So idyllisch sah es 1978 am Horr-Platz zu Wien-Favoriten aus, der damals von einem Stadion, geschweige denn einer Generali-Arena noch Lichtjahre entfernt war. Und dennoch versprühte die ehemalige WFV-Verbandsanlage ungeheuren Charme und lässt heute Nostalgiker immer wieder gerne zurückblicken. Im Bild dreht Herbert „Schneckerl“ Prohaska einsam seine Aufwärm-Runden vor einem Meisterschaftsspiel der 1. Division in der Saison 1977/78. Foto: © oepb

Was war das doch damals in Hütteldorf-Hacking für ein Gejammer, als es am 26. Oktober 1978 im ÖFB-Cup Achtelfinale nicht nur nach Wien-Favoriten ging, nein, der Gegner FavAC verlegte sein Cup-Heimspiel gegen den SK Rapid Wien kurzerhand aus der Kennergasse ins Franz Horr-Stadion, damals bereits – zumindest teilweise – die Heimspielstätte des großen FK Austria Wien. Wäre allerdings die Austria eine Runde zuvor beim SK Vorwärts Steyr nicht sang- und klanglos mit 1 : 3 aus dem Cup geflogen, hätte man nun wohl Heimrecht gegen den 1. Wiener Neustädter SC genossen. Der FavAC-Kassier konnte sich aber somit an jenem Nationalfeiertag zweimal die Hände reiben: einerseits, weil die „Hausherren“ auf fremden Terrain über 10.000 Zuschauer begrüßen konnten und andererseits, weil Rapid dem FavAC beim 6 : 0-Erfolg nicht den Funken einer Chance ließ. Der Kassier ersparte sich demnach eine etwaige Siegesprämie für seine Rot-Schwarzen.

Das Stadion sah noch ein bisserl anders aus und die damaligen Eintrittskarten (Tickets) ebenso. 100 Schilling (zirka € 7,00) wurden für die Nordtribüne abgelegt. Sammlung: oepb

Aus dem Prater nach Favoriten

Das „große“ Wiener Derby hingegen, wenn die Austria als Heimverein auftrat, fand jahrzehntelang im Praterstadion statt. Bis im Frühjahr 1985 der Versuch gestartet werden musste, das Derby mit dem FAK als Veranstalter im kleinen, aber feinen Franz Horr-Stadion auszutragen. Übrigens sehr zur Freude des violetten Anhangs, denn da das Wiener Stadion, das normalerweise für Derbys, wenn die Austria als Veranstalter auftrat, nicht zur Verfügung stand, damals einer Großbaustelle glich, generalsaniert und mit einem Komplett-Dach versehen wurde, versprach sich der geneigte violette Anhänger am gemütlichen heimischen Horr-Platz eine echte und stimmgewaltige Heimspielatmosphäre. Auch und gerade gegen den ewigen Rivalen aus dem 14. Hieb.

Derby-Premiere anno 1985 am Horr-Platz. Ewald Türmer (Bildmitte, Austria), tankt sich gegen die Rapidler Antonin Panenka (links) und Reinhard Kienast durch. Foto: © oepb

Zu Hause eine Macht

Und so freuten sich die Austrianer im Mai 1985 auf die Grün-Weißen, war doch ihre bisherige Meisterschafts-Heimspielbilanz zu Wien-Favoriten makellos: 16 Spiele am Horr-Platz, 16 Siege. Der letzte Punkteverlust datierte vom 31. März 1984, einem 1 : 1 im Bezirksderby gegen den FavAC. Und – mit einem etwaigen Derbysieg über Rapid wäre man vier Spieltage vor Schluss bereits am allerbesten Weg zum Fußballmeister 1984/85. Mehr Motivation brauchte wohl keiner der violetten Edel-Zangler.

Die beiden Austrianer Tibor Nyilasi (Bildmitte) und Herbert Prohaska (Nr. 8, rechts) gegen eine grün-weiße Übermacht, aufgeboten von links: Gerald Willfurth (Nr. 8), Reinhard Kienast (abgeschnitten), Karl Brauneder (verdeckt) und Rudolf Weinhofer (Nr. 4). Aus FK Austria Wien gg. SK Rapid Wien (0 : 0) vom 31. August 1985 vor 8.500 Zuschauern im Horr-Stadion zu Wien-Favoriten. Beide Teams agierten bei sommerlichen Temperaturen zurückhaltend und Torraumszenen waren Mangelware. Der junge Robert Frind (Austria) rückte dem Rapid-Goleador Hans Krankl derart zu Leibe, dass dieser nicht nur keinen Stich machte, sondern auch in der 67. Minute gegen Peter Pacult ausgetauscht wurde. Auch war die Kulisse damals eher dürftig. 8.500 Zuschauer fanden sich an jenem Samstag um 16 Uhr ein und das letzten Endes gerechte 0 : 0 reihte sich sang- und klanglos in die jahrzehntelange Geschichte des Wiener Fußball-Derbys sein. Foto: © oepb

Derby-Premiere am Horr-Platz

Und so kam es am Freitag, 10. Mai 1985 zur Premiere: erstmals fand im Horr-Stadion die Bundesliga-Begegnung Austria gegen Rapid statt. 10.000 Zuschauer hatten sich um 19 Uhr in der Fischhofgasse eingefunden und als nach 25 Minuten Tibor Nyilasi mit einem wuchtigen Kopfball das 1 : 0 gelang, glich das „kleine“ Horr-Stadion einem violetten Tollhaus. Die Stimmung war perfekt, denn es passierte an jenem Abend nichts mehr und mit 7 Punkten Vorsprung (bei 2-Punkte-Regel für den Sieg) eilten die Wiener Violetten mit Riesenschritten auf den Meisterteller 1984/85 zu, der in späterer Folge auch errungen wurde.

