Der Linzer Manfred Payrhuber arbeitete einige Zeit als ORF-Reporter in Wien. Nach einiger Zeit kehrte er jedoch wieder in seine Heimatstadt zurück und hielt dieser zeitlebens die Treue. Foto: Erwin H. Aglas / oepb
Der Linzer Manfred Payrhuber arbeitete einige Zeit als ORF-Reporter in Wien. Er kehrte  jedoch wieder in seine Heimatstadt zurück und hielt dieser zeitlebens die Treue. Foto: Erwin H. Aglas / oepb

Die sanfte und sonore Stimme des sympathischen Oberösterreichers hat für immer ausgeplaudert. Heute früh verstarb der langjährige ORF Sport-Radio- und Fernsehmoderator Manfred Payrhuber 77-jährig in Linz. Mit seinem Ableben geht ein weiterer Zeitzeuge einer epochalen Entwicklung verloren, die gerade in dem Metier „Rundfunk & TV“ in den 1960er und 1970er Jahren einen kometenhaften Aufstieg erlebt hatte.

Seine Beziehung zum Sport begann für ihn sehr früh. „Für mich ist Sport eine Berufung. Sport-Reporter zu sein ist mein Hobby. Man muss diese Arbeit gerne machen, sonst würde man die vielen Wochenenden, die man der Arbeit widmet, nicht verkraften.“, so Manfred Payrhuber anhand eines oepb-Interviews im Jahre 1983. Und er erzählte sehr lebhaft weiter, wie das alles bei ihm angefangen hatte:

Mein damaliger Freund Roland Staudinger, der später Unterhaltungschef bei Radio Tirol war, ermunterte mich, beim Zuhören von Fußballübertragungen auf ein Tonband eine Reportage zu sprechen. Das war 1958 und ich war 18 Jahre jung. Dieses Tonband sandte ich ein und bald flatterte eine Einladung vom ORF ins Haus, gezeichnet von Adalbert Traska, er, der Jung-Spund, möge sich beim Sportchef, Ing. Hermann Nußbaumer melden. Das tat ich und kurze Zeit später wurde ich zu einem Fußballspiel beordert. Eine Linzer Auswahl kickte gegen ein Team aus Hainburg. Nußbaumer stellte mich mit einem Mikro in der Hand auf einen Hügel und ließ mich allein. Ich konnte also gar nicht anders, als einfach darauf los zu sprechen. Moderieren möchte ich das nicht nennen – ich schilderte einfach, was ich am Rasen sah. Nach 20 Minuten kam der Sportchef zurück und meinte, dass ich Talent hätte. Und, dass ich fließend und ohne zu stottern sprechen könnte. Einige Zeit später durfte ich bereits meine erste Reportage machen. Die Feuertaufe bestand ich also.“

Diese Reportagen waren für ihn eine große Auszeichnung. Drei bis vier davon pro Jahr durfte er gestalten. Und er gefiel – immer wieder – auch über die oberösterreichischen Landesgrenzen hinaus. Manfred Payrhuber war darob demnach hoch erfreut, als ihn der Wiener Sportchef Ing. Edi Finger sen. anrief und fragte, ob er denn nicht zur Fußball-Weltmeisterschaft nach England mitkommen möchte. Das war 1966. Natürlich wollte er das.

„Es war damals die große Zeit der Ringschaltungen. Vier Spiele auf einmal, wobei die Ausschnitte mit den Toren aneinander gekoppelt wurden.“, so Payrhuber 1983 in seinen Erinnerungen an seine Anfangszeit.

Manfred Payrhuber (Bildmitte) mit dem damaligen Chef der ORF-TV-Sportredaktion Thaddäus "Teddy" Podgorski. Foto: Erwin H. Aglas / oepb
Manfred Payrhuber (Bildmitte) Mitte der 1970er Jahre im Linzer Stadion mit dem damaligen Chef der ORF-TV-Sportredaktion Thaddäus “Teddy” Podgorski. Foto: Erwin H. Aglas / oepb

Manfred Payrhuber kommentierte gut. Er kam – wie man heute sagen würde – „gut rüber“, er war eben „in“. Und trotz dieser Erfolge war er immer noch freier Mitarbeiter beim ORF und verdiente seine Brötchen als Kaufmann im Papiergeschäft seines Großvaters am Taubenmarkt in Linz. Später übersiedelte er dann aber doch hauptberuflich zum ORF und besuchte im Laufe der kommenden Jahre über 40 Staaten dieser Welt – um immer und überall ein Mikrophon in die Hand zu nehmen und zu kommentieren. „Aktuell!“ – so das große Zauber- und Schlagwort von Manfred Payrhuber. Er begrenzte seine Kommentare auf das Nötigste. Sein Motto war: „Der Hörer will ja hören, was der Spieler, der Trainer, oder der Funktionär zu sagen hat – dann erst akzeptiert er den Kommentar.“ Im Klartext hieß das: „Das Hörervolk und im besonderen die Sport- und Fußballfans wollen hören, was der LASK– oder SK VÖEST-Präsident für den LASK oder die VÖEST zu sagen haben. Das interessiert. Das ist Radio.“

Aber auch für die „kleinen“ Vereine hatte er stets ein großes Herz. Payrhuber fühlte sich gerade dem Unterhaus verpflichtet. Wann immer es ging, stellte er anhand von Reportagen die Feierabend- und Freizeit-Fußballer vor, berichtete über unterklassige Teams aus jedem Winkel in Oberösterreich.

