Diese Streitmacht des Vizemeisters SK VÖEST Linz vom Sommer 1980 zählte zweifellos zu den besten Mannschaften in der 51-jährigen Geschichte der Linzer Werkssportler. Im Bild vorne von links: Siegfried Bauer, Jürgen Werner, Erwin Fuchsbichler, Kurt Kaiserseder, Fritz Drazan und Helmut Wartinger. Bildmitte von links: Sektionsleiter Hermann Lackner, Trainer Ferdinand Milanovich, Masseur Alois Brückl, Alfred Gert, Karl Hodits, Manfred Mertel, Georg Zellhofer, Kurt Peterstorfer, Koloman Gögh, Arzt Dr. Erwin Ploberger, Thomas Parits, Masseur Otto Reingruber, sowie der sportliche Leiter Günter Praschak. Hinten von links: Willi Kreuz, Gerald Haider, Gerhard Ulmer, Manfred Schill, Ewald Jansenberger, Max Hagmayr und Ove Flindt. Foto: © oepb 

Wenn einem Fußballspieler hierzulande im Laufe seiner langjährigen Karriere im Oberhaus „nur“ zwei Tore gelingen, eines davon allerdings zum „Tor des Monats“ gekürt wird, dann ist doch genau dieser Umstand, dass eben 50 Prozent der Volltreffer „Tore des Monats“ waren, beachtlich und erwähnenswert.

Siegfried Bauer im Dress des SK VÖEST Linz am Beginn der Saison 1981/82. Foto: © oepb

Fußball ist ein Mannschaftssport

Es sind die „kleinen“ Geschichten, abseits der großen und bekannten Fußballstars, die diesen Sport so liebenswert machen. Was wäre seinerzeit zum Beispiel Franz Beckenbauer ohne seinen Hans-Georg „Katsche“ Schwarzenbeck gewesen, der im Fachjargon stets immer „nur“ als „Der Putzer vom Kaiser“ tituliert wurde. Weltstar „Kaiser“ Franz Beckenbauer hätte ohne zehn weitere Kollegen am Platz und ohne „seinen Putzer Katsche“ bei weitem nicht so reüssieren können, wie er es letzten Endes dann getan hatte, denn Fußball ist und bleibt nun einmal ein Mannschaftssport. In Österreich agierten in den 1970er und 1980er Jahren die Prohaskas, die Krankls und / oder die Koncilias und Konsorten, die zahlreiche Freunde, Bewunderer, Anhänger und Fußballfans auf ihrer Seite wussten. Jedweder Verein der damaligen 10er Liga in der 1. Division hatte aber auch die unbekannteren Akteure, die nicht minder wichtig waren, um erfolgreich Fußballspielen zu können. Werfen wir hier und heute also beim Blick zurück unser Augenmerk auf Siegfried Bauer vom SK VÖEST Linz, der im September 1981 mit einem perfekt angesetzten und gezielten Schuss aus dem Schatten heraus quasi volley hinein ins Rampenlicht trat.

Siegfried Bauer (links) spitzelt das Leder an Günter Caha vorbei. Aufmerksamer Beobachter dieser geschickten Szene ist Schiedsrichter Siegfried Goriupp. Die Vienna erlitt in Linz das bis dato höchste Debakel in der noch jungen Geschichte der 1. Division. Aus SK VÖEST Linz gg. First Vienna FC (4 : 0) vom 1. Oktober 1977 vor 2.000 Zuschauern im Linzer Stadion auf der Gugl. Foto: © oepb

Aus Traun über den Umweg Wels nach Linz

Der am 14. Juni 1954 in Linz geborene Siegfried Bauer infizierte sich anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft 1966 in England mit dem Virus Fußballsport. Die im Fernsehen mitverfolgten Spiele regten den 12-jährigen Buben dazu an, selbst bei ASKÖ Ödt / Traun mit dem Kicken zu beginnen. 1972 wechselte Bauer nach Wels und war in der zweitgrößten Stadt Oberösterreichs zuerst für den SC Hertha Wels und ab 1975 für den neu erschaffenen Fusionsklub WSC/Hertha Wels aktiv. Gemeinsam übrigens mit Gerald Haider, den Bauer Jahre später erneut in Linz treffen sollte. Während seiner Welser Jahre wurde der 1,65 m große Bauer auch 20mal in die OÖ-Jugend- und Juniorenauswahl berufen, stand 15mal im Amateurteam, 4mal in der Olympiaauswahl und später dann als Linzer Werksportler viermal im B-Nationalteam, der heutigen ÖFB-Unter 21-Auswahl. 1976 erfolgte dann der Wechsel zum SK VÖEST nach Linz. In seinem ersten Jahr für die Linzer Blau-Weißen wurde Siegfried Bauer unter Trainer Ing. Franz Kutil sogleich Österreichischer Fußballmeister und zwar mit der Unter 21-Mannschaft. Dieser Bewerb wurde seinerzeit stets als „Vorspiel“ bestritten, also zwei Stunden vor den jeweiligen Kampfmannschaften. Der geneigte Fußballplatz-Besucher hatte somit an einem Spieltag die Möglichkeit, mit nur einem Eintrittsgeld 180 Minuten Fußballsport seines Lieblingsvereins serviert zu bekommen. Und für die jungen Aktiven bedeutete dies, dass auch bereits beim Vorspiel teilweise tausende Zuschauer im Stadion sein konnten und diese mit ihrer bloßen Anwesenheit die Fußballer von morgen zu noch besseren Leistungen anstachelten.

