Prof. Dr. Ursula Köller, MPH, Vorsitzende der Arbeitsgruppe „Impfen“ der Bioethikkommission des Bundeskanzleramtes. Foto: privat
Prof. Dr. Ursula Köller, MPH, Vorsitzende derArbeitsgruppe „Impfen“ der Bioethikkommission des Bundeskanzleramtes. Foto: privat

In Österreich gibt es nach wie vor keine Impfpflicht für das Gesundheitspersonal. Aber eine dringende Empfehlung – auch und besonders für die Influenza-Impfung. Und das hat seine Gründe: Menschen in Gesundheitsberufen stecken sich berufsbedingt leichter an als die Durchschnittsbevölkerung. Außerdem besteht das Risiko, dass sie das Virus an besonders gefährdete Patientengruppen wie chronisch Kranke oder Immunsupprimierte übertragen und diese schwer erkranken. Daher sollten sich alle Personen, die in irgendeiner Form mit Patienten zu tun haben, spätestens jetzt impfen lassen, raten dazu die Experten.

Health Care Worker stecken sich häufiger an
Influenza-Ausbrüche in Langzeitpflegeeinrichtungen sind häufig, auch in Akutspitälern kommen sie immer wieder vor. Dass Patienten die sogenannten Health Care Workers (HCW) anstecken und umgekehrt ist höchstwahrscheinlich, da Influenza am ehesten bei engem persönlichen Kontakt – wie zwischen Arzt beziehungsweise Pflegepersonal und Patient – übertragen wird. Studien zeigen, dass sich Personen in Gesundheitsberufen häufiger mit dem Influenza-Virus infizieren als Personen, die in anderen Branchen arbeiten. Laut WHO stecken sich fünf bis zehn Prozent der Erwachsenen pro Jahr mit dem Influenza-Virus an, bei Personen im Gesundheitsbereich geht man von 11 bis 59 Prozent aus. Sie haben somit ein ähnliches Ansteckungsrisiko wie Erwachsene in Haushalten mit Kindern.

Krankheit bricht nicht immer aus – Ansteckung anderer trotzdem möglich
Im Regelfall verspürt ein Erkrankter die ersten Symptome etwa ein bis vier Tage nach der Ansteckung. Die meisten gesunden Erwachsenen können das Virus aber bereits einen Tag bevor sie selbst unter Symptomen leiden übertragen. Die Ansteckungsgefahr bleibt dann für weitere fünf bis sieben Tage aufrecht. Das heißt also, dass man jemanden bereits dann infizieren kann, wenn man selbst die Erkrankung noch nicht bemerkt. „Noch dazu arbeiten viele Kollegen sogar noch, wenn die Krankheit bereits ausgebrochen ist!“, erzählt Prof. Dr. Ursula Köller, MPH, Vorsitzende der Arbeitsgruppe „Impfen“ der Bioethikkommission des Bundeskanzleramtes. „Damit tun sie aber weder sich noch ihren Patienten etwas Gutes.“ Besonders gefährlich ist, dass etwa ein Drittel der Erkrankungen beim Gesundheitspersonal überhaupt symptomlos verläuft.

Impfen schützt Personal und Patienten
In mehreren Studien konnte bereits nachgewiesen werden, dass es einen Zusammenhang zwischen der Durchimpfungsrate in medizinischen Einrichtungen und den Erkrankungsraten von Mitarbeitern und Patienten gibt. Das gilt ebenso für Hospitalisierungsraten und Todesfälle aufgrund von Influenza. Nicht zu vernachlässigen ist auch, dass erkranktes Personal zu Engpässen in der Versorgung von Patienten und zu erhöhten Kosten für das Gesundheitssystem führen kann. „In einer schweren Influenza-Saison haben Ärzte und Pflegepersonal auch in Spitälern ohnehin schon eine Herausforderung damit, die vielen Patienten adäquat versorgen zu können. Wenn dann noch ein Teil des Personals fehlt, weil es selbst krank ist, macht das die Situation noch wesentlich dramatischer“, erläutert Infektiologin Ursula Köller. Und die fährt fort: „Flächendeckende Impfungen bei Ärzten und Pflegepersonal sind mit Abstand die beste Lösung. Das führt zu einem Rückgang der Erkrankungsfälle bei Personal und Patienten und im Fall von Erkrankungen zu einer geringeren Komplikationsrate.“

Leichter Zugang und Impfverpflichtung durch Dienstgeber empfohlen
Seit 2012 gibt es zusätzlich zum Österreichischen Impfplan eigene Impfempfehlungen nur für das Gesundheitspersonal. Diese richten sich vor allem an die Beschäftigten in Spitälern, Instituten und Labors, aber auch an Mitarbeiter medizinischer Universitäten sowie deren Studenten und den gesamten niedergelassenen Gesundheitsbereich. Und darin wird ganz klar eine Empfehlung für die Influenza-Impfung ausgesprochen. „Leider reichen diese Empfehlungen nicht aus.“, sagt Köller. „Auch wenn es keine konkreten österreichischen Zahlen gibt, gehen wir davon aus, dass sich nach wie vor nur ein Bruchteil des Gesundheitspersonals impfen lässt.“ Gründe für die Nicht-Impfung sind unter anderem die Angst vor Nebenwirkungen und die Annahme, dass die Impfung nicht ausreichend wirksam ist. Beides konnte allerdings durch Studien widerlegt werden. Notwendig wäre, die Impfung im Spital während der Dienstzeit anzubieten und eine Impf-Verpflichtung durch den Dienstgeber, so die Experten-Empfehlung.

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