zog Aycicek halbrechts aus 14 Metern ab, Rensing war erneut zur Stelle und wehrte den Ball ab. In der 27. Minute kam Okotie nach einem Aycicek-Heber im Strafraum völlig frei zum Kopfball, er setzte das Leder jedoch über das Tor. Doch dann die Führung für 1860: Ein Eckball von links, vorgetragen vom Steirer Michael Liendl, landete am Kopf von Kai Bülow, der aus acht Metern zum 1 : 0 in der 29. Minute traf. Riesenhubel und helle Begeisterung im weiten Rund. Freilich waren nur knapp 18.000 Besucher vor Ort, aber die, die im Lager der Löwen standen, sorgten für Jubel-Choräle und tolle Stimmung. Abermals scheiterte Rubin Okotie in der 39. Minute an Michael Rensing: Liendl hatte von der rechten Außenbahn geflankt, der Ball flog und wurde länger, Gegenspieler Karim Haggui kam nicht daran, sodass der Österreicher frei zum Abschluss kam, aber genau auf den Fortuna-Keeper köpfelte. Der Pausenstand von „nur“ 1 : 0 schmeichelte den Rheinländern, denn 1860 hätte gut und gerne 3, oder 4 : 0 führen können.

Der Steirer Michael Liendl, der aus Düsseldorf vom Rhein nach München an die Isar gewechselt war ...
Der Steirer Michael Liendl, der aus Düsseldorf vom Rhein nach München an die Isar gewechselt war …

1860-Coach Benno Möhlmann, immerhin auch schon 61 Jahre jung, feuerte sein Team ununterbrochen an, streifte wie ein grimmiger Löwe im Käfig in seiner Coaching-Zone auf und ab und gab alles für die Mannschaft. Am Beginn der zweiten Hälfte nahm er kurz Platz, um sofort wieder aufzuspringen. Was war geschehen? Maximilian Wittek erkämpfte sich am eigenen Strafraum den Ball, stangelte weiter in den Mittelkreis auf den dort los brausenden Mölders, der seinen Gegenspielern enteilte und nach einem tollen 50 Meter Sprint selenruhig an Rensing vorbei zum 2 : 0 traf (47. Minute). Ein perfekt vorgetragener Konter fand seinen krönenden Abschluss in den Maschen des Gegners. Doch nun geschah das, was als alte Fußballerweisheit hinlänglich bekannt sein sollte. Der Führende ruhte sich am Erledigten aus, der Gegner kam auf und fand zurück ins Spiel. Fortuna war, angefeuert vom zahlreich vertretenen Anhang, urplötzlich dick da und Herr im Haus.

Zuerst hatten die „60er“ noch Glück: In der 64. Minute konnten sie den Ball nicht aus der Gefahrenzone bringen, Joel Pohjanpalo knallte aus halbrechter Position aus 13 Metern aufs lange Eck, wo allerdings Gary Kagelmacher auf der Linie den Anschlusstreffer noch verhindernd konnte. Zwei Minuten später dann aber doch das 2 : 1: Nach einer Ecke von links durch Kerem Demirbay ließ Haggui die Kugel passieren, diese kam zu Lukas Schmitz, der am Elfmeterpunkt völlig alleingelassen zum Abschluss ansetzte und den Ball ins linke Kreuzeck donnerte (66. Minute). Die Löwen taten in dieser Phase wenig für das Spiel. Und trotz der Führung stellten sich die Heimischen in der 76. Minute wie Lehrbuben an. Pohjanpalo legte an der linken Strafraumseite auf Sercan Sararer ab, der wiederum passte fast von der Grundlinie quer durch den gesamten Strafraum auf den kurz zuvor eingewechselten Ihlas Bebou, der nur noch zum 2 : 2 eindrücken braucht.

... traf knallhart gegen seine alten Kollegen zum 3 : 2-Erfolg für 1860 in die Maschen. Beide Fotos: oepb
… traf knallhart gegen seine alten Kollegen zum 3 : 2-Erfolg für 1860 in die Maschen. Beide Fotos: oepb

2 : 2, nach einer tollen ersten, bisher aber völlig verkorksten zweiten Halbzeit aus Sicht der Löwen. Diese brüllten, murrten und schrien sich die Kehlen heiser. Das Team nahm das akustisch wahr und erfing sich aus der momentanen Lethargie. Drei Minuten später zog Pohjanpalo im Fortuna-Strafraum Mölders ungeschickt die Beine weg, Schiedsrchter Patrick Ittrich stand in unmittelbarer Nähe und entschied sofort auf Elfmeter. Es brodelte in der Arena. Während die einen bereits jubelten, pfiffen die anderen gnadenlos. Wer sollte die Nerven behalten? Nun, dem Österreicher Michael Liendl schien dies alles einerlei zu sein, er lief kurz an und knallte das Leder unhaltbar für Rensing zum 3 : 2 ins rechte untere Eck (80. Spielminute). Dieser Spielstand sollte doch bis zum Schluss ausreichend sein.

Liendl kam in der 84. Minute nochmals frei zum Kopfball, aber er setzte den Ball aus sechs Metern an die Querlatte. Fortuna drängte auf den neuerlichen Ausgleich und rannte an, vergeblich – die Löwen-Abwehr überstand auch die dreiminütige Nachspielzeit. Dann war es vorbei.

 Mit Benno Möhlmann auf der blau-weißen Kommando-Brücke geht es mit den Löwen bergauf. Sein Team wollte an jenem Nachmittag den Sieg um jeden Preis. Das Spiel war darauf ausgerichtet und angelegt. Mit dem Glauben an sich selbst kann der Klassenerhalt gelingen. Foto: oepb
Mit Benno Möhlmann auf der blau-weißen Kommando-Brücke geht es mit den Löwen bergauf. Sein Team wollte an jenem Nachmittag den Sieg um jeden Preis. Das Spiel war darauf ausgerichtet und angelegt. Mit dem Glauben an sich selbst kann der Klassenerhalt gelingen. Foto: oepb

Der erste volle Erfolg für München 60 im Kalenderjahr 2016, sowie der dritte Sieg in der Spielzeit 2015/16 war geschafft. Man konnte demnach in der Tabelle vom 17. auf den 16. Rang klettern, der zur Relegation berechtigen würde. Düsseldorf hat um 6 Punkte mehr und steht auf Rang 15, dem ersten Nicht-Abstiegsplatz.

In dieser Tonart kann es für die Löwen weitergehen. Die „englische Woche“ in Deutschland beschert heute den schweren Gang auf den Betzenberg zum 1. FC Kaiserslautern, ehe man am 4. März zu Hause den SV Sandhausen empfängt. Nach zuletzt guten Leistungen gegen Nürnberg, Bochum und Düsseldorf mit 4 : 2-Punkten sollte die Formkurve weiter nach oben zeigen. Fortuna Düsseldorf empfängt heute den VfL Bochum und am 4. März den Karlsruher SC. 11 Spieltage sind 2015/16 noch zu absolvieren. Die Löwen werden zwar bis zum Schluss zittern müssen, aber die Mannschaft ist intakt, willig und hat den Glauben an sich nicht verloren. Und das ist immer schon die halbe Miete in Sachen Abstiegskampf. Wenn nämlich schon nicht ganz oben, dann wenigstens in der 2. Deutschen Bundesliga, denn der TSV 1860 München in Liga 3, das wäre schon ein hartes Brot für den an sportlichen Kummer gewöhnten Anhang.

www.tsv1860.de
www.bundesliga.de
www.fortuna-duesseldorf.de

 

 

Back to Top