In seinem fünften Jahr bietet das hdgö 2023 mit neuen Ausstellungen, Vermittlungsangeboten und freien Eintritten ein volles Programm.
Foto: © Klaus Pichler / Österreichische Nationalbibliothek

Ein Jahr voller Programm bietet das Haus der Geschichte Österreich (hdgö) zu seinem fünften Geburtstag: Sonder- und Web-Ausstellungen sind „Ende der Zeitzeugenschaft?“, „Das Lichtermeer 1993“, „Keine Leerstellen mehr“, bis 14. März 2023 wird der Themenbereich „Erinnern“ in der Hauptausstellung neu gestaltet. Fünf Jahre hdgö feiert das Zeitgeschichte-Museum im November 2023 mit einem Wochenende bei freiem Eintritt für alle.

Einen interessanten Jahresauftakt liefert das hdgö gleich im Jänner: Eine Sonderausstellung im Web erinnert ab 19. Jänner an 30 Jahre Lichtermeer, das gleichzeitig zum Startpunkt für eine Zivilgesellschaft in Bewegung wurde. Gekoppelt ist die partizipative Webausstellung mit dem Aufruf, eigene Erinnerungen in Form von Fotos, Videos oder dem Bild eines Gegenstandes beizutragen. Von der bislang größten Demonstration der Zweiten Republik – die auch in Linz, Innsbruck, St. Pölten, Eisenstadt, Salzburg, Klagenfurt und anderen Orten in Österreich stattfand – wurden nämlich bis dato in Museen kaum Objekte gesammelt.
 
Einer der thematischen Jahresschwerpunkte des hdgö startet am 27. Jänner 2023: Die Sonderausstellung „Ende der Zeitzeugenschaft?“ dreht sich um die zu Ende gehende Ära der Zeitzeug*innen und hinterfragt die „Gemachtheit“ der Zeitzeug*inneninterviews. Zentral ist die Frage, wie Gesellschaften in Zukunft mit dieser Erbschaft umgehen wollen. Ein inhaltlich dichtes Programm und vom hdgö sowie erinnern.at eigens erarbeitetes Unterrichtsmaterial begleiten die Ausstellungszeit.

Um die Erinnerung an den Nationalsozialismus geht es auch in einem wichtigen Teilbereich der hdgö-Hauptausstellung, welcher ab Ende Jänner neu gestaltet wird. Zwischen 30. Jänner und 13. März sind aus organisatorischen Gründen daher zwei Hauptausstellungsräume im Umbau. Weiterhin zu besichtigen ist der Teilbereich „Chancen einer Zeitenwende“ mit Einblicken in die Zeit rund um die Gründung der Ersten Republik sowie die Sonderausstellung „Ende der Zeitzeugenschaft?“ auf dem Alma Rosé-Plateau der Neuen Burg. Unter dem Motto Halbe Fläche, halber Preis“ erhalten Besucher*innen während der Umbauzeit 50 % Nachlass auf das Museumsticket.
 
Das vielfältige, vielsprachige Österreich rückt während des gesamten Jahres mit einem Themenbündel rund um die autochthonen Volksgruppen noch mehr in den Fokus der Museumsarbeit. In einer Kooperation mit den sechs anerkannten Volksgruppen finden regelmäßig Veranstaltungen statt, aus denen auch eine Video-Serie entsteht. Ab dem Nationalfeiertag am 26. Oktober ist die Webausstellung „Keine Leerstellen mehr“ zu sehen. Ebenso wird der bereits in Deutsch und Englisch existierende Audio-Guide „Demokratie als Prozess“ in weitere sechs Sprachen übersetzt.
 