Der SK VÖEST Linz ist Österreichischer Unter 21 Fußballmeister 1976/77. Stehend von links: Sektionsleiter Hermann Lackner, Gerhard Etzelsdorfer, Lasch, Abl, Gerald Luftensteiner, Arthur Rathner, Böhm, Helmut Wartinger, Lowas, sowie Jugendleiter Rudolf Sobol. Vorne von links: Masseur Schatz, Walter Rosenauer, Rathner II, Manfred Schill, Helmut Skrasek, Josef Seyrlehner, Madaras, Siegfried Bauer und  Trainer Ing. Franz Kutil. Foto: © oepb

Als Unter 21-Meister immer wieder in der Kampfmannschaft

Siegfried Bauer wechselte sehr bald schon in den Kampfmannschaftskader des SK VÖEST und feierte unter Coach Ivan Brzic am 2. April 1977 beim 1 : 1 im Linzer Stadtderby gegen den LASK vor 11.000 Zuschauern sein Oberhaus-Debüt. Von da an gehörte Bauer abwechselnd zur ersten Mannschaft, lief aber auch immer wieder im Unter 21-Team der VÖESTler auf. Dazu Siegfried Bauer im Klartext: „Der endgültige Durchbruch ist mir in der Saison 1978/79 unter Trainer Ferdinand Milanovich gelungen. Er hat mir einfach viel Selbstvertrauen gegeben. Ich bin kein großer Ballkünstler, ich bin ein biederer Arbeiter. Ich habe kein gutes Gefühl dabei, wenn ich einen Gegner umspielen muss. Meine Stärke ist das Attackieren, ich muss den Atem des Gegners spüren. Dafür laufe ich mehr als die anderen und mache so mein Manko wieder wett!“ Bauer dankte es seinem Trainer, der dem kleinen, blonden Rackerer mit der hohen Stirn stets das Vertrauen schenkte und agierte von nun an eben als „biederer Arbeiter“, der seine Stärke im Attackieren sah und stets den Atem des Gegners spüren musste, um aufzublühen.

Bereits in seinem ersten Jahr beim SK VÖEST 1976/77 wurde Siegfried Bauer nicht nur Unter 21-Meister mit den Linzern, er pendelte auch regelmäßig zwischen dem Nachwuchsteam und der Kampfmannschaft. Hier am 19. März 1977 beim Unter 21-Vorspiel gegen den SK Rapid Wien. Gespielt wurde am Nebenfeld des Linzer Stadions auf der Gugl. Foto: © oepb

Barca-Legionär Krankl zum SK VÖEST oder zur Nationalmannschaft

Welchen Stellenwert der SK VÖEST Linz im Fußball-Österreich der späten 1970er Jahre hatte, bewies der Trip nach Norwegen Ende August 1978. Als sich der ÖFB-Tross in Wien-Schwechat zum Abflug nach Oslo einfand, staunte der Neo-Legionär beim FC Barcelona Hans Krankl nicht schlecht: „Ja Hallo, was ist denn hier los? Fliege ich mit dem SK VÖEST nach Oslo oder mit dem ÖFB?“ Krankl war darüber bass erstaunt, dass die Linzer Werkssportler für die beiden Länderspiele gegen Norwegen mit Willi Kreuz, Erwin Fuchsbichler und Reinhold Hintermaier für das A-Team, sowie mit Helmut Wartinger und eben Siegfried Bauer für die Unter 21-Auswahl fünf Spieler abstellten. Dazu der Teamchef Karl Stotz: „Die Leistungsexplosion der SK VÖEST-Mannschaft der letzten Wochen war ausschlaggebend für diese Linzer Invasion. Darüber hinaus wurden mir Bauer und Wartinger von Felix Latzke ans Herz gelegt. Bei mir hat jeder eine Chance. Außerdem waren Kreuz und Fuchsbichler ohnehin bereits in Argentinien mit dabei. Und Hintermaier verdient jetzt seine Chance.“ Das A-Team gewann am 30. August 1978 mit Erwin Fuchsbichler im Tor, Team-Debütant Reinhold Hintermaier und Willi Kreuz in Oslo mit 2 : 0 und das B-Team (Unter 21-Auswahl) mit Siegfried Bauer und Helmut Wartinger blieb am Vortag gegen die norwegischen Alterskollegen mit 3 : 1 erfolgreich.