Nach vier Jahren Pause kam es am 13. Mai 1994 zum sechsten „großen“ Wiener Derby in Favoriten. Die Austria bezwang Rapid mit 2 : 0. Im Bild von links: Robertas Fridrikas (FAK), Sergej Mandreko (Rapid), sowie Walter Kogler (FAK). Foto: © oepb

Derby-Bilanz zu Wien X

Im Laufe der Zeit – bis heute, Stand 18. März 2023 – wurden in Summe 43 große Wiener Derbys im Horr-Stadion, der späteren Generali-Arena, gespielt. Die Bilanz sieht hier wie folgt aus: 15 Austria-Siege, 19 Unentschieden, 9 Rapid-Erfolge. 483.957 Zuschauer besuchten diese 43 Partien, was einen Durchschnitt von 11.254 Fußballfans pro Wiener Derby im Horr-Stadion / der Generali-Arena ergibt. Die meisten Zuschauer (16.582) waren am 16. Dezember 2018, die wenigsten (4.500) am 3. Juni 1989 anwesend. Beide Male (6 : 1 und 2 : 1) gewann die Austria ihr Heimspiel gegen Rapid. Weiters interessant zu beobachten und dabei auffallend war und ist, dass es zwischen dem 13. Mai 1994 (2 : 0-Sieg FAK) und dem 9. Mai 2000 (3 : 0-Triumph des FAK) eine sechsjährige Derby-Pause im Horr-Stadion gab. In der Magna-Ära des Frank Stronach kehrte der FAK auch anhand der Derbys endgültig nach Wien-Favoriten zurück. Und – und auch das scheint typisch für die Austria zu sein, gegen Rapid immer dann zu Hause zu verlieren, wenn Geburtstage oder Jubiläen anstehen. In der Saison 2010/11 – die Austria beging bekanntlich damals den 100. Geburtstag – konnte Rapid in Favoriten den Geburtstags-Jubilar zweimal schlagen, zweimal mit 1 : 0 und zweimal trat als Spielverderber Hamdi Salihi auf. Und auch just zum Zeitpunkt des 60. Geburtstages der violetten Ikone, Herbert „Schneckerl“ Prohaska – alles war angerichtet, mit Tibor Nyilasi kam nicht nur der kongeniale Spielpartner vom “Schneckerl” aus den 1980er Jahren als Gratulant aus Budapest zu Besuch angerauscht, Nyilasi war auch der Goldtorschütze des allerersten Derbys im Mai 1985 – war die Austria wie gelähmt und Rapid zertrampelte am 12. August 2015 die Veilchen auf der heimischen Horr-Wiese mit 5 : 2. Verspätete Rache – wenn man so will – nahm der FAK dann in der Generali-Arena NEU nach deren Fertigstellung im Sommer 2018 und bugsierte den ewigen jungen Rivalen am 16. Dezember 2018 glatt mit 6 : 1 Schuss über den Verteilerkreis hinaus zurück bis nach Hütteldorf.

Zwei Primgeier aus einer sehr großen Austria-Epoche: Tibor Nyilasi (erster Derby-Torschütze im „Horr“ 1985, rechts) und Herbert Prohaska, anlässlich seines 60. Geburtstages im August 2015 unmittelbar vor dem Wiener Derby, das die Austria gegen Rapid mit 2 : 5 verlor. Foto: © oepb

Nun steht also am 19. März 2023 wieder ein Derby – das 44. zu Wien-Favoriten – an. Die Wiener Derby-Geschichte, mit bisher 337 ausgetragenen Vergleichskämpfen (gerechnet seit 1911) zwischen Austria und Rapid, sie wird weiterleben, in Favoriten, in Hütteldorf und wer weiß, vielleicht auch irgendwann wieder im Ernst Happel-Stadion, wenn wieder abertausende Zuschauer ihre Liebe und Zuneigung zu diesen beiden Großklubs offen zur Schau tragen und wenn der Wiener Fußballsport endlich wieder zwei große und starke Vereine aufweisen kann, die Seite an Seite um den Titel ringen. Der gesamten Österreichischen Fußball-Bundesliga täte dieser Umstand ganz bestimmt nicht schaden.

Zahlreiche Fan-Briefe, wie dieser hier vom April 1985, gingen damals dem FK Austria Memphis zu. Dem Wunsch der violetten Anhänger, das Derby gegen Rapid in Favoriten zu spielen, wurde entsprochen. Sammlung: oepb

Quelle: Redaktion www.oepb.at

Übrigens: Die aktuelle Spieltags-Vorschau der heimischen Bundesliga finden Sie bitte hier;

www.fk-austria.at

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www.bundesliga.at

Die stets lautstarke violette Westtribüne stimmt sich für ein Wiener Derby ein. Foto: © oepb
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