Der bald 35jährige Steffen Hofmann (Bildmitte) drückte der gestrigen Derby-Partie einmal mehr seinen so unnachahmlichen Stempel auf. Rechts jubelt Philipp Schobesberger. Foto: GEPA
Der bald 35jährige Steffen Hofmann (Bildmitte) drückte der gestrigen Derby-Partie einmal mehr seinen so unnachahmlichen Stempel auf. Rechts
jubelt Philipp Schobesberger. Foto: GEPA

Wie hier anderweitig in einem Artikel deponiert, wird das 314. Große Wiener Fußball-Derby nach Spielschluss um eine Facette reicher sein. Aus Austria-Sicht muss man hier wohl „leider“ sagen, denn wahrhaftig um was für eine … Man kann es vorwegnehmen, RAPID dominierte und demolierte gestern Abend mit einem aus grün-weißer Sicht grandiosen Spiel den ewig jungen Stadt-Rivalen und brachte die – gerade bei Derbys – einstige violette Festung Horr-Platz gehörig ins Wanken.

4. Spieltag / 12. August 2015 / tipico-Bundesliga / GENERALI-Arena, 12.500 Zuschauer

Das Oeuvre der Austria vor Spielbeginn stand ganz im Zeichen der Nostalgie. Österreichs Jahrhundert-Fußballer und diesen Titel auch bei der Austria inne habender Herbert „Schneckerl“ Prohaska wurde nicht nur eine eigene Ausstellung im Austria-Museum gewidmet, sondern das ganze Stadion trug den 60jährigen Jubilar vor dem Spiel auf einer Jubel-Welle der Begeisterung. Dieser war, bescheiden wie er nun einmal ist, zuvor noch im Museum ob „seiner“ Ausstellung ganz gerührt, fügte aber auch gleich hinzu, dass das schönste Geschenk für ihn heute Abend der violette Sieg wäre. Als dann auch noch via Vidiwall der kongeniale Partner der 1980er Jahre im Sturm, Tibor Nyilasi, ebenso ein 1955er Jahrgang, gratulierte, um nach dieser Botschaft plötzlich persönlich vor Ort am Rasen zu erscheinen, war der ORF-Parade-Analytiker „schmähstad“. Für Nyilasi war es eine Selbstverständlichkeit, eigens aus Budapest zur persönlichen Gratulation anzureisen. Beide Austria-Granden nahmen unter tosendem Applaus den Ehrenanstoß vor. Anmerkung: am 10. Mai 1985 stieg das erste Derby am alten Horr-Platz, die Austria schlug RAPID mit 1 : 0 und Tibor Nyilasi war der Goldtorschütze.

Während die Einen ihre violette Ikone Herbert Prohaska aufleben ließen, ... Foto: oepb
Während die Einen ihre violette Ikone Herbert Prohaska aufleben ließen, … Foto: oepb

