Die GENERALI-Arena heute. Die Ost- und die Süd-Tribüne bleiben bestehen, die West- und Nord-Tribüne werden auferstanden aus Ruinen neu erschaffen. Foto: © oepb

Lange bevor der FK Austria Wien zu Wien X in Favoriten heimisch wurde, jagte man in der Nähe des heute pulsierenden Verkehrsknotenpunktes „Verteilerkreis“ bereits dem runden Leder nach. „Ceské Srdce“ – das „Tschechische Herz“ begann dort bereist 1918 heftig zu pochen, denn am 25. Jänner des genannten Jahres wurde ein gleichnamiger Verein zu Wien aus der Taufe gehoben, der die Not der tschechischen Kriegswitwen und deren Kinder, die aufgrund der Wirren des „Großen Krieges“ von 1914-18 (später als 1. Weltkrieg bekannt) zu Halbwaisen geworden waren, lindern sollte. Im 19. Jahrhundert zogen in großen Scharen zahlreiche Slowaken und Tschechen in die k.u.k.-Reichshauptstadt Wien und arbeiteten als so genannte „Ziegel-Böhm“ in den Ziegelwerken am Wienerberg – heute bekannt als Wienerberger Ziegelindustrie. Anno 1922 erwarb der tschechische Verein ein großes Areal in Wien-Favoriten und schuf am Laaer Berg ein Sportzentrum, der als Tschechisches Herz-Platz in die Annalen eingehen sollte. Wenn man also so will, wird auf diesem Areal, dem späteren WFV-Verbandsplatz X, dem wiederum späteren Franz Horr-Stadion und der heutigen Generali-Arena seit 94 Jahren Fußball gespielt.

So idyllisch gemütlich auf dem Verteilerkreis wie hier 1991 sieht es heute ohnehin nicht mehr aus. Im Jahre 2018 wird sich dieses Areal mit der U-Bahn-Anbindung komplett gewandelt haben. Foto: © oepb

 

23. Spieltag tipico-Bundesliga / Samstag, 20. Feber 2016, 16 Uhr / Generali-Arena, 6.235 Besucher, Referee Dominik Ouschan

Gewiss stand das ganze Gelände auch eine gewisse Zeit unbenützt leer, denn als die Austria Dank der emsigen Suche ihres langjährigen und umtriebigen Sekretärs (heute nennt man das Manager) Norbert Lopper im Jahre 1973 mit diesem Platz endlich fündig wurde, um sich nach Jahrzehnte langem Tingeltangel quer durch Wien in Favoriten endlich nieder zu lassen, hatte sich „Mutter Natur“ diesen Sportplatz längst unterjocht. Mit Franz Horr, dem damaligen Wiener Fußball-Verbands-Präsidenten, wurde ein Befürworter und Mitstreiter für dieses Unterfangen gefunden und so wurde gemeinsam – also Austria und WFV – einträchtig Hand angelegt, um das sich in einem Dornröschenschlaf befindliche Areal für den Spielbetrieb der damaligen Nationalliga wach zu küssen. Am 26. August 1973 war es dann soweit, die Wiener Austria bestritt am damaligen Verbandsplatz vor 11.000 Besuchern das erste Meisterschaftsspiel gegen den First Vienna FC und gewann mit 4 : 1. So komisch das nun anmutet, aber richtig heimisch wurde man in Favoriten nicht. In der Folgezeit wurden Heimspiele am Sportclub-Platz, im 1976 neu erschaffenen Weststadion (dem späteren Hanappi-Stadion), auf der Hohen Warte und auch wieder im Wiener Stadion (heute nach Ernst Happel benannt) ausgetragen. Das Zigeuner-Leben des FAK ging demnach munter weiter. Es sollten weitere 9 Jahre ins Land ziehen, ehe man anhand des ÖFB-Cupfinales gegen Wacker Innsbruck (3 : 1-Erfolg) am 12. Mai 1982 endlich, endlich ein Areal für sich gefunden hatte, den Horr-Platz, der heute allseits bekannten Generali-Arena.

Seit diesen Jahren, in Summe sind es 34 bis dato, ist die Austria aus Wien-Favoriten nicht mehr wegzudenken und man ist in der Zwischenzeit mit diesem großen Arbeiterbezirk auch überaus verwurzelt. Und so waren es bis gestern, Schlag 16 Uhr, lediglich nur noch 7 Heimspiele im alten Stadion, ehe das für den Verein größte Projekt seiner zwischenzeitlich 105jährigen Geschichte gestemmt wird – dem S.T.A.R.-Projekt. Grund genug also, um abseits von Toren, Fouls und nüchternen Ergebnissen das Flair Ceské Srdce / Horr-Platz zu inhalieren und dem ganzen Areal eine Story samt Stadionumrundung zu schenken.

