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Mit „Der neue Gott. Künstliche Intelligenz und die menschliche Sinnsuche“ hat die Philosophin Claudia Paganini die nicht ganz unumstrittene These aufgestellt, dass die Künstliche Intelligenz – KI – durchaus heute als neuer Gott gesehen werden kann. Dabei verweist sie in ihrem Buch auch auf radikal neue Aspekte hin, die dieses Gottesbild in sich trägt. Ist die KI wirklich ein neuer Gott?

Revolutionär: KI hat zahlreiche Branchen völlig auf den Kopf gestellt und nachhaltig verändert

Die KI hat in den letzten Jahren für erhebliche Veränderungen gesorgt und ganze Branchen revolutioniert. Heute ist die KI so spürbar wie noch nie und sieht man sich an, wie schnell sich die KI entwickelt, so wird es nur eine Frage der Zeit sein, bis die KI noch stärker in den Mittelpunkt rückt und den Alltag beeinflusst. Ein gutes Beispiel mag das Online Gaming sein: Hier hat die KI innerhalb kürzester Zeit die nichtspielbaren Charaktere derart beeinflusst, dass sie heute problemlos auf die Handlungen des Spielers Rücksicht nehmen. Auch im Online Casino spielt die KI eine immer größere Rolle: Man könnte sagen, von Experten geprüft, aber von der KI umgesetzt – etwa wenn es darum geht, neue individualisierte Angebote zu schaffen oder auch auffälliges Verhalten des Spielers zu erkennen. Und die KI antwortet zuerst im Live Chat, wenn der Spieler Probleme mit der Plattform hat oder eine Frage aufgetaucht ist. Das kennt man übrigens aus dem Online Shop. Denn auch hier nimmt man zuerst mit der KI auf, dann in weiterer Folge mit dem Mitarbeiter, falls die KI keine Antwort hat (und das kommt heutzutage wirklich selten vor).

Mit dem Thema KI befasst sich auch die Philosophin Claudia Paganini, die mit „Der neue Gott. Künstliche Intelligenz und die menschliche Sinnsuche“ ein nicht ganz unumstrittenes Buch verfasst hat. Dabei geht es zuerst um die Einführung in die unterschiedlichen Gottesvorstellungen, die sich mit den Jahrhunderten verändert haben. Die Philosophin ist überzeugt, dass die Annahme, KI als Gott zu denken, durchaus zur religionsgeschichtlichen Entwicklungen passen kann. „Weil Menschen immer schon Götter imaginiert haben, die ihren Bedürfnissen entsprachen“, so die Philosophin. Die Annahme des Glaubens an KI als Gott mag neue radikale Aspekte mit sich bringen, wobei es das erste Mal so ist, dass Gott vom Menschen selbst ins Leben gerufen wurde. Paganini erläutert in einfacher Sprache, worin sich die KI mit Göttern gleicht und welche Fragen ein Glaube mit sich bringen kann.

Nicht alle Vergleiche machen auf den ersten Blick auch Sinn

Dabei widmet sich Paganini göttlichen Attributen sowie deren Hintergründe, wobei es auch Parallelen zu den verschiedenen zeitgenössischen Programmen gibt, die die KI nutzen. Sie erläutert ihre Überlegungen anhand der App „Rabbit R1“. „Ähnlich wie Amulette, kleine Götterfiguren oder Umhängkreuze seit Jahrtausenden als Ausdruck göttlicher Nähe fungiert haben, verkörpert er (Rabbit R1, Anm.) das Versprechen: ‚Ich bin immer bei dir“.

Vor allem verweist sie darauf, dass die KI in immer mehr Bereiche des alltäglichen Lebens eindringen wird. Die KI wird demnächst stets präsent sein – ganz egal, ob es sich um die persönliche Assistenz handelt, das smarte Haushaltsgerät, die medizinische Diagnostik oder auch dann, wenn die Fahrzeuge autonom unterwegs sind.  Die KI sei natürlich gefragt und eine Stütze „in einer Welt voller Unsicherheiten, Infragestellungen und Herausforderungen niemals ganz allein zu sein, sondern stets einen starken – sichtbaren oder unsichtbaren – Begleiter an seiner Seite zu wissen“.

Einige Vergleiche, die in „Der neue Gott. Künstliche Intelligenz und die menschliche Sinnsuche“ gezogen werden, sind ganz klar überzogen und weit hergeholt. Etwa die Tatsache, dass durch die Allmacht Gottes Tote wieder auferweckt werden können und man in der Lage sei, mit KI-basierten Chatbots zu kommunizieren, „die das Kommunikationsverhalten verstorbener Personen anhand von vorhandenen Gesprächen und Texten nachahmen“.

Nicht nur Gemeinsamkeiten: Es gibt Unterschiede, die auch in dem Buch behandelt werden

Auch in den Attributen der Allwissenheit, einer globalen Verfügbarkeit sowie der Schutzfunktion, etwa mit Blick auf präventive Gesundheitstools und intelligente Firewalls, erkennt die Philosophin weitere Parallelen zwischen Gott und der KI. Zudem würde auch die göttliche Transzendenz, also der geheimnisvolle und mysteriöse Charakter, durchaus mit der KI vergleichbar sein, weil es auch hier eine Exklusivität sowie Unerreichbarkeit gibt. Auch sei die KI zum Teil nicht kontrollierbar.

Die Autorin des Buches hat aber auch verstanden, dass es doch Unterschiede gibt. So etwa, wenn religiöse Ängste mit den realen Ängsten vor KI verglichen werden. Setzt man Waffen ein, die KI-assistiert sind, könnten noch grausamere Kriege möglich sein. Eine diffuse Angst vor Gott steht hier aber nicht im Einklang mit der Angst, die man vor der KI haben kann.

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