“Schiedsrichter zum Telefon!”, hieß es in früheren Jahren gerne einmal in den heimischen Stadien hierzulande. Später wusste der geneigte Sportplatzbesucher stets lautstark, wo der “Schiri sein Auto geparkt hatte”. All das wird künftighin nicht mehr aktuell sein, denn der VAR löst menschliche Fehlentscheidungen ab. Oder aber auch nicht. Man wird sehen. Foto: oepb
“Schiedsrichter zum Telefon!”, hieß es in früheren Jahren gerne einmal in den heimischen Stadien hierzulande. Später wusste der geneigte Sportplatzbesucher stets lautstark, wo der “Schiri sein Auto geparkt hatte”. All das wird künftighin nicht mehr aktuell sein, denn der VAR löst menschliche Fehlentscheidungen ab. Oder aber auch nicht. Man wird sehen. Foto: oepb

Der Video Assistent Referee / VAR, umgangssprachlich auch gerne „Videobeweis“ genannt, kommt nach Österreich – das wurde heute Vormittag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz von ÖFB und Bundesliga von ÖFB-Präsident Leo Windtner und Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer präsentiert.

Ab dem Start des Finaldurchganges im Frühjahr 2021 wird der VAR in der Tipico Bundesliga eingesetzt.

Nachdem die Einführung des Videobeweises im vergangenen Jahr noch für die Saison 2022/23 avisiert worden war, kommt er nun schon eineinhalb Jahre früher als geplant zur Anwendung.

Die Implementierungskosten in Höhe von rund einer Million Euro trägt der ÖFB, der laufende Betrieb mit rund 1,5 Millionen Euro pro Saison wird von der Österreichischen Fußball-Bundesliga finanziert.

Die Schiedsrichter werden in den kommenden 1,5 Jahren mit umfangreichen Schulungen auf das neue System vorbereitet. Zunächst werden sie in einem theoretischen Training auf die grundsätzliche Vorgangsweise eingeschult und anschließend in Offline-Trainings mit den technischen Gegebenheiten vertraut gemacht. Danach kommen simulierte Szenen und kurze Spielsituationen auf dem Feld hinzu. Abgerundet wird die Ausbildung vom Einsatz des VAR in Testspielen. Die rund 1,5 Jahre Vorlaufzeit entsprechen den Empfehlungen des IFAB (International Football Association Board) sowie den Erfahrungen aus anderen Ligen. Das VAR-Personal soll vorrangig aus dem bestehenden Schiedsrichterwesen rekrutiert werden. Der VAR bietet insbesondere die Möglichkeit, routinierte Schiedsrichter nach ihrer aktiven Karriere auf dem Spielfeld weiterhin im VAR-Team zu behalten.

ÖFB-Präsident Leo Windtner dazu: „Die Einführung des VAR ist ein großer und wichtiger Schritt für den österreichischen Fußball. Er macht das Spiel gerechter und sorgt außerdem dafür, dass unsere Schiedsrichter durch den regelmäßigen Einsatz des VAR auch für den Einsatz bei Endrunden und internationalen Bewerben optimal vorbereitet sind.“

Und Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer ergänzt: „Alles, was den Fußball gerechter macht, macht den Fußball besser. Nach der Philosophie „Geringster Einfluss – höchster Benefit“ wird es am Ende des Tages mehr richtige Entscheidungen geben. Dass wird den VAR nun schon früher als geplant einführen können, freut uns und ist insbesondere der guten Zusammenarbeit mit dem ÖFB und den Klubs zu verdanken.“

Über den VAR:

Der VAR beobachtet das gesamte Spiel, kann jedoch nur in vier Situationen bei klaren und offensichtlichen Fehlentscheidungen korrigierend eingreifen: Tore, Strafstoßszenen, Rote Karten sowie Identitätsfeststellungen. Der Schiedsrichter wird dann via Funk vom VAR-Team (bestehend aus einem Video Assistant Referee, seinem Assistenten sowie je einem technischen Operator im VAR-Raum und in der Review-Area am Spielfeldrand) über die strittige Situation informiert. Er kann seine Entscheidung entweder direkt ändern oder die Situation auf einem Monitor am Spielfeldrand selbst beurteilen. Die Letztentscheidung liegt nach wie vor immer beim Hauptschiedsrichter.

Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass rund fünf Situationen pro Spiel vom VAR gecheckt werden, wobei ein Check durchschnittlich eine knappe Minute dauert. Im Vergleich mit anderen Unterbrechungen wie Spielerwechseln oder Behandlungspausen ist dies keine große zusätzliche Belastung. Im Durchschnitt wird alle drei Spiele eine klare Fehlentscheidung geändert. Die Anzahl der richtigen Entscheidungen in den vier Einsatzbereichen steigt von 93 auf 99 Prozent an.

Der lange Weg zum Videobeweis im Fußball:

Der Fußball war in Sachen Verwendung technischer Hilfsmittel im Vergleich zu anderen Sportarten lange eher puristisch unterwegs. So ist der Videobeweis in der NHL bereits im Jahr 1991 eingeführt worden, 1999 zog die NFL nach und im Jahr 2007 kam bei den Australian Open erstmals das Hawk-Eye bei einem Grand-Slam-Turnier zum Einsatz. Im Fußball wurde die Torlinientechnologie erst 2012 zugelassen und im Vorjahr wurde nach mehreren Testläufen in unterschiedlichen Ländern schließlich die Implementierung des VAR im Regelwerk des IFAB beschlossen. Ab dem Finaldurchgang 2021 kommt der VAR auch in der österreichischen Tipico Bundesliga zum Einsatz.

Quelle: Österreichische Bundesliga / ÖFB

www.bundesliga.at

www.oefb.at

oepb-Anmerkung:

Bei unseren Lieblingsnachbarn, den Deutschen, existiert der Videobeweis seit der Saison 2017/18. Nicht nur, dass die gesamte Anschaffung und Ausführung den Bundesligaklubs ein kleines Vermögen kostet, so ist der Reiz und die Emotion anhand strittiger Entscheidungen völlig verloren gegangen. Gewiss, man stritt früher oft tagelang darüber, ob das anerkannte jedoch strittige Tor aus einer abseitsverdächtigen Position erzielt wurde, oder ob ein Foulspiel vorangegangen war. Nichtsdestotrotz war der Schiedsrichter und sein Augenmaß, sowie seine beiden Linienrichter – heutige Assistenten – gefragt, sofort zu entscheiden.

Heute ist es überall dort, wo der VAR zum Einsatz kommt, in einem Streitfall so, dass man anhand eines erzielten Tores zuerst jubelt, dann schweift der Blick zum Schiedsrichter, der mit beiden Händen seine Handbewegungen macht, die einem Fernsehkastl gleichkommen. Nun weiß in Deutschland jeder, dass das vermeintliche Tor, über das man gerade eben noch so herrlich gejubelt hatte, bei weitem nicht sicher ist. Der Referee eilt zu einem Monitor auf Höhe der Mittelauflage außerhalb des Spielfeldes und hat die Möglichkeit, sich die strittige Szene anzusehen. So oft er will und so lange er will. Im sogenannten „Kölner Folterkeller“ wird über jede Bundesliga-Partie Gericht gehalten und entschieden, ob alles mit rechten Dingen zugeht. Da kann es dann auch schon einmal passieren, dass zwischen dem Bauschen des Tornetzes und dem darauf folgenden Anstoß auf der Mittelauflage 2 bis 4 Minuten vergehen. Der etwaige zweite Torjubel nach dieser schier endlos langen Wartezeit fällt naturgemäß bei weitem nicht mehr so lautstark und emotional aus, wie noch gerade eben zuvor.

Wenn es dem Endzweck dient, nämlich dem Fußballsport, und wenn man damit auch wirklich Fehlentscheidungen eindämmen kann, dann ist es gut. Andererseits hatten wir anhand von Europacup-Spielen in Österreich bereits 5 Schiedsrichter (1 Referee und deren 4 Assistenten, an jeder Linie einer) und es gab trotzdem Fehlentscheidungen und es ging dabei um viel verloren gegangenes Geld für unsere Vereine. Die Kunst wird sein, im Streitfall zwischen „Tor“ und / oder eben „Nicht-Tor“, Elfmeterpfiff oder Abstoß, so rasch als möglich den Wahrheitsbeweis zu finden. Langatmige Entscheidungen werden auch hierzulande der Sache wenig dienlich sein. 

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