Wohnbaubiennale_DruotDie Wohnbauten der Nachkriegszeit – der Nachkriegsmoderne – standen im Blickfeld der diesjährigen Wohnbaubiennale 2013. Und damit auch die Frage, wie mit dem Baubestand aus den 1950er, 60er und 70er Jahren umzugehen sei. Umnutzen, erneuern oder abreißen und neu bauen? Mit Beispielen aus Österreich, Deutschland, der Schweiz bis nach Frankreich wurde die Bandbreite an Möglichkeiten genau unter die Lupe genommen.

Bildtext: Der französische Architekt Frédéric Druot will mit weniger Investitionen mehr erreichen: „Man muss der Dummheit einen Riegel vorschieben, denn ein Abriss kann sich im Vergleich mit einer intelligenten Sanierung niemals rechnen. Foto: Richard Tanzer

„Wohnen in der Ersatzmoderne“ lautete in diesem Jahr der thematische Schwerpunkt der Wohnbaubiennale im Kuppelsaal der Technischen Universität Wien. Initiiert und unterstützt wird die Wohnbaubiennale von den Saint-Gobain Unternehmen ECKELT, ISOVER, RIGIPS und WEBER, die damit ein klares Zeichen für ihr Engagement im Wohnbau setzen. „Der Baubestand der Nachkriegszeit bestimmt heute weite Teile unserer Städte. Den spezifischen Qualitäten, wie großzügige Freiflächen und geringe Bebauungsdichte, stehen eine durchwegs schlechte energetische Performance und geringe Wohnstandards gegenüber. Für Architekten, Planer und Eigentümer stellt sich die Frage, wie man die Vorzüge erhalten und gleichzeitig den Wohnkomfort auf ein zeitgemäßes Level anheben kann – adaptieren, sanieren oder abreißen und neu bauen.“, umreißt RIGIPS Geschäftsführer Peter Leditznig einleitend die Themenschwerpunkte der diesjährigen Wohnbaubiennale.   

 

Mit der Wohnbaubiennale setzten die Saint-Gobain Unternehmen ECKELT, ISOVER, RIGIPS und WEBER ein klares Zeichen für ihr Engagement im Wohnbau. V.l.: Mag. David Lasselsberger/WEBER, Mag. Birgit Aspalter/ECKELT, Dipl. oec. Daniel Domini/ISOVER und Peter Leditznig/RIGIPS. Foto: Richard Tanzer
Mit der Wohnbaubiennale setzten die Saint-Gobain Unternehmen ECKELT, ISOVER, RIGIPS und WEBER ein klares Zeichen für ihr Engagement im Wohnbau. V.l.: Mag. David Lasselsberger/WEBER, Mag. Birgit Aspalter/ECKELT, Dipl. oec.
Daniel Domini/ISOVER und Peter Leditznig/RIGIPS. Foto: Richard Tanzer

War es in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten die gründerzeitliche Bebauung, so steht als nächste baugeschichtliche Epoche  die Nachkriegsmoderne zur Bewertung und Sanierung an. Grund genug für das Kuratorenteam Sabine Pollak von der Kunstuniversität Linz, Maja Lorbek, TU-Wien und Robert Temel sich der drängenden Frage zu stellen, wie mit dem Baubestand der so genannten Nachkriegsmoderne in Zukunft umgegangen werden soll. Immerhin war die Nachkriegszeit in den meisten europäischen Städten eine Phase, die infolge der Kriegszerstörungen und des enormen Wohnraumbedarfs, vom Wiederaufbau und einer intensiven Neubautätigkeit geprägt war. „Es wurde schnell gebaut, vielfach in Fertigbauweise und zu günstigen Mietpreisen. So konnte bis zum Ende der 1960er Jahre der dringendste Wohnbaubedarf erfüllt werden. Noch heute wohnen rund 280.000 Wiener nach wie vor in Gebäuden, die zwischen 1945 und 1960 errichtet wurden.“, berichtet Dr. Kurt Stürzenbecher, Vorsitzender des Ausschusses Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung der Stadt Wien.