Als es dann um 20.30 Uhr endlich losging, bot das Stadion, die Arena, ein herrliches Bild: Flutlicht, ausverkauftes Haus, zwei stimmgewaltige Kurven, die hüben wie drüben für ihre Farben Violett oder Grün gehörig Musik machten und eine Austria, die wie aus der Pistole geschossen loslegte. Man wollte RAPID überrennen und die Nebel-Schwaden, die sich aus dem RAPID-Block aufgrund zahlreich abgebrannter Bengal-Fackeln nur langsam verzogen, sorgten bi den „Grünen“ für Sichtbehinderungen, denn die ersten Minuten domonierte klar Violett und der Kenianer Olarenwaju Kayode, die Nummer 8, die auch stets Herbert Prohaska trug, war überall im Angriff zu finden. Die RAPID-Verteidigung hatte alle Hände und Füße voll zu tun, um diesen Angriffs-Wirbel irgendwie in den Griff zu bekommen. Ein Tor gelang der Austria-Neuerwerbung an diesem Abend jedoch nicht und nach 17 Minuten trug eine klare Fehlentscheidung des Schiedsrichters Mag. Markus Hameter dazu bei, dass das erste Tor fiel. Raphael Holzhauser spielte im Zweikampf gegen Stephan Auer am rechten Flügel den Ball, Hameter entschied jedoch auf Foul und Freistoß für RAPID. Wenn schon dem Schiedsrichter die Sicht verdeckt war, dann sollte der unmittelbar daneben stehende Andreas Staudinger als sein Assistent an der Linie dies wenigstens sehen, er sah es jedoch nicht. Nützt aber alles nichts, der Freistoß-Ball von Steffen Hofmann in den Strafraum gezirkelt landete am Kopf von Stefan Stangl und von dort flog die Kugel genau ins rechte Eck. Es war Stangls erstes Bundesligator im 48. Spiel. Torhüter Jan Novota verhinderte gegen Kayode im Gegenzug den Ausgleich und RAPID legte nach: Stangl machte das Spiel schnell, Robert Beric leitete weiter auf Philipp Schobesberger, der in der 27. Minute auf 0 : 2 erhöhte. Hier wurde augenscheinlich, dass die beiden violetten Innenverteidiger Vanche Shikov und Patrizio Stronati mit der RAPID-Offensive hemmungslos überfordert waren. Beide kamen zum Zug, da Lukas Rotpuller gesperrt war und Richard Windbichler verletzt ist. Ein weiterer Austria-Fehler führte zu einem grünen Tor: Roi Kehat spielte am eigenen Sechzehner einen Querpass – auf Stefan Schwab und dieser schlenzte den Ball von rechts über Torhüter Robert Almer gekonnt ins Kreuzeck (33. Minute). Unglaublich, jeder Schuss ein Treffer aus Sicht der Grünen und die Austria ein aufgeschreckt herumirrender Hühnerhaufen. Erstmals seit 1990 gelangen RAPID in einem Derby vor der Pause drei Treffer. Alexander Gorgon verwandelte im Nachsetzen in der 45. Minute einen Elfmeter gegen Novota zum Pausenstand von 1 : 3.

... präsentierten die Anderen eindrucksvoll ihren Heimatbezirk. Foto: oepb
… präsentierten die Anderen eindrucksvoll ihren Heimatbezirk. Foto: oepb

Nach der Pause war die Austria 10 Minuten dominant und aktiv, rannte jedoch ergebnislos an. Eine etwaige Hoffnung auf eine Aufholjagd erstickte Hofmann im Keim. Unmittelbar vor seinem Austausch schloss er aus einem Konter zum 1 : 4 in der 56. Spielminute ab. Das 1 : 5 von Beric war ein Tor wie aus dem Training: Schobesberger spielt den Ball hoch in den Strafraum, Beric steht zwischen drei Austria-Akteuren in der Mitte völlig allein und muss mit dem Kopf nur mehr „Guten Tag“ sagen. Gorgons zweiter Derby-Treffer an diesem Abend zum 2 : 5 in der 72. Minute war lediglich Ergebnis-Korrektur.

 

Der eine fair, der andere bescheiden
Austria-Trainer Thorsten Fink haderte während des Spiels mit Schiedsrichter Hameter. Seit dem 0 : 1 hatte sich viel Frust aufgestaut, denn der Freistoß, aus dem das erste Tor fiel, hätte nicht gepfiffen werden dürfen. Nach dem Spiel ließ er dies jedoch nicht als Ausrede gelten. „Mein Team wollte fighten und den Fans ein gutes Spiel zeigen. Man sah aber auch, dass wir einfach noch nicht so weit sind. RAPID war besser.“ Und sein Pendant Zoran Barisic meinte bescheiden: „Wir hatten das Spielglück auf unserer Seite gehabt, ich sah aber auch genügend Fehler von meinem Team. Wir müssen am Boden bleiben und weiter hart arbeiten.“

Und so ging der Sieg der „Grünen“, der sogar noch höher hätte ausfallen können und in dieser Größenordnung auch der höchste in der Derby-Geschichte in Favoriten ist, völlig in Ordnung. Man bot der Austria eine Lehrstunde, die wiederum am kommenden Samstag, 15. August 2015 um 16 Uhr gegen den burgenländischen Aufsteiger des SV Mattersburg die große Chance besitzt, diese Schmach ein bisserl auszumerzen.

www.austria.wien

Weitere Fotos von diesem Spiel:

www.austria80.com/Fotos201516MS04RapidH.htm

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