Jahrzehnte nachdem der große, unvergleichliche und nach wie vor unvergessene Helmut Qualtinger seinen „Herrn Karl“ präsentierte und Jahre zuvor schon mit dem legendären Qualtinger-Zitat, dass für ihn „Simmering gegen Kapfenberg Brutalität sei“ aufhorchen ließ, kam es in der heimischen 2. Division vor über 40 Jahren, am Samstag, 17. April 1982 erneut zu dieser damals wenig spektakulären Spielpaarung. Der Kapfenberger SV reiste als Tabellensechzehnter und somit als abgeschlagenes Schlusslicht der 2. Liga nach Wien auf die Simmeringer Had. Doch dazu später.
Auf der Had hat´s kan´ Toni verwaht
Die große und überaus erfolgreich verlaufende Fußballer-Karriere des Anton „Toni“ Polster begann am Samstag, 7. Februar 1981. Damals kam der knapp 17-jährige zum ersten Mal in der Kampfmannschaft des FK Austria Wien zum Einsatz. Im Zuge eines Freundschaftsspieles gegen den 1. Simmeringer SC ersetzte Polster in der zweiten Halbzeit seinen Stürmer-Kollegen Thomas Pfeiler. Die Austria gewann gegen den Zweitdivisionär ohne besondere Vorkommnisse mit 2 : 0 und 800 Zuschauer waren Zeugen des Toni Polster-Debüts in Violett. Es dauerte bis zum 11. Juli 1982, ehe Polster im Zuge eines Freundschaftsspiels in Jennersdorf erneut in der Kampfmannschaft des FAK zum Zug kam.
Bundesliga-Reform und Aufstiegs-Ambitionen
Im Winter 1981/82 wusste man zwar noch nicht, wie im August 1982 die 1. und die 2. Division aussehen würde, aber die Stimmen für eine Aufstockung der bisherigen und seit 1974/75 existenten und erfolgreichen 10er Liga auf 16 Vereine im Oberhaus wurden immer lauter. Herbstmeister 1981 in der 2. Division war der SK Austria Klagenfurt mit 24 Punkten (2-Punkte-Regel für den Sieg), gefolgt vom SC Eisenstadt und von Union Wels, beide nur 2 Zähler dahinter. Der 1. Simmeringer SC schloss die Herbstsaison 1981 in der 2. Division an der 7. Stelle ab. Die Had-Kicker lagen nur 2 Punkte hinter DSV Alpine Donawitz und Platz 6, der im Falle einer Aufstockung zur Teilnahme an der 1. Division 1982/83 berechtigen würde.
Ohne Göd ka Musi
Das Geld war in Simmering immer schon knapp. Bis zum Einstieg der Bayer AG im Oktober 1980. Die Schwarz-Roten aus dem XI. Hieb firmierten fortan als CEOX Simmering und Direktor Klaus Uwe Schotten machte keinen Hehl daraus, alles unternehmen zu wollen, damit Simmering ins Oberhaus aufsteigen würde. Platz 10 zum Ende der Saison 1980/81 waren für den Weltkonzern Bayer natürlich nicht das Ende der Simmeringer Fahnenstange. Im Winter darauf und mit Platz 7 wollte man nun nach den Sternen greifen. Und da Toni Polster zwar als riesengroße Zukunftshoffnung des FK Austria Wien galt, in der Kampfmannschaft als 17-jähriger allerdings noch kein Leiberl hatte, seine Tore aber in der Unter 21-Mannschaft der Austria erzielte, wollte man dem jungen Mann die Chance bieten, im Frühjahr 1982 Erfahrungen in einer Kampfmannschaft sammeln zu können. Die Verhandlung für einen Leihvertrag mit Admira/Wacker führten ins Leere, also bot Austria-Boss Joschi Walter Klaus Uwe Schotten seinen Jung-Star Polster an. Simmering-Trainer Ernst Dokupil war von dieser Verpflichtung begeistert und so wechselte der aufstrebende Polster eben zum ebenso aufstrebenden 1. Simmeringer SC von 1901.
Aller Anfang ist schwer
Toni Polster war von Anfang an dabei. Am 13. März 1982, nun selbst 18 Jahre jung, debütierte er auf der Had zum Frühjahrsauftakt beim 0 : 0 gegen SPG Innsbruck. Vier Runden später, am 3. April 1982 beim 5 : 0 gegen Flavia Solva gelang ihm das sehnlichst erwartete erste Tor. Toni Polster war von 15 Frühjahrsrunden 1982 dreizehnmal mit von der Partie, 8 Tore sollten ihm dabei für die Schwarz-Roten Simmeringer gelingen. Zu guter Letzt hieß es im Mai 1982 „Aufstockung“ und der 1. Simmeringer SC stieg vor 41 Jahren als Tabellenfünfter und auch dank der 8 Polster-Tore ins Oberhaus auf. Bis heute zum letzten Mal.