„Auch für unser fünftes Jahr haben wir uns ein dichtes Programm vorgenommen, um laufend die Aktualität der Zeitgeschichte ins Bewusstsein zu bringen. Ich sehe es als unseren Auftrag, am Puls der Gegenwart zu sein und wichtige Entwicklungen zu veranschaulichen. Vor dem Hintergrund des 85. Jahrestages des “Anschlusses” Österreichs an das Deutsche Reich setzen wir 2023 einen Schwerpunkt auf Erinnerung und zeigen in unserem neu gestalteten Hauptausstellungsbereich und in der Sonderausstellung zum Ende der Zeitzeugenschaft gegenwärtig brisante Aspekte der NS-Vergangenheit Österreichs auf“, sagt hdgö-Direktorin Monika Sommer„Gleichzeitig setzen wir einen neuen Meilenstein. In einem umfassenden Projekt gemeinsam mit den sechs anerkannten Volksgruppen bringen wir ihre Geschichte und Gegenwart noch stärker als bisher in das hdgö ein und zeigen: Österreich war und ist ein vielsprachiges und multiethnisches Land. Damit vernetzen wir Menschen und Anliegen und bieten den sechs Volksgruppen eine bundesweite Bühne.“

Vermittlung als Kernkompetenz

Ein facettenreiches Programm für Junge und Erwachsene steht im Zentrum der hdgö-Arbeit. Neben einer breiten Palette von thematischen Fokusführungen und angeregten Diskussionen, etwa rund um die beiden Jahresschwerpunkte der Erinnerung und der Volksgruppen, organisiert das hdgö bei freiem Eintritt die beliebte Veranstaltungsserie #nachgefragt mit bekannten Persönlichkeiten oder Organisationen. Die Kooperation mit ORF III, bei der Vorpremieren von Zeitgeschichte-Dokumentationen im Haus zu sehen sind, und die Veranstaltungsreihe DEMOKRATIE! mit dem SORA-Institut und der Wiener Zeitung werden auch 2023 fortgesetzt.

2023 wird das Haus der Geschichte Österreich Impulsgeberin und Austragungsort für ein Bühnenstück: Gemeinsam begeben sich der Theater:Klub am Dschungel Wien und das hdgö in einen theatralen Forschungsprozess für Jugendliche. Ausgehend von Themen und Ereignissen der österreichischen Zeitgeschichte wie etwa die Besetzung der Hainburger Au oder dem Lichtermeer am Heldenplatz entwickeln die Jugendlichen Performances, die von 3.–6. Juni 2023 im hdgö zu sehen sind.

Mit dem „Bewegten Museum“ ist das Vermittlungsteam des hdgö 2023 den dritten Sommer am Heldenplatz unterwegs und kommt dabei mit Passant*innen ins Gespräch: Vermittelt wird die Geschichte des Platzes, um gleichzeitig auch über  seine Gegenwart und Zukunft im Demokratiequartier zu sprechen. Zudem veranstaltet das hdgö Anfang November die zweite Aktionswoche gegen Antisemitismus und Rassismus mit einem dichten Programm für Schulklassen und Erwachsene.

Erweiterte Öffnungszeiten, Tage mit freiem Eintritt

An ausgewählten Feiertagen öffnet das Zeitgeschichte-Museum 2023 auch an den ansonsten geschlossenen Montagen: etwa am Ostermontag, am Pfingstmontag und in den Herbst- und Weihnachtsferien hat das Haus geöffnet. In der letzten Schulwoche Ende Juni beginnt das Museumsprogramm bereits um 9 Uhr, um besonders vielen Schulklassen noch Lehrausgänge zu ermöglichen. Im Sommer lädt das hdgö an den Donnerstagabenden von 18-21 Uhr bei freiem Eintritt in die Ausstellungen. 
 
Ein besonderes Wochenende erwartet Besucher*innen von 11.–12. November: Hier feiert das hdgö seinen fünften Geburtstag und alle feiern mit – bei freiem Eintritt, Torte und vollem Programm. Auch zu besonderen Gedenktagen ist der Eintritt ins Museum frei: Dazu zählen der Holocaust-Gedenktag am 27. Jänner, der Internationale Frauentag am 8. März, der Tag der Befreiung mit freiem Eintritt 2023 am 7. Mai, der Tag des Denkmals am 25. September, der Nationalfeiertag am 26. Oktober und der Tag der Menschenrechte am 10. Dezember.