Heute unvorstellbar und auch unglaublich, aber 1992 sah die nunmehrige zweistöckige Ost-Tribüne so aus. Foto: © oepb

14 Uhr vor dem Laaer Berg Bad: Gegenüber einer großen Fleischlaibchen-Konsumations-Stube einen der wenige Parkplätze ergattert, vor der geschlossenen „Mampf-Bude“ – dort gibt es dem Vernehmen nach den besten Pferdeleberkäse von ganz Wien – seinen fahrbaren Untersatz abgestellt, um die Zeit bis zum Spiel weder im Viola-Pub noch beim „Wirt´n“ zu versitzen, sondern als beobachtender Spaziergänger zu nützen. Sehr grün ist es bereits überall und „Madame Sole“ strahlte hell und freundlich vom Himmel. Es ist wahrlich an der Zeit, dass die Veilchen wieder blühen! Der Wiener führte sein liebstes Lebewesen aus – den Hund. Und in Favoriten scheint es wohl die meisten Vierbeiner davon zu geben. Das Laaer Berg Bad frönt noch seinem wohlverdienten Winterschlaf, einzig und alleine zahlreichen Krähen und Elstern flattern fleißig über die großen Liegewiesen. Jung-Familien führen ihren Fortpflanz im „Windel-Porsche“ spazieren und einige Jung-Skater üben sich auf der eigens installierten Bahn des Nicht-Hinfallens. Man hatte Zeit und es war schön, sonnig, nicht allzu kalt, bis zum Anpfiff dauerte es detto noch ein wenig, als schlenderte man per pedes munter weiter. Man kann über Favoriten denken wie und was man will, aber diese Seite des Bezirks, die hat was. Die Laaer Berg-Volksparkanlagen sind gepflegt, die Menschen darin pflegeleicht und wenn die Sonne scheint, der Frühling naht und darüber hinaus ein Kickerl ansteht, dann lacht das Herzerl doch ohnehin allemal.

Die ersten Austria-Fans parken ihre Schüsseln in der „Hurra, endlich einen Parkplatz“-Endlicher Gasse – am Samstag ist das Parken ab 13 Uhr auf der Busspur geduldet – und der Weg führt weiter durch zahlreich gepflegte Hinterhöfe noch zahlreicherer mehrstöckiger Wiener Gemeindebauten. Über die schmale Wohnstraße Theodor Sickel-Gasse – ein Hinweisschild deutet darauf hin, dass diese stark befahren ist, was bestätigt werden kann – gelangte man zur Ein- und Ausfahrt des erst kürzlich geschaffenen Fan-Parkplatzes der Wiener Austria. Die Kreissägen eines ehemaligen Sägewerks stehen still, sind demontiert und auch die verbliebenen Sägespäne erledigte zwischenzeitlich der Wind. Der Preis für dieses staubige, wenngleich bewachte, Abstellareal von € 8,- scheint aber vielen Fans zu stolz, da stets zahlreiche Runden um das Areal gedreht werden, um die Karre dann doch irgendwo billiger zu platzieren.

Auch der heute erfolgreiche Coach des FC Ingolstadt 04, Ralph Hasenhüttl, schnürte vor über 20 Jahren als Publikumsliebling der West-Tribüne seine Packeln am Horr-Platz. Foto: © oepb

