Spätsommer-Sonne, Sonnenschein, warme Temperaturen – was gibt es da schöneres, als im Wiener Wurstelprater zu lustwandeln. Und wenn dann noch am Abend im nahe gelegenen Praterstadion ein Kickerl steigt, der Herzensverein zu eben diesem lädt, dann scheint das Glück perfekt zu sein. Leider steht man allerdings mit dieser Weltanschauung ziemlich allein gelassen da, denn der Austrianer der Neuzeit hat das einstige und jahrzehntelange Heimstadion noch immer nicht akzeptiert und lässt seinen Verein schlichtweg im Stich. An Chef-Coach Thorsten Fink und seiner Mannschaft liegt es nicht, denn die Burschen liefern ehrliche Arbeit und ansehnlichen Fußball ab. So auch gestern wieder.
Ein Spaziergang durch den Prater muss nicht immer nur im „Schweizerhaus“ – der Schweizer ÖFB-Teamchef Marcel Koller ist dort ohnehin nicht anzutreffen – enden. Da gibt es den „Englischen Reiter“, das „GÖSSER ECK“, oder aber auch die „Prater-Schwemme“, um nur einige zu nennen, die sehr zum Verweilen einladen. Und die Liliputbahn befördert einen dann schnurstraks durch eine herrliche Au-Landschaft hindurch inmitten der Großstadt direkt zum Ernst Happel-Stadion. Ja, es wird viel geboten, im 2. Wiener Gemeindebezirk und dem Wiener Prater, der heuer sein 250jähriges Jubiläum begeht.
Das Wiener Stadion existiert freilich „erst“ seit 1931, aber die Wiener Austria war dort beispielsweise bereits ab 1932 bis 1966 ununterbrochen anzutreffen. Und weil wir gerade bei der Geschichte sind – 1967 bis 1969 detto, 1974, 1978 bis 1980 ebenso, sowie in regelmäßiger Unregelmäßigkeit bis nach der Jahrtausendwende im Jahre 2006. Und eben nun aufgrund der Renovierungsarbeiten am Standort-Favoriten bis 2018 wieder. Bloß leider, und auch das ist ein typisches Austria-Phänomen, nimmt kaum jemand davon Notiz …
7. Spieltag tipico-Bundesliga / Samstag, 10. September 2016, 18.30 Uhr / Wiener Prater – Ernst Happel-Stadion, 5.018 Besucher, Schiedsrichter Manuel Schüttengruber
Es sind diese Spieltage, an denen man hofft, guter Dinge ist, tabellarisch bereits vorzeitig zu rechnen beginnt und sich freut, auf das, was da wohl kommen mag. Und da wirft einen auch ein 5 : 0-Heimsieg des Wolfsberger AC vom letzten Spieltag gegen Admira/Wacker nicht aus der Bahn um frei die Worte Thorsten Finks zu gebrauchen: „Respekt vor dem Gegner – Ja, aber wir sind Austria Wien!“
Bereits in der 13. Minute narrte der kleine Lucas Venuto die WAC-Abwehr, um dieser zu entwischen und von linker Position vorerst noch an Alexander Kofler zu scheitern, die daraus entstandene zweite Möglichkeit aber sicher zum 1 : 0 zu verwerten. Nur drei Minuten später ein Freistoß von Raphael Holzhauser: Der baumlange Mittelfeld-Stratege, der die Vorgaben seines Trainers, doch heuer torgefährlicher werden zu wollen, mehr und mehr umsetzt, zirkelte den Ball gekonnt zum 2 : 0 in die Maschen. Der WAC schien zu diesem Zeitpunkt, gespielt waren 16 Minuten, bereits geschlagen zu sein. Spätestens nach dem 3 : 0 des FAK war es um die Lavanttaler allerdings geschehen. Alexander Grünwald erhielt von Holzhauser beim nächsten Freistoß den Vorzug und dieser ließ sich in der 26. Minute diese Möglichkeit nicht entgehen. Gefühlvoll über die Mauer hinweg segelte der Ball ins rechts Kreuzeck – herrlich anzusehen, in altbewährter Antonin Panenka-Manier. Alexander Kofler stand im anderen Eck und musste das Leder, für ihn unerreichbar, passieren lassen.
Pünktlich nach 45 Minuten pfiff der gestern ohne eine Verwarnung auskommende Schiedsrichter Manuel Schüttengruber die erste Spielhälfte ab. Der WAC-Coach, Heimo Pfeifenberger, wirkte bedient. Die nach dem letzten Schützenfest gegen Admira/Wacker mit berechtigten Hoffnungen angereisten Wolfsberger waren nie im Spiel, die erste wirklich nennenswerte Torchance schoss Christopher Wernitznig nach einem Antritt in der 39. Minute am Tor vorbei.
Nach Seitenwechsel war der WAC plötzlich da. Philipp Prosenik, um Vorjahr noch Derby-Torschütze im Dress von RAPID gegen die Austria, verwertete in der 48. Minute den Ball aus kurzer Distanz im Sitzen im FAK-Tor gegen Robert Almer zum 3 : 1. Die Austria ließ sich davon aber nicht beirren. Allen voran der wieselflinke Venuto spielte gestern eine großartige Partie und sorgte immer wieder für Unruhe in den Reihen der Gäste. Beim WAC kam in der 62. Minute Jacobo für Wernitznig. Der Spanier düste anhand seiner ersten Ballberührung in Richtung Austria-Tor, dem Abschluss fehlte allerdings die Präzision (63. Minute). Auf der Gegenseite hätte Kevin Friesenbichler in der 72. Minute alles klar machen können, Alexander Kofler parierte. Der gebürtige Klagenfurter Alexander Grünwald schloss einen gut gespielten Konter mit dem 4 : 1 in der 79. Minute gekonnt ab, der Erfolg war nun in trockenen Tüchern.
Die Wiener Austria hat sich somit für die kommende Woche mit international wie national fordernden Aufgaben warm geschossen. Am Donnerstag wartet in Bukarest das erste Europa-League-Gruppenspiel bei Astra Giurgiu, am kommenden Sonntag, 18. September 2016 geht es in der Meisterschaft bei Meister FC Red Bull Salzburg weiter. In der Meisterschaft liegt die Elf von Trainer Thorsten Fink nur noch drei Zähler hinter Spitzenreiter SK Sturm Graz. Der WAC bleibt Sechster.