Aus dem Dörfchen Mittelberg bei Langenlois kommt eine der sympathischsten Wein-Entdeckungen des Jahres: Johannes Gruber verblüfft mit frischen und fein ziselierten Gewächsen – und mit einer köstlich-originellen Idee der Weinpräsentation.
In der wohlgeordneten Weinstadt hat jedes Gebäude seinen Platz. Das adrette Bauernhaus steht in der Grüner-Veltliner-Gasse und symbolisiert die ehrliche, bodenständige Freude am puren Genuss, wo herzhaftes Obst mit rescher Säure auf den Tisch kommt. Ganz anders duftet es hinter dem Pfarrhaus in der Traminer-Gasse, hier blühen die Rosensträucher und am Fenster steht frisch gebackener Rosinenkuchen. Seriös und sauber geht es schließlich im Rathaus in der Rheinriesling Gasse zu – ein Haus von klassisch fester Bauart, aber durch das Fenster weht der Duft von reifen Marillen herein.
Die Weinstadt
Nicht weniger als 14 solcher Gassen hat sich Johannes Gruber ausgedacht, um die richtige Beschreibung für seine Weine zu finden. Allein schon das Entdecken der Assoziationen ist ein lustvolles Spiel – vom Wirtshaus als Sinnbild für den frischen und so würzigen Gemischten Satz bis zum feinprickelnden Schaumwein, der natürlich im Festsaal ausgeschenkt wird.
Johannes Gruber – der Newcomer aus Mittelberg
Die Idee, sein Weinsortiment als Stadt zu präsentieren, ist bei weitem nicht das einzig Ungewöhnliche an Johannes Gruber. Der junge Winzer stammt aus Mittelberg, also aus einer der unbekannten Nischen in der renommierten Weinregion Kamptal. Tatsächlich sind es nur wenige Kilometer von Langenlois hinauf in das 250-Seelen-Dörfchen, in dem die Zeit stillzustehen scheint. Der Blick reicht weit ins Land hinein, hinter den Häusern erstrecken sich Felder, dazwischen Weingärten, Hühner gackern in den Höfen. Dem jungen Johannes war klar, dass er von den Erträgen des Hofes allein nicht leben kann, als er nach dem Tod des Vaters 2001 das Anwesen übernahm. Trotzdem: „Ich will, ich muss es schaffen, habe ich mir damals gesagt.“, so erinnert sich der 31-Jährige heute. Also besuchte er entsprechende Ausbildungen, verbesserte Jahr um Jahr die Arbeit in den Weingärten und im Keller, immer nebenbei, denn bis heute ist der Betriebswirt hauptberuflich anderswo tätig. Die einzige Unterstützung gibt ihm der 86jährige Großvater, der immer noch am Weingut lebt.
Gelungene Etiketten-Serie: „Die Weinstadt“
Von den 250 Einwohnern Mittelbergs heißen nicht weniger als 40 Gruber. Diesen Namen aufs Etikett zu schreiben, hat wohl wenig Sinn, dachte sich Johannes. Die doppelreihige, unglaublich romantische Kellergasse in seinem Heimatort brachte ihn schließlich auf die Idee, seine Weine nach den Gassen und Häusern einer Stadt zu benennen. Es ist mehr als nur ein Spiel mit Assoziationen. Tatsächlich lassen sich die Weine Johannes Grubers in Analogie zu den Gebäuden am besten verstehen. Die Suche nach passenden Orten half dem Winzer auch, die Philosophie hinter seinen Weinen präziser zu fassen und zu fokussieren. Die zugehörigen Etiketten, gestaltet von der Werbeagentur Jung von Matt haben schon mehrere Designpreise errungen, nämlich Silber bei den U.S. Clio Awards 2014 in der Kategorie Design/Packaging, New York oder die Bronzene Venus 2013 des Creativ Clubs Austria.
Naturnahe Weine
Was verbirgt sich nun aber hinter den Fassaden der Häuser? Johannes Gruber bewirtschaftet Weingärten in den besten Lagen der Region: Am Loiserberg (auf 2,5 Hektar wachsen hier Grüner Veltliner, Riesling, Sauvignon Blanc, Muskateller und Zweigelt), am Mittelberg (hier gedeiht vor allem Grüner Veltliner) und in der renommierten Lage Setz pflegt der Winzer 4 Hektar Grüne Veltliner- und Riesling-Trauben. Die Rebstöcke sind zwischen 20 und 60 Jahren alt und unglaublich vital – vielleicht auch deshalb, weil Gruber den biologischen Weinbau zu seinem Prinzip gemacht hat. „So naturnah wie möglich, das ist der einzige Weg, der in die Zukunft führt.“, meint er überzeugt. Das Ergebnis sind Weine in typischer Kamptal-Stilistik: Tiefe Frucht, markante Säure, viel Charakter. Die Frische im Wein ist ihm allerdings am Wichtigsten. „Neben der Frische möchte ich, dass man die Jahrgänge schmeckt, die Lagen und die Region. Die Weine sollen so sein, wie die Trauben am Stock, unmittelbar, unverfälscht und natürlich.“