Vereint im Verein und auch im Nationalteam. Siegfried Bauer (links) und Helmut Wartinger, hier in der Saison 1977/78. Foto: © oepb

Mit einem Tor im Rampenlicht

Am Freitag, 18. September 1981, schlug dann für den „kleinen“ Siegfried Bauer die ganz große Stunde. Der Bundesliga-Terminplan bescherte den Linzern als Gast den SV Austria Salzburg. 4.500 Besucher fanden sich auf Gugls-Höhen ein und trauten ihren Augen kaum. Das Match stand in der 9. Spielminute, als sich Bauer zwischen zwei Salzburgern kraftvoll durchtankte und zu einem sehenswerten Weitschuss aus gut 25 Metern ansetzte. Das Leder sauste wie an einem Schnürl gezogen ins rechte Kreuzeck. Tormann Herbert Rettensteiner hatte nicht den Funken einer Abwehrmöglichkeit. Der Jubel um Bauer und sein erstes Tor im 94. Bundesligaspiel war dementsprechend euphorisch. Und es war im Nachhinein betrachtet immens wichtig, dann Salzburg bot dem SK VÖEST an jenem lauen September-Abend einen offenen Schlagabtausch, den die Linzer letzten Endes verdient mit 3 : 2 für sich entscheiden konnten. Siegfried Bauer, man kann es vorwegnehmen, gelangen in seinen 154 Bundesligaspielen 2 Tore, beide in der Saison 1981/82. Den zweiten Treffer ließ Bauer am 20. März 1982 beim 1 : 1 gegen den SK Rapid Wien im Hanappi-Stadion folgen. Hier zog er mit einem satten Schuss Josef Hickersberger einen Scheitel und die Kugel krachte über Keeper Herbert Feurer hinweg von der Latte hinter die Linie.

Auch das zeichnete Siegfried Bauer aus. Im Zuge seines absoluten Einsatzes im Spiel erfolgte eine Woche zuvor beim 35. Stadtderby gegen den LASK am 12. September 1981 noch ein verletzungsbedingter Austausch, eine Woche später gegen Austria Salzburg gelang ihm ein Traumtor. Foto: © oepb

„Tor des Monats“ September 1981

Bauers Tor gegen Austria Salzburg hatte seinerzeit allerdings auch ein Nachspiel. Nämlich jenes, dass es zum „ORF Tor des Monates September 1981“ gekürt wurde. Plötzlich war der eher unscheinbar agierende Siegfried Bauer in aller Munde und allerorts bekannt. Und dass dieses Tor keine Eintragsfliege war, bewies er in dem Umstand, dass ihm anlässlich des ÖFB-Cupspiels gegen den SV Gmunden am 12. März 1983 beim 5 : 1-Erfolg der Werksportler abermals ein sehenswerter Weitschusstreffer ins Kreuzeck gelang. Siegfried Bauer heute auf die Frage zu seinem „Tor des Monats“ vor über 40 Jahren: „Ich wurde damals nach Wien zum ORF ins Studio eingeladen und man gratulierte mir zu diesem Erfolg. Auch bei der Auswahl zum „Tor der Saison 1981/82“ war mein Treffer nominiert, geworden ist es letztlich Antonin Panenkas sehenswerter Heber beim 5 : 0-Triumph von Rapid über den FC Wacker Innsbruck im Mai 1982.“

Siegfried Bauer (Bildmitte, SK VÖEST) gewinnt auch diesen Zweikampf gegen Gerhard Roos. Im Hintergrund Gerhard Breitenberger (beide Austria Salzburg) Aus SK VÖEST Linz gg. SV Austria Salzburg, 3 : 2 (Pausenstand 2 : 1) vom Freitag, 18. September 1981 vor 4.500 Besuchern im Linzer Stadion auf der Gugl. Foto: © oepb

Gegenspieler

Wenn man weiß, welche Kapazunder aus den gegnerischen Stürmer-Reihen einst auf Siegfried Bauer trafen, dann verwundert es doch ein bisserl, wenn er mit Walter Demel vom Wiener Sport-Club einen eher am unangenehmsten empfundenen Gegenspieler nennt. Hubert Kulmer und Gernot Jurtin, beide vom SK Sturm Graz, zählten zu Bauer´s Lieblingen, gegen diese beiden „rackerte“ er am liebsten.

