Fußball und Maloche (schwere körperliche Arbeit). Diese beiden typischen Ruhrgebiets-Merkmale stellt der bekannte deutsche Kabarettist Frank Goosen immer wieder gerne pointiert gegenüber. Foto: © Willi Heidelbach from Pixabay
 

Es gibt ein ungeschriebenes Gesetz im Ruhrgebiet, dass da lautet: Du sollst eine große Klappe haben, solange es nur geht! Und da ich es niedergelegt habe, ist es kein ungeschriebenes mehr, sondern kodifiziertes Recht und damit bindend.

Ein guter Freund hat dieses Gesetz erst kürzlich auf den Fußball angewandt. Der Mann – gebürtiger Gelsenkirchener und Anhänger eines außerhalb der Stadt kaum bekannten Vorortvereins – sagte neulich bei unserem ersten Post-Corona-Bier im Bochumer Stadtpark: „Nur weil wir jetzt in der 2. Liga sind, heißt das nicht, dass wir nicht Deutscher Meister werden können.“ Es geht nichts über gesunden Ehrgeiz.

Kurz darauf bin ich selbst in der anderen, fußballerisch ebenfalls eher nachrangigen, schwarz-gelb gefärbten Nachbarstadt aufgetreten, und zur Begrüßung teilte ich dem geneigten Publikum mit, dass man in ihrer Gemeinde die nackte Angst, demnächst wieder gegen den VfL Bochum spielen zu müssen, mit Händen greifen könne. Das Tolle an einer richtig großen Klappe ist, dass die Leute manchmal so dermaßen perplex sind, dass Widerspruch ausbleibt. Es kann kein Zufall sein, dass der FC Bayern München in der Vorbereitung ebenfalls Probleme hat.

Jetzt könnte man einwenden, dass die Erwartung, mein Verein werde in der nächsten Saison um die Champions-League-Plätze mitspielen, eher unrealistisch sei. Nun, wer Realismus will, der kann sich Ausstellungen mit Gemälden von Adolph von Menzel oder Willi Sitte ansehen. Realismus habe ich zu Hause, wenn ich meinen Söhnen sage, dass das WLAN kaputt ist. Realismus habe ich demnächst auch wieder im Stadion, aber solange die Saison noch nicht angefangen hat, mache ich einen auf Richard Branson und Jeff Bezos und schieße mich in meine eigene Umlaufbahn.

Tippe ich die Saison durch, weiß ich eigentlich gar nicht, gegen wen wir überhaupt verlieren sollen. Unser erster Gegner ist der VfL Wolsburg, und die haben in der Innenstadt ein „Al Bundy Schuh Outlet“. Noch Fragen? Hat nicht Helmut Schmidt gesagt, wer Visionen hat, der soll ins Stadion gehen? Es gibt einen weiteren Grund, wieso wir Bochumer diesen Aufstieg besonders würdigen sollten: Da wir nie wieder absteigen werden, wird das unser letzter gewesen sein. Nicht mal der Himmel ist die Grenze. Siehe Bezos und Branson.

Kann sein, dass ich im Herbst wieder kleine Brötchen backen werde. Egal. Jetzt sind erst mal Brote dran.

Über Frank Goosen

Der weit über die Grenzen des deutschen Ruhrgebiets hinausreichend bekannte und beliebte Autor, Kabarettist und Feuilletonist Frank Goosen ist langjähriger, bekennender und leidgeprüfter – ob der schier übermächtigen Konkurrenz aus Dortmund und Schalke – Anhänger des VfL Bochum von 1848. Als solcher steht er nach wie vor treu ergeben zu den einstmals „Unabsteigbaren“, schließlich zählten die Blau-Weißen aus der Herbert Grönemeyer-Stadt Bochum von 1971 bis 1993 ununterbrochen zur höchsten deutschen Spielklasse. Nach Jahren des Paternoster-Daseins – „Wir steigen auf, wir steigen ab – und zwischendurch Europacup“ – in Anlehnung an die Aufstiege, die bis in den UEFA-Cup führten, um sich im Jahr darauf erneut in der 2. Spielklasse wieder zu finden, müsste es nun „Die Unaufsteigbaren“ heißen, denn seit 10 Jahren kannte man an der Castroper Straße die 1. Deutsche Bundesliga nur mehr vom Hörensagen. Bis, ja bis eben zum heurigen Frühjahr, denn da kehrte der VfL wieder in die Beletage des Deutschen Fußballsports zurück. Und genau genommen machen gerade solche Vereine mit ihrem treuen Gefolge die Fußballwelt bunt und interessant, denn zu permanent siegreichen Teams zu stehen, das kann doch schließlich jeder.

https://frankgoosen.de

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