Der Österreichische Radio- und Kultursender Ö1 würdigte im Oktober 2018 den berühmten Komponisten Franz Lehár (* 30. April 1870, † 24. Oktober 1948) anlässlich dessen 70. Todestages in zahlreichen Sendungen. Auf Fritz Löhner-Beda (24. Juni 1883, † 4. Dezember 1942) wurde dabei – einmal mehr – völlig vergessen. Ein Grund mehr also unsererseits, an den heute beinahe gänzlich unbekannten Schriftsteller und Librettisten Fritz Löhner-Beda zu erinnern – aus Anlas seines heutigen 80. Todestages;

Fritz Löhner war einer der Stars des deutschsprachigen Entertainments der 1920er und 1930er Jahre. Als Librettist von Franz Lehár und Paul Abraham schrieb er Operettenklassiker, unter anderem „Das Land des Lächelns“, „Giuditta“, „Viktoria und ihr Husar“ sowie „Die Blume von Hawaii“. Als Schlagertexter schuf er mit Songs wie „Ausgerechnet Bananen“, „Was machst du mit dem Knie, lieber Hans“ oder „Ich hab mein Herz in Heidelberg verloren“ Gassenhauer und Evergreens; als Satiriker unterzog er in zahllosen Beiträgen für renommierte Zeitschriften wie dem „Simplicissimus“ und dem „Götz von Berlichingen“, sowie in vielen Kabarettexten Zeiterscheinungen einer kritischen, aber stets überaus publikumswirksamen Analyse. In vielen seiner Texte setzte sich Löhner mit den politischen Entwicklungen seiner Zeit auseinander. Sehr klar vertrat er dabei den Standpunkt eines bewussten Juden und engagierten Demokraten.

Was Löhner jedoch nicht richtig einschätzte, war die Gefahr des aufkeimenden Nationalsozialismus. 1938 wurde er von den Nazis verhaftet und nach Buchenwald verschleppt. Dort dichtete er das „Buchenwaldlied“, zu dem Hermann Leopoldi  die Musik schrieb. 1942 wurde Fritz Löhner-Beda im KZ Auschwitz von den Nazis auf bestialische Art und Weise ermordet.

Nicht nur für frühere Weggefährten, wie etwa Franz Lehár, schien er damit vergessen zu sein. Auch die Nachwelt vergaß den Namen jenes Mannes, dessen Werke jedoch stets als wesentlicher Teil der deutschsprachigen Kultur präsent geblieben sind.

Fritz Löhner, Anfang der 1930er Jahre. Bildquelle: Kein Land des Lächelns / Scan oepb

Dieses Buch soll und will an ihn erinnern!

Löhner, der seine Texte häufig unter dem Pseudonym Beda publizierte, war einer der frühesten Exponenten der modernen Unterhaltungsindustrie. Er hatte ein untrügliches Gespür für neue Trends und arbeitete diese in seine Texte ein. Vor allem aber machte er sich neue Medien wie Film und Radio zunutze.

Das oepb meint dazu:

Fritz Löhner-wer? Nie gehört! Nie gehört? Aber Moment mal … dann liest man ein paar Zeilen weiter und denkt bei sich, wie oft man von diesem Mann sehr wohl schon etwas gehört hat. Und dann wundert man sich. Das ist der? Ja, der ist – oder vielmehr war – das!

Fritz Löhner-Beda hat zahlreiche Liedertexte geschrieben. Manche als Löhner, manche als Beda, manche unter Pseudonym. Viele seiner Lieder sind ihm später weggenommen – um nicht zu sagen „geraubt“ – worden. Denn Fritz Löhner-Beda war Jude. Er hieß eigentlich Fritz Löwy. Ein Buch, das einen vielseitigen Künstler in die Erinnerung zurück ruft, dessen Werk, oder zumindest Teile dessen Werkes, heute wohl ein jeder noch kennt, vor allem dank des Palastorchesters mit seinem Sänger Max Raabe, der nimmermüde in seinen Konzerten auch den Namen des Dichters des Librettos besagten Liedes nennt: Fritz Löhner-Beda.

Geboren wurde er am 24. Juni 1883 in Wildenschwert in Böhmen. Aus dem tschechischen Wort für seinen Vornamen Fritz, aus Bedrich, machte er Beda: Fritz Löhner-Beda. Das klang gut arisch und war einer Karriere förderlicher als Fritz Löwy. In Wien wollte er eigentlich Jura studieren. Aber mehr Spaß machten ihm die Boheme, das Flirten, die Musik, das Kabarett, die Operetten. Er schrieb selbst eine: „Der Sterngucker“, die Musik dazu komponierte ein Mann, der damals schon weltberühmt war, der Ungar Franz Léhar. Mitten im Ersten Weltkrieg kam die Operette am Theater in der Josefstadt heraus. Sie war nur ein mäßiger Erfolg.