Im Laufe der Jahre stieg er beruflich mehr und mehr empor. Manfred Payrhuber zählte ab den frühen 1980er Jahren nach Fritz Senger und Ing. Edi Finger sen. zu den großen Sport-Journalisten in Österreich. Diese drei beherrschten damals die ORF-Reportage-Szenerie. Es ging dabei um Fußball, die Ski-Olympiade und schlussendlich um die vielen anderen Sportarten, die eben Olympische Spiele am Programm haben.

Die nach den diversen Spielen und sportlichen Veranstaltungen angesetzten Pressekonferenzen waren ihm zu spät. Er brauchte den Trainer oder den Aktiven unmittelbar nach Beendigung der Sport-Veranstaltung oder dem Schlusspfiff. Er wollte für seine Hörer- und Seherschar den allerersten Eindruck unmittelbar danach – die erste Regung, die erste Emotion – quasi frei Haus übermitteln. Was heutzutage selbstverständlich ist, war es vor 40 Jahren freilich nicht. Unzählige Sperren und Barrieren galt es für die akkreditierten Journalisten zu durchbrechen. Er schaffte bereits damals sämtliche Hürden. Für ihn zählte das unmittelbar nach Spielende „gesprochene“ Wort einfach mehr, als das „geschriebene“ Wort „am Tag danach“ in den diversen Gazetten. Das machte für ihn den feinen Unterschied zwischen den elektronischen Medien und Print-Medien aus.

Manfred Payrhuber hatte sein Hobby zum Beruf gemacht. Im Metier des Sport-Moderators fand er seine absolute Erfüllung. Allzu große Nervosität war ihm fremd. Eher ein gewisses Kribbeln in der Magengegend machte sich breit, wenn er vor großen Live-Reportagen, wie jene eines 90 Minuten Fußballspieles stand. Da wusste er, es dürfe ihm kein Fehler unterlaufen. Und für solche Fälle hat jeder Top-Moderator seine eigene Vorbereitungszeit. Der einstige Presse-Journalist und spätere ORF-Sportkommentator Gerhard Zimmer beispielsweise sperrte sich vor Fußball-Live-Reportagen gerne in seinem Hotelzimmer ein, studierte akribisch den jeweiligen Gegner und ließ dieses angesammelte „Wissens-Studium“ dann seinem staunenden Zuseher-Publikum zuteil werden. Bei Manfred Payrhuber war es ähnlich. Er überprüfte vor Übertragungsbeginn stets sorgfältig seine elektronischen Geräte und sämtliche Mikrophone auf ihre Tauglichkeit. Er wusste, dass er von nun an 90 Minuten und länger in einem „stillen Kämmerlein“ alleine sitzen würde und für ein Millionenpublikum zu sprechen hatte. In jenen endlos langen Minuten, bis hin zum endgültigen Übertragungs-Beginn, machte sich dann sehr wohl Nervosität breit. Er verglich diese Nervosität mit jener Anspannung, die Schauspieler erfahren, bevor sie die Bühne betreten. Sobald sich der Vorhang allerdings hebt, in seinem Fall das Licht zum Sprechen hell aufleuchtet, ist alles wie weggeblasen und er, der Sport-Moderator aus Leidenschaft live auf Sendung. Dann kann ihn nichts mehr halten.

Die Kicker von LASK und VÖEST lagen ihm immer am Herzen. Und wenn es sportlich nicht so lief, wie beispielsweise im Herbst 1980, lud Manfred Payrhuber die Fußballer kurzerhand zu einem Videoabend ins Landesstudio OÖ ein. Faksimile: OÖ-Nachrichten / Oktober 1980
Die Kicker von LASK und VÖEST lagen ihm immer am Herzen. Und wenn es sportlich nicht so lief, wie beispielsweise im Herbst 1980, lud Manfred Payrhuber die Fußballer kurzerhand zu einem Videoabend ins Landesstudio OÖ ein. Faksimile: OÖ-Nachrichten / Oktober 1980