Siegfried Bauer (beim Kopfball) bleibt Sieger gegenüber Johann Drabek. Im Hintergrund rechts Manfred „Waschi“ Mertel. Aus SK VÖEST Linz gegen FK Austria Wien (1 : 0) vom 14. Oktober 1980 vor 4.000 Zuschauern im Linzer Stadion auf der Gugl. Foto: © oepb

Vereinstreu samt Rücken-Nummern Tohuwabohu

Siegfried Bauer gehörte auch jener Epoche von Fußballspielern an, die noch Vereinstreue lebten. Für ihn kam im Oberhaus außer dem SK VÖEST Linz kein anderes Team in Frage. Von 1977 bis 1984 brachte er es auf 154 Spiele in der 1. Division, anhand dieser seine Rücknummer auch gerne immer wieder variierte. Von der Nummer 2 über die 4, hin zur Rückennummer 8 und 13 war es für den geneigten Fußballplatz-Besucher jedes Jahr und jede Saison aufs Neue äußerst interessant, welche Nummer wohl in diesem Jahr Siegfried Bauer´s Rücken zieren wird.

Siegfried Bauer (Nr. 4) schirmt das Leder geschickt vor Johann Gröss (Nr. 7) ab. Auch Günther Happich (links im Bild) kommt zu spät. Erwin Fuchsbichler (Nr. 1) hat den Ball und beschleunigt mit seinem Ausschuss den weiteren Verlauf des Spiels. Aus SK VÖEST Linz gegen SK Rapid Wien (2 : 2) vor 4.000 Zuschauern am 1. Juni 1979 im Linzer Stadion auf der Gugl. Foto: © oepb

Sympathisch und bescheiden

Siegfried Bauer, der nie ein Fußballprofi im reichen Reigen der einstmals stolzen Linzer Werksportler war und stets den Beruf eines kaufmännischen Angestellten im Post-Service-Center in der VOEST ALPINE ausübte, genießt heute seinen wohlverdienten Ruhestand. Bei Gartenarbeit und guter Musik kann er sich nach wie vor am besten entspannen. Vor den Toren der Landeshauptstadt Linz wohnend blickt er auf die Flutlicht-Masten des Trauner Stadions und verfolgt den Fußballsport nach wie vor sehr genau. Siegfried Bauer war ein Aktiver, der nie im Rampenlicht stand und dessen Spielweise nicht unbedingt dazu angeregt war, im Gedächtnis haften zu bleiben. Nichtsdestotrotz sind jedoch genau diese Fußballerspieler ebenso immens wichtig, um beim Mannschaftssport Fußball dauerhaft Erfolg zu haben. Siegfried Bauer war einer von ihnen, beinahe unbekannt, aber treu. Acht Jahre blieb er beim SK VÖEST und zog sich dann im Juni 1984 erhobenen Hauptes vom Oberhaus-Fußball zurück. „Mit 30 Jahren war für mich Schluss und ich wollte der Jugend ihren Platz lassen. Wenn man merkt, dass die Kraft nachlässt, dann sollte man aufhören.“, so Siegfried Bauer abschließend, der noch zwei Jahre als Spielertrainer bei ASKÖ Ödt / Traun anhängte, um 1986 dem aktiven Fußballsport endgültig „Lebe wohl“ zu sagen. 

Wenn es auch nicht immer, wie hier am 24. Februar 1979, für die Startformation in der Kampfmannschaft reichte, so wartete Siegfried Bauer (Zweiter von rechts) geduldig auf seine Chance, die er stets zu nützen wusste. Im Bild von links mit den Kollegen Wilfried Ortner, Willi Kreuz (gesperrt), Willi Pöll, sowie Kurt Kaiserseder. Foto: © oepb

oepb.at – In eigener Sache

Wenn die Österreichische Fußball-Bundesliga die Saison 2023/24 als 50-jährige Jubiläumssaison ausruft, dann darf dabei nicht vergessen werden, dass in Österreich seit 1911/12 regelmäßig Meisterschaft gespielt wird und es seit 1949/50 eine Gesamt-Österreichische Fußballmeisterschaft gibt. Wir werden hier in regelmäßiger Unregelmäßigkeit an Protagonisten der österreichischen Fußball-Landschaft erinnern, abseits der allseits bekannten Spieler-Größen. An Fußballer, die heute teilweise leider bereits vergessen sind, die aber dennoch der Liga und den Vereinen, für die sie aktiv waren, ihren Stempel aufgedrückt haben.

Quelle: Redaktion www.oepb.at

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