Auf der tunesischen Insel Djerba verschwindet die Sonne abends am östlichen Horizont. Foto: oepb
Auf der tunesischen Insel Djerba verschwindet die Sonne abends am östlichen Horizont. Foto: oepb

Anhand der Wiederaufbau- und späteren Wirtschaftswunder-Jahre in Mitteleuropa nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs begann in den späten 1950er / frühen 1960er Jahren die Lust am Reisen. Hierzulande waren die Sommer nicht unbedingt jedes Jahr mit Sonne durchtränkt, es gab auch anhaltende Regenperioden. Also reifte der Drang von „Otto Normalverbraucher“, sofern leistbar, mit Kind und Kegel gen Süden zu ziehen. Italien und Jugoslawien waren hier begehrte Destinationen, die per Bahn, oder aber mit dem eigenen PKW bereist werden konnten. Aber auch das Reisen mit dem Autobus war ein boomender Markt, der vermehrt angenommen wurde.

Bis in die ausgehenden 1970er Jahre war es beispielsweise so, dass ein großes und heute nicht mehr existentes Linzer Reisebüro unzählige Busfahrten nach Italien an die Adriaküste anbot. Meist ging es in den Abendstunden vom Linzer Schillerpark in komfortablen Bussen los. Gegen Mitternacht traf man in Warmbad Villach ein. Nach einer kurzen „Mitternachts-Jause“ anhand eines geöffneten Gasthofes samt stadionähnlichem Parkplatz wurden die Koffer in einen bereits wartenden Italienischen Bus verfrachtet, der wiederum Österreichische Touristen aus Italien bis Villach gekarrt hatte, die in den Linzer Bus umstiegen. So fuhren die einen mit dem Italiener weiter in den Urlaub, die anderen hatten die Ferien bereits hinter sich gebracht und gelangten mit dem Linzer Bus wieder gut in die Heimat. Dieses System wurde jahrelang so praktiziert.

Wer es sich leisten konnte, bemühte einen „großen eisernen Vogel“ und flog weg. Griechenland als Sommer-Destination war in den frühen 1980er Jahren absolut hipp. Wenig später kam dann auch die Türkei dazu. Das Plantschen im azurblauen Marmarameer, gepaart mit zahlreichem Kulturgenuss in Konstantinopel, dem heutigen Istanbul, ließen das Herz vieler Österreich höher schlagen.

Bitte nicht stören, bin urlaubend am und im Meer. Foto: oepb
Bitte nicht stören, bin urlaubend am und im Meer. Foto: oepb

In dieser Tonart ging es weiter. Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks in den späten 1980er Jahren konnte man völlig unbürokratisch auch ans Schwarze Meer nach Bulgarien düsen. Aber auch die polnische Ostsee war einen Besuch wert. Und es ging weiter in den Süden. Portugal, Spanien, die Mittelmeer-Inseln Korsika und Sardinien, Kreta bis an die Nordküste Afrikas zogen die sonnenhungrigen Mitteleuropäer. Marokko, Tunesien, Ägypten, so hießen die Urlaubsziele der 1990er Jahre und um die Jahrtausendwende.

Dieser Umstand hielt an. Gerade Tunesien war mit seinem fast menschenleeren Strand stets eine Reise wert. Auch mit schmalem Portemonnaie konnte man im kleinsten afrikanischen Land, das sich selbst Europa – nicht nur geografisch – am nähesten sieht, gekonnt Urlaub machen. Geschichte und Kultur – in Form von Hannibal und Karthago, dem es gelang, vom Süden kommend unbemerkt Rom von Norden aus anzugreifen – oder aber Trips in die Wüste, neben gemütlichem Strandurlaub, all das bot Tunesien samt der Insel Djerba. Tunesien braucht den Tourismus zum Leben und zum Überleben. Zahllose Menschen dort sind abhängig von kaufenden Urlaubern. Diese bleiben aber nun aus.

Nach zwei verheerenden terroristischen Anschlägen mit zahlreichen Toten auf das Bardo-Nationalmuseum in Tunis, sowie in der Stadt Sousse – beides im Jahr 2015 – ist der Tourismus aus Europa nach Tunesien komplett zum Erliegen gekommen. Dieses kleine Paradies am Mittelmeer steht vor den Trümmern seiner Existenz. Dieses „Ihr seid herzlich willkommen liebe Gäste“-Gefühl, das man den reisenden Europäern, gerade in Tunesien – ob ehrlich gemeint, oder eben nicht – entgegenbrachte, ist komplett verschwunden. Im Gegenteil, in den letzten Jahren keimte mehr und mehr das Gefühl auf, als Tourist ohnehin nicht gerne gesehen zu sein. Man komme zwar in ihr Land und ließe sein Geld dort, doch sonderlich beliebt war der Europäer bei den Tunesiern nie.

Die touristische Idylle hat sich im Laufe der letzten Jahre ohnehin mehr und mehr verändert. Es entstand vielmehr der Eindruck, dass gerade in muslimischen Ländern westliche Touristen zunehmend als Bedrohung für die eigene Kultur wahrgenommen werden, umso mehr von jenen, die nicht unbedingt von den Devisen, die ins Land gebracht werden, profitieren.

Keine Touristen und leergefegte Strände in Tunesien. Dieser Umstand wird anhalten. Foto: oepb
Keine Touristen und leergefegte Strände in Tunesien. Dieser Umstand wird anhalten. Foto: oepb

Das Außenministerium listete kürzlich 34 Länder, anhand dieser von einer Reise überhaupt oder bedingt abgeraten wird. Im Moment herrschen auf der Welt dermaßen viele Kriege vor, wie lang nicht. Das „NIE WIEDER KRIEG!“-Zitat, welches nach 1945 zumindest in Europa allgegenwärtig war, ist leider nicht mehr aktuell. Und in Anbetracht dessen, dass permanente Aufrufe radikaler muslimischer Gruppen, möglichst viele Europäer zu töten, nicht verstummen, reist man am besten nicht in muslimische Länder.

Für 2016 steht demnach bei vielen Österreichern der „Urlaub vor der Haustür“ am Programm. „Balkonien“ in den Städten, oder „Urlaub auf dem Bauernhof“ oder im eigenen Garten ist auch schön. Reisen innerhalb der Grenzen setzt vermehrt ein und der Rubel (Euro) bleibt im Lande. Unbestritten ist jedoch, dass beispielsweise eine Woche Kärnten gleichbedeutend mit mindestens drei Wochen Tunesien wären – vom finanziellen Aspekt her. Und Meer gibt es in Kärnten (leider) auch keines. Was bleibt ist die Erinnerung an schöne Zeiten beim und am „blanken Hans“ und die leise Hoffnung in sich tragend, dereinst vielleicht wieder in Ruhe und ohne Angst um Leib und Leben in gewisse Länder mit unbeschwertem Meer-Zugang reisen zu können.

 

 

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