Man mündete zu Fuß in der Laaer Berg Straße ein, die elendslang vom Reumannplatz kommend bis hinunter nach Oberlaa und in die Heurigengegend reicht. Dort wird fleißig gebaut, in der Laaer Berg Straße. Campusse sind entstanden und tun dies nach wie vor. Eine große in Favoriten anhand eines nicht zu übersehenden Hochhauses ansässige Baufirma mit vier gelben Buchstaben ruht sich auf eben diesen gewiss nicht aus und buddelt fleißig herum. Zum Leidwesen der Arbeiter dort, denn wenn die Chefetage quasi in Blickrichtung nur einen Kirschkernspucker entfernt liegt, dann ist nichts mit „obizahn“, sondern vielmehr „anzahn“ angesagt. Die Geräuschkulisse wird intensiver, aha – unter uns die A23, die sich wie eine pulsierende Aorta durch die gute alte Wiener Stadt schlängelt. Aus dem ersten Tunnel beim Verteilerkreis heraus, in den nächsten Tunnel sofort wieder hinein, sechs Fahrspuren, drei in jeder Richtung, das kann mitunter laut werden. Der Fuß-Weg geht schlendernd ohne aufkeimenden Schlendrian weiter, vorbei an einem großen französischen Autohaus. Die herrenlose Wiese, die oberhalb zwischen France-Car-Vertreiber und A23 gelegen ist, stellt ein Eldorado für die Hunde dar. „Nimm ein Sackerl für Dein Gackerl“ wird hier nicht unbedingt zwingend angewandt. Aber, man erspäht sie bereits wieder, die vier Flutlichtmasten des FAK. Man war auf einem der zahlreichen Stadtwanderwege der Gemeinde Wien gelangt. Und obwohl man lediglich gemütlich dahin marschierte, den Kopf voller Gedanken, Erinnerungen und geschichtlicher Epochen hatte – natürlich auf Fußballsport und die ansässige Austria bezogen – dauerte diese Areal-Umrundung nur etwa 20 Minuten. Nun denn …

Hinter der Nord-Tribüne kamen einst nach Spielschluss die Akteure aus beiden Lagern heraus, es wurde aber auch so manche Wettschuld sofort eingelöst. VÖEST-Reisi (links) blecht den obligatorischen „Hunderter“ nach Niederlagen des SK VÖEST an seinen alten Spezi Wudle (Herr mit Sonnenbrille) von den Atzgersdorfern. Foto: © oepb

Zahlreiche Sträucher und Baume wurden bereits abgeholzt, ein Kunst-Rasen-Areal, zumindest die Begrenzung und Umrandung davon, wird als Parkplatz – für die FAK-VIP´s ? – verwendet, bei nicht einmal genauerer und näherer Betrachtung kann man direkt oberhalb der A23 in der Wiese am Stadtwanderweg stehend hindurch über den staubigen Parkplatz es Sägewerkes a.D. bis zur Laaer Berg Straße blicken, und das ganz ohne Fernglas. Ein komplett neuer Umstand, denn dies war früher nicht so einfach möglich. Aber, bekanntlich bleibt auf diesem Areal kaum ein Stein auf dem anderen und unmittelbar nach dem letzten Heimspiel gegen den SK Sturm Graz Mitte Mai d.J. rollen die Bagger an und die Abrissbirne feiert fröhliche Urständ. Die Gedanken schwirrten herum. An jene Jahre in den 1980ern, als man auf der West-, als auch auf der Ost-Seite des Horr-Platzes noch anhand einer abschüssigen Wiese die Spiele verfolgte. Man war als Linzer zu Gast bei einigen Matineen am Sonntag Vormittag ab 10.15 Uhr und der SK VÖEST bezog sportlich stets Prügel bei Austria Memphis. 1 : 5, 0 : 4, 1 : 7, 2 : 5, das waren so die Endresultate aus blau-weißer Sicht beim FAK. Als man anhand einiger Freikarten des Managements des SK VÖEST dann damals erstmals auf der Nord-Tribüne Platz nehmen durfte, mit Blickrichtung auf die alte 900 Sitzplätze umfassende Holztribüne auf der Südseite, die gewiss noch aus „Tschechisches Herz“-Zeiten her rührte, konnte man dieses Flair, das diesen Teil von Wien für den Betrachter seit je her umgehen hat, so richtig inhalieren.

Doch bald ist es vorbei, es wird umgebaut, adaptiert und neu erschaffen. Eine andere Zeitrechnung beginnt. Dem ist an sich nichts zu entgegnen, denn bekanntlich ist Stillstand Treibsand. Löblich ist auf jeden Fall, dass man auch 100 Jahre später und wohlweislich auch darüber hinaus nach dem ersten gespielten Pass am Laaer Berg zu Wien-Favoriten weiterhin Fußball spielen wird. Die Austria ist angekommen, in Wien-Favoriten und das etablierte S.T.A.R.-Projekt stellte eine einmalige Einzigartigkeit dar. Dieser Umstand lässt den an eingeheimsten Titeln erfolgreichsten Fußball-Verein Österreichs plüschrosarot in die violette Zukunft blicken, da kann auch das gestrige 2 : 2-Remis gegen wohlgemerkt 10 Gegenspieler aus dem Burgenland anhand von 33 violetten Torschüssen keinen Frust aufkommen lassen. Obwohl …

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