Die hdgö-Ausstellungs-Highlights 2023 im Überblick

Hauptausstellung:

Umbau von 30. Jänner – 13. März, vollständig wieder zu sehen ab 14. März

Themenbereich Erinnern: Die Gegenwart der NS-Vergangenheit
In vier Kapiteln gibt dieser neu gestaltete Bereich in der Hauptausstellung des hdgö „Neue Zeiten. Österreich seit 1918“ ein Gefühl für den langen Atem von Nationalsozialismus und erklärt, warum die Auseinandersetzung mit der NS-Herrschaft und ihren Verbrechen die Geschichte der Zweiten Republik bis heute prägt. Einzigartige Objekte machen das lange Ringen der Opfer um Anerkennung sichtbar oder zeigen, wie aktuell diese Fragen in der Gegenwart sind, etwa anhand von Aufnähern im Stil von Judensternen mit der Aufschrift „ungeimpft“ – getragen von Coronamaßnahmen-Gegner*innen.

Sonderausstellungen im Museum und im Web:

Das Lichtermeer 1993: Ein prägendes Zeichen der Zivilgesellschaft
ab 19. Jänner im Web unter www.hdgoe.at und im Museums-Foyer

Am 23. Jänner 1993 versammelten sich rund 300.000 Menschen auf dem Wiener Heldenplatz und in verschiedenen Landeshauptstädten, um ein Zeichen gegen Rassismus und Ausgrenzung zu setzen. Als bis heute größte Demonstration der Zweiten Republik setzte das Lichtermeer ein wichtiges Zeichen: Dadurch, dass weit mehr Menschen teilnahmen als bei der „Anschluss“-Kundgebung 1938, bekam der Heldenplatz eine neue Bedeutung als Platz der demokratischen Zivilgesellschaft. Diese Ausstellung entsteht durch die Beiträge von Besucher*innen, die online zeigen, was sie an das Lichtermeer im Jänner 1993 erinnert. Geschichten können anhand eines Fotos, eines Videos oder der Aufnahme eines Gegenstandes erzählt werden und sind im Web sowie in der Hauptausstellung des hdgö zu sehen.
 
Ende der Zeitzeugenschaft?
27. Jänner bis 3. September 2023
 
Die Ära der Zeitzeug*innen des Holocaust geht ihrem Ende entgegen. Nur noch wenige Überlebende der NS-Herrschaft können aus eigener Erfahrung sprechen – oder von jenen Menschen berichten, die im Holocaust ermordet wurden. Was bleibt, sind neben literarischen Zeugnissen auch unzählige Video- und Audiointerviews der Überlebenden – sowie die Frage, wie Gesellschaften in Zukunft mit dieser Erbschaft umgehen wollen. Die Ausstellung hinterfragt die „Gemachtheit“ der Zeitzeug*inneninterviews und deutet verschiedene Formen erzählter Erinnerung und ihre gesellschaftliche Rolle seit 1945 vor dem Hintergrund der aktuellen Veränderungen nicht nur neu, sondern thematisiert auch Ansätze zu einem zukünftigen, reflektierten Umgang mit Zeugnissen. Ende der Zeitzeugenschaft? ist eine Ausstellung des Jüdischen Museums Hohenems und der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg in Zusammenarbeit mit dem hdgö.
 
Keine Leerstellen mehr: Vielfalt ist Teil der Geschichte
ab 26. Oktober 2023 im Web unter www.hdgoe.at zur Gegenwart und Geschichte der österreichischen Volksgruppen

Österreich ist vielsprachig: Die historischen Volksgruppen haben die Geschichte Österreichs seit langem geprägt und kommen trotzdem in Geschichtsdarstellungen kaum vor. Gemeinsam mit den sechs gesetzlich anerkannten Volksgruppen entsteht eine gemeinsame Video-Serie im Web. Zugänglich werden damit neue Blickwinkel auf die Vergangenheit, die bis dahin im Schulunterricht, in Büchern und Fernsehdokumentationen zur Geschichte Österreichs fehlten. Zusätzlich wird der Audio-Guide „Demokratie als Prozess“ – in die sechs Sprachen der Volksgruppen von diesen übersetzt. In Veranstaltungen lädt das hdgö während des ganzen Jahres zur Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und den aktuellen Forderungen der Burgenland-Kroat*innen, der Burgenland-Ungar*innen, der Kärntner Slowen*innen, der Rom*nija, der Wiener Slowak*innen und der Wiener Tschech*innen ein. 

