Gerichtspsychiaterin Dr. Sigrun Roßmanith, die auch prominente Mörderinnen untersucht hat, zeigt in diesem Buch auf, wen und warum Frauen töten und wie sie dabei vorgehen. Oft haben Frauen, die töten, eine lange Opfergeschichte, sei es durch sexuellen Missbrauch oder häusliche Gewalt.
Es war spät Abends, sie hörte die Nachrichten, dass eine junge Mutter ihre beiden Kinder aus dem vierten Stock ihres Wohnhauses geworfen hat, hinterher gesprungen ist und schwer verletzt überlebt hat. Die Kinder waren tot. Sie, Sigrun Roßmanith, ist Psychiaterin, sowohl in ihrer Praxis, als auch an zwei Unfallspitälern tätig. Sie betreut dort seit Jahren psychiatrische Patienten. In der Nacht fällt ihr die Geschichte mehrmals ein. Sie kennt die Überforderung berufstätiger Mütter und sie fragt sich ständig, was passiert ist und wie es soweit kommen konnte. Am nächsten Tag erhielt sie zeitig einen Anruf, dass das Spital jemanden suche, der sich um die Frau annimmt und der Mutter die Wahrheit sagt, was passiert ist. Das Pflegschaftspersonal ist schlichtweg überfordert. Ein Teil sieht sie als Mörderin, andere denken, dass der Ehemann sie in den Wahnsinn getrieben habe. Das schlimmste aber ist, dass sich die Mutter an nichts mehr erinnern kann …
Die Autorin schreibt in ihrem Vorwort, dass niemand vor Wahnsinnstaten gefeit sei, auch sie nicht. Das glaubt sie deshalb, weil es in jedem Menschen eine gewisse Schwelle gibt. Wenn diese überschritten wird, dann passieren Dinge, die man sich nie vorgestellt hätte. Jeder Mensch hat eine negative Seite seiner Persönlichkeit, die mit all den Eigenschaften, die nicht salonfähig sind, gespickt ist. Das ist das schlichtweg Böse im Menschen.
Man nimmt dem Werk nicht die Spannung, wenn man die Antwort gleich vorweg verrät. Genau das tut Sigrun Roßmanith nämlich selbst. Auf der ersten Seite des ersten Kapitels: „Ja, Frauen sind die besseren Mörder!“
Nur sehr selten werden Frauen zu Mördern, weibliche Killer sind Ausnahmefälle der Kriminologie. Viele davon hat die forensische Psychiaterin Sigrun Roßmanith als Gutachterin untersucht. Sie glaubt: Die dunkle Seite der Frau wird unterschätzt und kommt dabei zu einem erstaunlichen Ergebnis: Frauen, die töten, tun dies oft als Beziehungstäterinnen. „Nur zehn Prozent sind Zufallsopfer.“, rechnet sie vor. Und die Morde der Frauen unterscheiden sich von jenen, die Männer begehen. Hat eine Frau erst einmal den Entschluss gefasst, gibt es kein Zurück mehr. Während der Tat sind sie selten alkoholisiert. „Im Unterschied zu Männern müssen sich die Frauen keinen Mut antrinken. Sie sind klarer, sachlicher und denken voraus.“, erläutert die Psychiaterin aus der schaurigen Praxis. Die Statistik zählte im vergangenen Jahr 57 Morde, die in Österreich verübt wurden. Vier davon von Frauen.
Dass Frauen bevorzugt mit Gift töten, ist übrigens ein Mythos. Sie sind bei der Wahl der Waffen nicht zimperlich. Meist sind es Messer, aber auch Schusswaffen sind keine Seltenheit.Männer wiederum, so schreibt die Autorin, töten eher, um die Partnerschaft aufrechtzuerhalten. Frauen hingegen töten häufiger, wenn sie sich trennen wollen – so wie Estibaliz Carranza, die zwei Männer erschoss, sie mit einer Kettensäge zerstückelte und im Keller einbetonierte. „In Beziehungen töten meist die Schwächeren.“, sagt die Gutachterin.
So nahm auch das Leben von Frau Dr. Sigrun Roßmanith eine Wende, sie entschied sich, Gerichtspsychiaterin zu werden. Sie habe kein Mitleid, sagt sie. „Aber manchmal leide ich ein bisschen mit.“ Und seit sie den Job macht, verzichtet sie aufs Theater. „Das ist nur ein Abklatsch des Lebens.“
Das Buch sei für sie auch ein Lebenswerk, gewidmet ihrer Mutter, mit der sie eine schwierige Beziehung verband. Die Lektüre ist eine tiefenpsychologische Reise in die Abgründe der weiblichen Seele.
Sie selbst habe als Jugendliche eine schwierige Mutter-Tochter-Beziehung gehabt. „Es hätte auch mir passieren können, dass es größere Tätlichkeiten gibt. Einen solchen Fall beschreibe ich in meinem Buch: Da wächst eine Tochter bei ihrer Mutter auf, die das Kind besonders behüten will. Mit Brachialgewalt versucht sie, ihre Erziehungsvorstellungen durchzusetzen. Das Makabere ist nun, dass das Mädchen jedes Jahr aufs Neue auf dem Markt eine Rute kaufen muss, mit dem sie das Jahr über geschlagen wird. Als das Mädchen in der Pubertät ist, will es die Schläge nicht mehr erdulden. Sie packt den Hals der Mutter, drückt zu – und lässt erst los, als ihr Opfer blau angelaufen zu Boden sinkt. Das ist die klassische Situation.“ – so Sigrun Roßmanith …
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Autoren-Porträt
Sigrun Roßmanith ist Fachärztin für Psychiatrie, psychotherapeutische Medizin und Neurologie. Seit 1997 tritt sie in Österreich als Gutachterin vor Gericht auf und hat seither mehr als 3.000 Fälle untersucht. Sie ist verheiratet, Mutter dreier Kinder und arbeitet in ihrer Privatpraxis in Wien.