Seit dem Peak im ersten Jahr der Pandemie ist die Influenza-Durchimpfungsrate das zweite Mal in Folge gesunken. Das zeigen die neuen Auswertungen des Österreichischen Verbandes der Impfstoffhersteller (ÖVIH). Die Ausgangssituation für den heurigen Herbst ist damit alles andere als optimal. Die bisherigen Anstrengungen, das Impfen einerseits für Ärzt:innen zu attraktivieren und andererseits für Patient:innen zu vereinfachen, haben offensichtlich nicht ausgereicht. Der ÖVIH fordert daher ein Maßnahmenbündel von der öffentlichen Hand, um den negativen Impftrend zu stoppen und das Impfen wieder positiv zu besetzen.
Durchimpfungsraten deutlich gesunken
Die auf Basis der ausgelieferten beziehungsweise retournierten Impfdosen errechnete Influenza-Durchimpfungsrate (bezogen auf die Gesamtbevölkerung) liegt in der aktuellen Saison bei 13,62 Prozent. Damit ist sie um mehr als drei Prozentpunkte niedriger als letzte Saison und um 8,5 Prozentpunkte unter jener von 2020/21. Ein Rückgang zeigt sich sowohl bei den von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellten Impfstoffe (u.a. für das kostenfreie Kinderimpfkonzept oder für Alten- und Pflegeheime) als auch im Privatsektor (öffentliche Apotheken, Betriebe, etc.). Bei den privat zu finanzierenden Impfungen ist er allerdings deutlich höher.
„Wir sehen momentan eine ähnliche Entwicklung wie nach der Schweinegrippe-Pandemie 2009“, stellt ÖVIH-Präsidentin Mag.a Renée Gallo-Daniel fest. „Aufgrund einer anfänglichen Besorgnis steigt die Impfrate zuerst an, sinkt dann aber wieder stark, weil die Gefahr, die von der Krankheit ausgeht, als nicht mehr so relevant eingestuft wird.“ Das sei aber ein Trugschluss, besonders bei der Influenza, betont sie. Das hätte man gerade diesen Winter wieder gesehen, in dem die Influenza nach einer Reduzierung der COVID-19-bedingten Hygienemaßnahmen mit Vehemenz zurückgekommen sei.
Zusätzliches Maßnahmenbündel notwendig
„Es ist daher zu begrüßen, dass die öffentliche Hand für kommenden Herbst ein Influenza-Impfprogramm ins Leben gerufen hat“, erklärt Dr. Christoph Jandl, Generalsekretär des ÖVIH. Auch die Weiterentwicklung des e-Impfpasses und die Möglichkeit, dass jeder Arzt und jede Ärztin jede/n unabhängig von der eigenen Fachimpfung impfen könne, seien wichtige Schritte. „Dennoch sind wir überzeugt, dass zusätzliche Anstrengungen erforderlich sein werden. Dazu gehört natürlich, dass ausreichend Impfstoff vorhanden ist, aber auch, dass es eine Informationskampagne gibt, damit die Menschen wissen, warum sie sich gegen Influenza impfen lassen sollen. Und es muss einen niederschwelligen Zugang zur Impfung geben“, betont er. Hier könne man zum Beispiel darüber nachdenken, neben Impfungen beim Arzt beziehungsweise der Ärztin auch Impfungen in Apotheken zu ermöglichen.
Gefahr der Impfstoffverknappung
Diese Maßnahmen implizieren allerdings, dass es ausreichend Impfstoff gibt. Hier ortet der ÖVIH aber eine weitere Gefahr. ÖVIH-Vizepräsidentin Mag.a Sigrid Haslinger erläutert, warum: „Der überwiegende Teil der für die Saison 2023/24 vorgesehenen Impfdosen dürfte ins öffentliche Impfprogramm fließen. Der verbleibende kleine Teil für den Privatsektor ist damit allerdings für diesen ganz schlecht planbar, was zu einer Verunsicherung sowohl bei den Herstellern als auch beim Großhandel und den Apotheken führen wird. Der Privatsektor wird sich in Anbetracht der sinkenden Durchimpfungsraten daher kaum dem Risiko aussetzen, am Ende Impfstoffe zurückgeben beziehungsweise sogar vernichten zu müssen. Das bedeutet, dass insgesamt zu wenige Impfstoffe zur Verfügung stehen könnten und die Durchimpfungsrate noch weiter sinken wird.“
Impfmüdigkeit vorbeugen
Da die seit der Einführung der COVID-19-Impfstoffe erleichterten Impfmöglichkeiten nun wieder deutlich reduziert wurden und Impfen insgesamt wieder mit mehr Aufwand für die Patient:innen verbunden ist, bestehe außerdem die Gefahr, dass es auch zu einer Impfmüdigkeit bei anderen Impfindikationen komme. Damit verbunden sei auch ein Aufflammen von impfpräventablen Erkrankungen, fürchtet man beim ÖVIH. Auch hier müsse man gegensteuern. Der ÖVIH hat dazu kürzlich einen Aktionsplan veröffentlicht, der aufzeigt, welche Schritte dagegen unternommen werden könnten.
Ebenso fordert der ÖVIH dringende Optimierungen beim öffentlichen Influenza-Impfprogramm, wie ebenfalls bereits im Herbst in einer Stellungnahme dargelegt wurde. „Besonders dringend notwendig ist es, die Impfstoffmengen beziehungsweise die Mengenverteilung zwischen öffentlichem und privatem Sektor zu adaptieren“, betont ÖVIH-Präsidentin Gallo-Daniel. „Als Impfstoffhersteller können wir ausreichend Impfstoff liefern, aber es muss auch dafür gesorgt werden, dass er bei den Patient:innen ankommt.“ Der aktuelle Plan für den Herbst bringe für die Abgabe von Influenza-Impfstoffen über die Apotheken zu viele Unsicherheiten. Die Folgen wären eine Impfstoffknappheit für die kommende Saison und damit verbunden ein weiterer Rückgang der Durchimpfungsrate und eine erhöhte Krankheitslast in der Bevölkerung. Dies müsse unbedingt verhindert werden.
Service
Link zum „Nationalen Aktionsplan Impfen“
Link zur ÖVIH-Stellungnahme zum öffentlichen Influenza-Impfprogramm
Quelle: FINE FACTS Health Communication für den Österreichischen Verband der Impfstoffhersteller
Und noch eine ganze Menge mehr Artikel zum Thema IMPFEN und VORBEUGUNG finden Sie – wie immer – bei uns bitte hier;