In diesem hier vorliegenden Buch wird Leben und Wirken dieses großartigen und leider völlig in Vergessenheit geratenen Künstlers inklusive seines tragischen Endes beschrieben. Besonders beeindruckend ist die Illustration des Buches durch Texte von Beda. Auch Notenblätter einiger berühmter Libretti sind im Buch abgedruckt und bieten so einen Einblick ins Werk dieses Künstlers, dem es in eindrucksvoller Art und Weise gelang, den richtigen Reim in der richtigen Situation zu finden …

Dieses Buch bereitet durch die Vielfalt der Darstellung des Werkes ebenso viel Freude, wie die Werke von Fritz Löhner-Beda, Lieder zu denen er die Libretti schrieb. Anbei ein kleiner Auszug:

Fritz Löhner-Beda war als Gründungsmitglied beim ruhmreichen Aufstieg des SC Hakoah Wien von Anfang an dabei. Bildquelle: Kein Land des Lächelns / Scan oepb

Dein ist mein ganzes Herz;
Oh Donna Clara;
Ausgerechnet Bananen;
Was machst Du mit dem Knie lieber Hans;
Wo sind Deine Haare August?
Schlaf’ ein mein Blond Engelein;
Benjamin ich hab’ nichts anzuziehn …

Einfach bewegend … und dennoch bewegend einfach … und das ist gut so.

Was heute auch kaum jemand mehr weiß – Fritz Löhner-Beda war Mitbegründer von Hakoah Wien. Der um sich schlagende Antisemitismus um die Jahrhundertwende führte auch dazu, dass Juden die Mitgliedschaft zu zahlreichen Sportvereinen verwehrt wurde. Folglich reagierte man darauf. Am 25. Juni 1909 wurde in den Medien ein Aufruf zur Gründung eines jüdischen Sportvereins gestartet. Unter acht Proponenten war auch Fritz Löhner-Beda. Laut Satzungsbeschluss sollte der Verein den Namen „Hakoah“ (stammt aus dem hebräischen und bedeutet „KRAFT“) tragen. Die Hakoah war zu Beginn – später kamen noch zahlreiche andere Sektionen, unter anderem Schwimmen hinzu – ausschließlich ein Fußballverein.

Den Zenit erreichte dieses Team in der Spielzeit 1924/25 – Hakoah war am Beginn des Einzug haltenden Profitums in Österreich Fußballmeister geworden. „Nicht die Schlacht bei Pavia – Hakoah schlug die Slavia (Prag)!“ – so ein Auszug aus einem Gedicht Löhner-Bedas an Hakoah Wien. Apropos Schwimmen – der bekannte österreichische Autor und Schriftsteller Friedrich Torberg gehörte der Schwimmsektion der Wiener Hakoah an.

Zwanzigtausend Menschen brüllen,
Boxen, hüpfen wie die Füllen,
Schwenken Hüte, schwingen Stöcke,
Werfen in die Luft die Röcke,
Schwitzen bis ins Jägerhemde,
Küssen sich, wiewohl sie Fremde,
Brave Onkels, dicke Tanten,
Sind Mänaden und Bacchanten,
Und der Lederhändler Kraus

Zieht sich fast die Hosen aus!

Ward die Menschheit, qualgebettet,
In das ew´ge Glück gerettet?!
Wurde in geweihten Stunden
Ewiger Jugend Born gefunden?!
Ist zum Segen aller Frommen
Der Messias angekommen –
Oder gar nach bitteren Jahren
Stadtrat Breitner abgefahren?!
Hühneraugen – Kukirol -!
Massen-Orgiasmus – Goal!!
Nicht die Schlacht bei Pavia –
Hakoah schlug die Slavia!

Ist die sportliche Betörung
Grund zu gründlicher Empörung?!
Weist der Taumel des Verstandes
Auf den Krach des Abendlandes?
Keineswegs, geliebte Menschen!
Dankbar will den Sport ich benschen (segnen)
Denn es geht ja nicht um Geld –
Bubenjung wird hier die Welt!

Von Ehrenpräsident Fritz Löhner-Beda nach dem 5 : 3-Erfolg seiner Hakoah Wien über Slavia Prag in der Wiener Krieau am 5. April 1925.

Mit der Machtergreifung Adolf Hitlers in Deutschland wurde die „Arisierung der Musik“ betrieben. Doch Löhner-Beda fühlte sich sicher: „Der Hitler mag meine Musik.“ Ein Irrttum. Am 13. März 1938 wurde er festgenommen und in das Gefangenenhaus auf der Elisabethpromenade gebracht, am 1. April im „Prominenten-Transport Nr. 1“ ins KZ Dachau verfrachtet, um im September weiter ins KZ Buchenwald deportiert zu werden.

Dort entstand der schaurig-schöne „Buchenwald-Marsch“, dessen Musik Hermann Leopoldi schrieb. Dort hielt Fritz Löhner-Beda auch die Geburtstagsrede anlässlich des 60. Geburtstages von Fritz Grünbaum im April 1940. Etwa zur selben Zeit feierte Franz Lehár in der Wiener Staatsoper seinen 70. Geburtstag, er dirigierte unter Anwesenheit des Führers „Das Land des Lächelns“ – die Librettisten wurden nicht mehr genannt.

Lehár hatte sich rechtzeitig angepasst, hatte gute Kontakte zu Hitler, aber konnte oder wollte seinen ehemaligen jüdischen Mitarbeitern nicht helfen.