Zurück an den Verteilerkreis
Toni Polster, der sich aufgrund der vorherrschenden familiären Verhältnisse in Simmering beim 1. SSC sichtlich wohl fühlte, wäre gerne noch ein Jahr geblieben. Und auch Ernst Dokupil begrüßte natürlich diese Überlegungen. Doch Austria-Coach Wenzel Halama holte im Sommer 1982 den jungen Stürmer zur Wiener Austria zurück. Was sich in späterer Folge für beide Seiten – Polster und die Austria – auszahlen sollte.
Sensation im Horr-Stadion
Und so traf man sich also wieder, am Sonntag, 17. Oktober 1982 zur Matinee um 10.30 Uhr. 7.000 Zuschauer waren gekommen und man diskutierte von Seiten des Austria-Anhangs im Vorfeld lediglich über die Höhe des Sieges, denn gegen die Simmeringer wäre alles andere als ein klarer Erfolg für Violett eine herbe Enttäuschung gewesen. Doch es kam anders: Peter Werner brachte den 1. SSC in Front. Knapp vor der Pause glich die Austria aus – durch Polster. Verwunderung machte sich breit, als dem Polen Benon Szostakowski in der 73. Minute erneut die Führung für Simmering gelang. In der 90. Minute stand es 1 : 2 und die Austria schien auf der Verliererstraße zu sein. Bis mit dem allerletzten Spielzug doch noch der Ausgleich zum 2 : 2 gelang … durch den violetten Doppeltorschützen an jenem Sonntag Vormittag namens Toni Polster.
Was auf der Had begann, neigte sich dort auch ihrem Ende zu
Toni Polster, unzählige Stationen in Italien, Spanien und Deutschland erfolgreich hinter sich gebracht, kehrte zum Ende seiner Laufbahn nach Österreich zurück. Zur Austria … aus Salzburg. Mit den Mozartstädtern hieß es für ihn am 11. April 2000 im Rahmen des ÖFB-Cup Achtelfinales nach Wien zu reisen, genau genommen nach – eh kloar – Simmering. 6.000 Zuschauer sahen jedoch nur einen Kurz-Auftritt von ihm, denn nach einer knappen halben Stunde machte dem Toni eine Muskelverhärtung einen gehörigen Strich durch die Rechnung. Salzburg gewann knapp mit 1 : 0 und der Toni beendet im gleichen Jahr seine erfolgreiche Karriere als Aktiver.
Simmering gegen Kapfenberg
… das ist Brutalität – von Helmut Qualtinger aus dem Jahre 1958 überliefert ist ebenso zeitlos und unvergessen, wie die große Karriere des Anton „Toni“ Polster. Vor nunmehr über 40 Jahren, am 17. April 1982 hatte er, Polster, sein SIMMERING gegen KAPFENBERG und beim 6 : 0-Erfolg der Heimischen in der 2. Division gelang ihm der Treffer zum zwischenzeitlichen 4 : 0. Heute ist der 1. Simmeringer SC bis in die Niederrungen der Wiener Stadtliga (4. Leistungsstufe) abgetaucht. Im Sommer 1982 stieg das Team letztmals ins Oberhaus auf. Unter dem Aspekt erfolgreicher Geschichte ist es dem ruhmreichen 1. SSC zu wünschen, über kurz oder lang über die Wiener Liga wenigstens wieder bis in die Regionalliga Ost zurückzukehren.
Und dem Österreichischen Fußballsport ist es zu wünschen, dass nach Franz „Bimbo“ Binder, Robert Dienst, Hans Krankl, Toni Polster und Andi Ogris – um hier nur einige zu nennen – wieder neue und grimmige Goalgetter die rot-weiß-rote Fußballbühne betreten werden.
Apropos: Eine ausführliche Reportage über den über 120-jährigen Jubilar 1. Simmeringer SC lesen Sie bei uns bitte hier;
oepb.at – In eigener Sache
Wenn die Österreichische Fußball-Bundesliga die Saison 2023/24 als 50-jährige Jubiläumssaison ausruft, dann darf dabei nicht vergessen werden, dass in Österreich seit 1911/12 regelmäßig Meisterschaft gespielt wird und es seit 1949/50 eine Gesamt-Österreichische Fußballmeisterschaft gibt. Wir werden hier in regelmäßiger Unregelmäßigkeit an Protagonisten der österreichischen Fußball-Landschaft erinnern, abseits der allseits bekannten Spieler-Größen. An Fußballer, die heute teilweise leider bereits vergessen sind, die aber dennoch der Liga und den Vereinen, für die sie aktiv waren, ihren Stempel aufgedrückt haben.
Quelle: Redaktion www.oepb.at
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