hdgö-Ausstellungen „on tour“:

Das Wiener Modell der Radikalisierung. Österreich und die Shoah
noch bis 13. Februar 2023, Wiener Holocaust Library, London, UK
 
Die Ausstellung zeigt die Rolle Wiens als Motor der Radikalisierung des Antisemitismus im NS-Staat: Die 1938 von Adolf Eichmann eingerichtete „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“ entwickelte 1941 das organisatorische Modell der Deportationen der jüdischen Bevölkerung in die Ghettos, Vernichtungslager und Mordstätten im Osten. Aber auch jüdische Selbsthilfe und der mutige Widerstand Einzelner wird thematisiert. Die Schau führt vor Augen, dass die Erinnerung an die Shoah ein Auftrag für die Gegenwart und Zukunft unserer Gesellschaft ist – und der Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus auch heute noch hochaktuell.
 
Nur die Geigen sind geblieben – Alma und Arnold Rosé
25. bis 29. Jänner 2023, Theater Bergischer Löwe, Bergisch Gladbach, Deutschland
 
Die Ausstellung erzählt vom Leben und Wirken von Alma (1906–1944) und ihrem Vater Arnold (1863–1946) Rosé, zwei Ikonen des österreichischen Musik- und Wiener Gesellschaftslebens. Die Karrieren der Rosés und vieler anderer wurden 1938 durch den „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische deutsche Reich abrupt beendet. Als Dirigentin des Frauenorchesters im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau konnte Alma Rosé das Leben zahlreicher jüdischer Musikantinnen retten, bevor sie selbst 1944 in Auschwitz zu Tode kam. Ihr Vater Arnold Rosé verstarb wenige Jahre später im Londoner Exil. Die Geigen der beiden Musiker*innen aber tragen ihre Geschichte weiter: Bis heute musizieren Violinist*innen auf Arnold Rosés Stradivarius und Alma Rosés Guadagnini in den renommiertesten Konzerthäusern der Welt.
 
Heimat großer Töchter. Zeit für neue Denkmäler
2. März bis 28. Mai 2023, Nordico Stadtmuseum, Linz
 
Wie haben sich Geschlechterverhältnisse in der Zeitgeschichte verändert? Oftmals unbemerkt haben Menschen in der Geschichte der Zweiten Republik entscheidende Fortschritte erreicht, indem sie nicht mit dem Erwartbaren zufrieden waren, und Ausgrenzung bekämpften. Die Ausstellung „Heimat großer Töchter“ setzt diesem Engagement Denkmäler. Zehn kaum bekannte Beispiele zeigen, wie es möglich ist, Handlungsspielräume zu erweitern und Vorstellungen von Geschlecht zu hinterfragen.

www.facebook.com/hdgoe

Quelle: Haus der Geschichte Österreich / HdGÖ

Weitere HdGÖ-Artikel finden Sie bei uns bitte hier;

Das Haus der Geschichte Österreich (HdGÖ)  

Das Haus der Geschichte Österreich ist das erste zeitgeschichtliche Museum der Republik und organisatorisch an die Österreichische Nationalbibliothek angebunden. Angesiedelt am geschichtsträchtigen Heldenplatz in der Neuen Burg, bietet das HdGÖ in seinen Ausstellungen Einblicke in die wichtigsten politischen, gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklungen des letzten Jahrhunderts bis ins Heute. Außergewöhnliche Objekte, teils noch nie gezeigte Dokumente und interaktive Medienstationen machen Zeitgeschichte für Klein und Groß erlebbar – in historischen Räumen mit zeitgemäßer Architektur und Gestaltung.  Viele Fragen und Themen der österreichischen Zeitgeschichte mit Blick auf Gegenwart und Zukunft werden in Themenführungen, Workshops und Veranstaltungen diskutiert. Für alle, die unterwegs oder zu Hause neugierig auf Geschichte sind: Eigene Web-Ausstellungen, aktuelle Schwerpunktthemen und interaktive Bildersammlungen bieten unter www.hdgoe.at immer wieder Neues aus der Vergangenheit.

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