Interessant waren auch seine Ausführungen darüber, wie der ORF für die samstägige Sendung „fußball“, die ab 18.25 Uhr ausgestrahlt wurde, agierte. Die Spiele der damaligen 1. Division waren ab 17.45 Uhr – wenn der Schiedsrichter pünktlich abpfiff – beendet. Von nun an hieß es sich zu sputen, denn die Zeit bis zum Sendungsbeginn war knapp. Während VÖEST oder LASK noch im Linzer Stadion auf der Gugl kickten, saß er bereits im Fernseh-Studio und während er mit einem der Techniker die vom Übertragungswagen überspielte erste Spielhälfte rasch zur Sendung montierte, beobachtete er mit dem zweiten Auge die Geschehnisse der zweiten Spielhälfte und programmierte dazu in seinem Gedächtnis den Spielverlauf. Der Schlußpfiff auf der Gugl ertönte und die Wiener Sportredaktion gab ihm vor, wie viele Minuten die Sendung aus dem Linzer Stadion laufen darf. Wieder setzt die Stopp-Uhr ein und mit der scharfen Elektronik-Präzision konkuriert nunmehr der hoch konzentrierte Moderatoren-Verstand, der ohnehin die besten Bilder aus dem gesamten Spielverlauf im Kopf hat. Payrhuber ließ die Tor-Parade auf Zeitlupe überleiten und spricht dazu seinen Kommentar: „Nach diesem Angriff nun ein Eckball für den SK VÖEST, der 8. im Spiel. Die Nummer 4, VÖEST-Kapitän Manfred Schill, wird ihn treten. Hier sehen Sie Teamtorhüter Klaus Lindenberger im Gehäuse des LASK in Erwartung der Dinge!“

Apropos LASK. Den Linzer Athletikern gehörte seine ganze Zuneigung. Er knüpfte diese Leidenschaft an jene frühe 1960er Jahre, als es mit dem LASK in der Bundesliga steil bergauf ging. Jene Zeit, als die Linzer Schwarz-Weißen gegen den Wiener Sport-Club über 33.000 Zuschauer im Linzer Stadion aufweisen konnten – 31. März 1962, Endstand 3 : 3 – war auch jener Moment, der ihn mit dem LASK-Virus infizierte. Dies Liebe ging dann soweit, dass der an sich als neutraler Beobachter geltende Sport-Moderator nach der Jahrtausendwende Stadionsprecher beim LASK wurde.

Manfred Payrhuber (ganz rechts, weißer Pullover) im März 1990 im VIP-Club des SK VÖEST im Linzer Stadion. Ganz links: OÖ-Nachrichten Sportchef Hubert Potyka. Foto: Erwin H. Aglas / oepb
Manfred Payrhuber (ganz rechts, weißer Pullover) im März 1990 im VIP-Club des SK VÖEST im Linzer Stadion. Ganz links: OÖ-Nachrichten Sportchef Hubert Potyka. Foto: Erwin H. Aglas / oepb

Doch zurück zu den Übertragungs-Vorbereitungen für die Samstag-Sendung „fußball“. Nachdem der Eckball von Manfred Schill nicht das Gewünschte erreicht hatte und Klaus Lindenberger den Ball wieder ins Feld zurück warf ging die Moderation weiter. „Es folgen nun rollende Angriffe des SK VÖEST. Der LASK ist komplett in seiner eigenen Spielhälfte eingeschnürt und kann sich kaum noch befreien.“ Und nach Beendigung des 10minütigen Beitrages posaunte Manfred Payrhuber: „In jedem Fall kein Überraschungssieg. Der SK VÖEST schlägt den LASK mit 2 : 0.“

Radio Linz lieferte Bild via Rundfunk, transportierte den Kommentar mit und in ganz Österreich – und auch jenseits der Staatsgrenzen – freuten oder ärgerten sich die Sportfreude über das Spiel im Linzer Stadion, bei dem knapp 30 Minuten zuvor der Schlusspfiff ertönt war. Hier gewann die ansich harte Radioarbeit selbst sportliche Dimension und eine gezähmte Technik belieferte Millionen Zuseher mit dem Produkt einer journalistischen Leistung.

Man wollte Payrhuber nach Wien holen. Doch der überzeugte Linzer blieb seiner Heimatstadt stets treu und ergeben. Und seinem Sport-Ressort in persönlicher Zuneigung stets wohlwollend verbunden. „Es würde mir etwas fehlen, wenn ich diesen täglichen Stress nicht mehr hätte …“ versicherte Manfred Payrhuber 1983 abschließend in dem oepb-Interview. Und er meinte es auch so.

50 A-Länderspiele, 7 Fußball-Weltmeisterschaften und 12 Olympische Spiele bleiben auf seinem Steckbrief haften. Und in gewisser Weise auch der legendäre Ausspruch „I wer narrisch!“. Manfred Payrhuber kommentierte am 14. Juni 1978 in Cordoba Österreichs 1 : 5-Debakel gegen die vom Wiener Ernst Happel betreuten Holländer im Rahmen der Fußball-Weltmeisterschaft in Argentinien. Payrhuber war über das Dargebotene der rot-weiß-roten Auswahl dermaßen enttäuscht, dass er sich weigerte, weitere ÖFB-Länderspiele in Südamerika zu kommentieren. Daraufhin flog Edi Finger sen. samt Sohn nach Cordoba und erlebete dort Österreichs 3 : 2-Triumph über Deutschland kommentierend mit.

Payrhuber verhalf somit unbewusst Edi Finger zu seinem Legendenstatus.

Anbei hören Sie ein Radio OÖ / Manfred Payrhuber-Interview mit Ferdinand Milanovich, dem Trainer des SK VÖEST Linz vom Juni 1985;

 

 

www.oefb.at

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