Im Bild von links: Anny und Karl Farkas, Franzi Ressel, Otto Hein, sowie Helene und Fritz Löhner beim Promenieren in Marienbad um 1925. Bildquelle: Kein Land des Lächelns / Scan oepb

Im Sommer 1942 wurde Löhners Gattin Helene, deren Mutter, sowie die beiden Töchter Eva und Liselotte nach Maly Trostinec bei Minsk deportiert und nach der Ankunft im Vernichtungslager am 5. September 1942 unmittelbar darauf ermordet. Im selben Jahr wurde Fritz Löhner-Beda, der vom Verbleib seiner Familie nichts wusste, ins KZ Auschwitz-Monowitz verlegt, wo die IG-Farben ein Werk errichten ließ. Fritz Löhner-Beda arbeitete in Augen der Machthaber zu langsam, man trat ihn daraufhin schlichtweg tot! Offiziell ist er an Altersschwäche am 4. Dezember 1942 verstorben ...

Das Buchenwaldlied

Wenn der Tag erwacht, eh’ die Sonne lacht,
die Kolonnen ziehn zu des Tages Mühn
hinein in den grauenden Morgen.
Und der Wald ist schwarz und der Himmel rot.
Und wir tragen im Brotsack ein Stückchen Brot
und im Herzen, im Herzen die Sorgen.

O Buchenwald, ich kann dich nicht vergessen,
weil du mein Schicksal bist.
Wer dich verließ, der kann es erst ermessen,
wie wundervoll die Freiheit ist!
O Buchenwald, wir jammern nicht und klagen,
und was auch unser Schicksal sei,
wir wollen trotzdem ja zum Leben sagen,
denn einmal kommt der Tag: dann sind wir frei!

Und die Nacht ist heiß und das Mädel fern,
und der Wind singt leis´, und ich hab’ sie so gern,
wenn treu sie, wenn treu sie nur bliebe!
Und die Steine sind hart, aber fest unser Schritt,
und wir tragen die Picken und Spaten mit
und im Herzen, im Herzen die Liebe.

O Buchenwald, ich kann dich nicht vergessen …

Und die Nacht ist so kurz, und der Tag ist so lang,
doch ein Lied erklingt, das die Heimat sang,
wir lassen den Mut uns nicht rauben!
Halte Schritt, Kamerad, und verlier nicht den Mut,
denn wir tragen den Willen zum Leben im Blut
und im Herzen, im Herzen den Glauben!

O Buchenwald …

Viktor Matejka, nach 1945 Kulturstadtrat von Wien – unter anderem auch Auftraggeber für dieses Erinnerungs-Gemälde an das Österreichische Fußball-Wunderteam –  vermerkte später in seiner Autobiografie: „Löhner musste sterben, weil Lehár ihn verdrängte. 1945 schrieb ich diesem, der in die Schweiz übersiedelt war. Er solle von den in der Hitlerzeit einkassierten Millionen freiwillig einen Betrag spenden für Hinterbliebene und Kollegen, die wie Beda im KZ umgekommen waren. Lehár schickte mir 20 Photos mit faksimilierter Unterschrift, ich solle sie verkaufen und den Erlös dafür verwenden … So billig zog sich einer – nicht viel anders als andere – aus der Affaire!“

Das Team der “Giuditta” (von links): Paul Knepler, Jamila Novotna, Franz Lehár, Richard Tauber und Fritz Löhner-Beda. Bildquelle: Kein Land des Lächelns / Scan oepb

Résumé: Ein knapp 60jähriges und schaffensreiches Leben, niedergeschrieben und erzählt auf knapp 200 Buchseiten, illustriert mit zahlreichen Fotos, Dichtungen und Lied-Passagen. Gut zu lesen und überaus traurig zugleich. Ein typisches Schicksal eines großartigen Österreichischen Künstlers, dessen einziges „Verbrechen“ es war, jüdisch zu sein – verleugnet, abgeschoben, deportiert, zu Tode getrampelt und vergessen. Dieses Buch soll das Leben und Wirken und die Erinnerung an Fritz Löhner-Beda ein stetes und ehrenwertes Andenken bewahren. Unbedingt Lesen!

Kein Land des Lächelns / Fritz Löhner-Beda
Eine Erfolgskarriere mit tragischem Ende
Von Barbara Denscher und Helmut Peschina
Format: 130 x 205, Hardcover
220 Seiten inklusive Anhang, gebunden, mit Schutzumschlag
ISBN 9 783701 713028
Erschienen im Residenz-Verlag
www.residenzverlag.com

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“Mit der Straßenbezeichnung Fritz Beda-Löhner setzt Bad Ischl ein Signal und macht auf den Beitrag jüdischer Mitbürger zur Entwicklung unserer Stadt aufmerksam!“, so Bürgermeister Hannes Heide. Die Wahl auf eine Straße, die im Robinsonareal entstehen ist, sei gut getroffen, weil dort junge Familie wohnen sollen und auch der Name Robinson mit dem kulturellen Leben Bad Ischls verbunden ist.

Quelle: Redaktion www.oepb.at

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