Zuckerwatte, Ringelspiel – alles dreht sich im Gewühl, verklebter Magen, Riesenrad, flirten, küssen, an der Donau oder im Bierzelt sitzen, auf den Bänken zur Musik tanzen, Autodrom, Wickel mit dem fußballerischen Stadt-Rivalen (das Derby VÖEST versus LASK unter den Fans wurde am Markt in den 1970er bis 1990er Jahren beinahe täglich ausgetragen) der erste Rausch … wäre eine oberösterreichische Jugend hierzulande überhaupt denkbar gewesen, ohne „Urfix“, wie der Urfahraner Markt liebevoll auch genannt wird?
Zur Geschichte:
Der Urfahraner Markt gilt als der älteste Jahrmarkt in Österreich und als eben dieser begeht er 2017 sein 200jähriges Bestehen. Zweimal im Jahr – jeweils 9 Tage im Frühjahr rund um den 1. Mai und 9 Tage im Herbst – weicht der Parkplatz an der Urfahraner Donaulände in Linz dem großen Budenzauber, mit Waren aller Art, Speis und Trank, Großfeuerwerken und Hutschenschleuderern – die heute nüchtern Fahrgeschäfte genannt werden.
Kaiser Franz I. erteilte Urfahr 1817 – das damals noch eigenständig war, die Eingemeindung an Linz erfolgte 1919 – das Privileg, einen Frühjahrs- und einen Herbstmarkt abzuhalten. Bereits sehr bald nach diesem Erlass gelangte der Markt zu seiner ersten Blüte. Wanderhändler riefen ihre hauptsächlich aus Stoff und Geschirr bestehende Ware aus, aber auch Quacksalber boten ihre Wundertinkturen und fragwürdige Dienste feil.
Mit dem Ausbruch des „Großen Krieges“ – später als Erster Weltkrieg bekannt – im Jahre 1914 kam die Krise. Einerseits wurden die Waren knapp, andererseits nahmen Bierhütten und andere Volksbelustigungen dermaßen überhand, dass man dem Traditionsmarkt unterstellte, einen „ungünstigen moralischen Einfluss“ auf die Jugend zu nehmen. Der Markt stand vor dem Aus und die Eingemeindung Urfahrs zu Linz bedeutete das vorläufige Ende.
Die Tradition erwies sich jedoch als stärker und bereits 1923 fand wieder ein Jahrmarkt statt. Es war die große Zeit der Schausteller und deren Damen. Neben seltenen und exotischen Tieren führte man auch – ähnlich dem Prater in Wien – Menschen von außergewöhnlicher Gestalt vor: Zwerge, Riesen, Kolossaldamen …
Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 erfolgte erneut der Einbruch. Erst gegen Ende der Besatzungszeit im Jahre 1955 kam es mit der Errichtung der Messehalle zu einem neuen, wichtigen Impuls. Heute ist der Urfahraner Markt der größte und älteste Jahrmarkt Österreichs.
Zur Ausstellung im Linzer NORDICO:
In sechs Räumen des NORDICO Stadtmuseum Linz wird die Geschichte von den Anfängen des Urfahraner Marktes bis in die Gegenwart beleuchtet. Die Ausstellung ist in der Gestaltung und Dramaturgie lustvoll, bunt und vielfältig – wie eben der Urfahraner Markt selbst ist. Sie spiegelt dessen Geschichte, die ökonomischen und sozialen Veränderungen und seine Bedeutung für Generationen von Besucherinnen und Besuchern wider.
Jahrmarktstimmung im Stadtmuseum wird durch die außergewöhnliche Ausstellungsarchitektur von ANY:TIME Architekten hervorgerufen. Am Frühjahrsmarkt 2017 wird das NORDICO mit einem Stand vor Ort sein. Gregor Graf und Clemens Bauder adaptieren und bespielen die Schaubude des Rebel Club neu.
Was: Ausstellung URFAHRANER MARKT / 200 Jahre Linzer Lustbarkeiten
Wann: noch bis einschließlich 21. Mai 2017
Wo: NORDICO Stadtmuseum Linz, Dametzstraße 23, 4020 Linz