Neue Gründerzeit
Über die sich zuspitzende Wohnsituation in Zürich berichtete Andreas Wirz, Vorstand Wohnbaugenossenschaften Schweiz. Die demografische Entwicklung mit einer immer älter werdenden Gesellschaft, schrumpfende Haushaltsgrößen mit einem rasanten Anstieg der Ein- und Zwei-Personen-Haushalte, sowie der generell gestiegene Wohnflächenbedarf führen dazu, dass Wohnraum immer knapper und teurer wird. Kein Wunder, dass der genossenschaftliche, nicht auf Gewinnmaximierung ausgerichtete Wohnbau in Zürich zunehmend an Bedeutung gewinnt. Bis zum Jahr 2050 soll der Anteil der Mietwohnungen mit nur kostendeckenden Mieten auf 30 Prozent angehoben werden. Gleichzeitig steht aber kaum noch freies Bauland zur Verfügung und so ist es nicht überraschend, dass der Ruf nach Ersatzneubauten immer lauter wird. Matthias Heinz, Architekt und Mitbegründer von pool Architekten, spricht in diesem Zusammenhang sogar von einer neuen Gründerzeit: „Nach eineinhalb Jahrzehnten, in denen kaum Neues in Zürich gebaut wurde, erleben wir im Moment eine starke Bautätigkeit. Es gibt einen regelrechten Run auf günstige Wohnungen und die potentiellen Mieter bewerben sich mit Lebenslauf, Einkommens- und Vermögensnachweisen, um eine Wohnung zu bekommen. Die Stadt als Lebensmittelpunkt hat wieder an Attraktivität gewonnen.“

Kommerzialiserter Wohnbau
Anders als in Zürich, wo der gemeinnützige Wohnungsbau gefördert werden soll, präsentiert sich der britische Wohnungsmarkt. „In London sind die Stadtproduktion und der Wohnungsmarkt seit jeher kommerzialisiert. Architektur wird nicht als soziale Verantwortung verstanden, Häuser sind hier ein Handelsgut wie jedes andere.“, berichtet Maren Harnack, Architektin, Stadtplanerin und Professorin für Städtebau und Städtebauliches Entwerfen an der Fachhochschule in Frankfurt am Main. Als gravierendes Problem in der britischen Wohnbauproduktion ortet sie das Fehlen jedweder Tradition im Geschoßwohnbau, was in einem Mangel an Qualitätskultur resultiert. „Der soziale Wohnungsbau wurde als Gegenmodell zu den klassischen Stadt- oder Reihenhäusern verstanden. Einen regelrechten Boom gab es auch hier nach dem Zweiten Weltkrieg. Ziel des sozialen Wohnbaus war, als Vorbild zu wirken.“, so Maren Harnack. Unter Margaret Thatcher fand die gemeinnützige Wohnbautätigkeit ein jähes Ende. Thatcher wollte damit den privaten Sektor ankurbeln, der die entstehende Lücke füllen sollte. „Dieser hatte aber keinerlei Erfahrung im sozialen Wohnbau, wodurch der gewünschte Effekt vollständig ausblieb.“, resümiert sie: „Heute sind die  Wohnungen aus der Zeit des Nachkriegsbaubooms gefragter denn je“.

Transformieren statt demolieren
Um den Erhalt der Architektur der Nachkriegsmoderne geht es auch dem französischen Architekten Frédéric Druot. „Weniger investieren um mehr zu erreichen.“, lautet sein Plädoyer für die Transformation als Alternative zum Abriss. „Man muss der Dummheit einen Riegel vorschieben, denn ein Abriss kann sich im Vergleich mit einer intelligenten Sanierung niemals rechnen. Und letztendlich geht es auch darum, Zeitgeschichte zu erhalten.“, ist der Franzose überzeugt. Damit ist er ganz auf der Linie seiner deutschen Kollegin Eva Maria Lang, Architektin und Mitbegründerin des Architekturbüros Knerer und Lang, das unter anderem für die Sanierung des Studentenhochhauses im Münchner Olympischen Dorf, oder die Revitalisierung der Nachkriegs-Plattenbauten in der Dresdner Hauptstraße verantwortlich zeichnet. „Der Umgang mit dem architektonischen Erbe der Nachkriegszeit erfordert Sensibilität und Selbstbewusstsein.“, lautet ihr planerischer Zugang.    

www.wohnbaubiennale.at

Bitte beachten Sie auch diese Saint Gobain-postings:

www.oepb.at/?s=saint+gobain&x=0&y=0


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