Gratulation an die FANATICS und deren Leute. "Bitte nachmachen" kann man da nur sagen. Foto: oepb
Gratulation an die FANATICS und deren Leute. „Bitte nachmachen“ kann man da nur sagen. Foto: oepb

62 TV-Anstalten übertrugen gestern Abend in 50 Länder live aus Wien und dem Ernst Happel-Stadion. Die diesbezügliche Presse-Resonanz war bombastisch, üppiger noch, als beispielsweise in der Champions Legaue im Herbst 2013 – die Austria war damals dort vertreten. Gekommen sind diese Medien-Massen jedoch nicht wegen dem FK Austria Wien, sondern ob des AC Milan-Star-Ensembles. Und die TV-Konsumenten wurden nicht enttäuscht. Ebenso wenig wie die 31.500 Zuschauer, die ein rasantes Spiel mit tollen Kombinationen und herrlichen Toren „frei Haus“ serviert bekamen. Nur eben leider nicht von den Hausherren, sondern von den Gästen. „Wir wollen uns präsentieren und Spaß haben!“, so ein Statement diverser Austria-Spieler vor der gestrigen Begegnung. Spielt man als Profi Fußball, um Spaß zu haben? Geht es nicht um den Erfolg und das Wohlwollen – in jeglicher Hinsicht – des eigenen Vereines? Nun, Spaß hatten in jedem Fall die Italiener, denn sie konnten mit den Wiener Violetten anstellen, was sie wollten. Der Wiener Walzer war gestern Abend von den italienischen Gästen fehlerfrei kopiert worden.

UEFA Europa League 2017/18 – Gruppe D / 1. Spieltag, Donnerstag, 14. September 2017, 19 Uhr, Ernst Happel-Stadion / Wiener Prater, 31.409 Zuschauer, Referee: Serdar Gözübüyük (Holland)

Wiener Schnitzerl“ oder eben „Mailänder Schnitzel“, gestern Abend hatten die „Rossoneri“ die Nase vorne. Das Schwarz-Rote Milan dominierte die Wiener Violetten von Anbeginn an. Die Stimmung war würdig für einen tollen Europapokal-Abend. Die Ränge 1 und 2 der Blöcke C und D im Wiener Stadion waren fest in violett-weißes Tuch gehüllt und die für Austria-Verhältnisse untypischen Fan-Massen waren vom Anstoß weg für ihr Team akustisch voll da. In diesen allgemeinen Hype hinein knallte, nachdem der AC Milan den Abend vom Anstoßkreis an eröffnet hatte, gleich nach wenigen Minuten Austria-Kapitän Raphael Holzhauser das Leder in Richtung Gianluigi Donnarumma – knapp daneben. Diesen „Ja, wer kommt denn da?“-Effekt erwiderten die Italiener postwendend und es stand 0 : 1. Abdul Kadiri Mohammed vertändelte das Leder gegen Nikola Kalinic, der auf Hakan Calhanoglu ablegte – Bumm, 0 : 1 in der 7. Spielminute. Drei Minuten später das 0 : 2: Calhanoglu serviert auf Andre Silva – Tor!

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Vor einem Jahr gegen den AS Rom hatte man zuletzt eine ähnliche Kulisse im Wiener Stadion aufzuweisen. Foto: oepb

Dann war die Austria am Zug: Eckball von der rechten Seite, Holzhauser flankt zur Mitte und Lucas Biglia köpfelt den Ball beinahe in die eigenen Maschen, das Leder geht haarscharf neben dem Tor ins Out. Der daraus resultierende zweite Austria-Corner, diesmal von der anderen Seite, brachte nichts ein.

Kurz darauf ein herrlicher weiter Ball von Calhanoglu auf Silva und der Portugiese verwandelt zum 0 : 3 in der 20. Spielminute. Aus, das war es, das Spiel war gelaufen. Nicht jedoch die Stimmung auf den Rängen. Permanente Anfeuerung für die Austria war die Folge. Der AC Milan schaltete nun zurück, hielt den Ball geschickt in den eigenen Reihen und überließ den Veilchen die Zuschauer-Rolle. „Solche Spiele sind auch dazu da, um etwas zu lernen!“ – so lautet ein Thorsten Fink-Zitat. Der Austria-Coach konnte einem schon Leid tun, wenn man sah, wie sehr er am Spielfeldrand unter dem Dargebotenen seiner Mannschaft litt.

In der 42. Spielminute musste auch noch Heiko Westermann vom Feld. Der Deutsche konnte nach einem Duell mit Ignazio Abate nicht mehr weitermachen und musste ausgewechselt werden. Für ihn kam der erst 18-jährige Alexander Borkovic in die Schlacht. Am ernüchternden Halbzeit-Ergebnis von 0 : 3 änderte sich vorab nichts mehr.

Die Austria kehrte wie aus der Pistole geschossen nach der Pause zurück. In der 47. Minute knallt Jinhyun Lee auf das Tor der Gäste, Donnarumma wehrt zum Eckball ab. Holzhauser bringt das Leder zur Mitte und Borkovic ist mit dem Kopf zur Stelle, „nur mehr“ 1 : 3 in der 47. Minute. Kurze Zeit später donnert der Kroate Kalinic den Ball knapp über das Tor und auf der anderen Seite duelliert sich Felipe Pires mit Donnarumma, der aus seinem Tor gehastet war. Der italienische Keeper blieb Sieger. Dass es das noch nicht gewesen sein konnte, wusste der AC Milan, der seinem treuen Gefolge noch etwas bieten wollte. Die Domstädter legten wieder zwei Gänge zu und der Austria flogen die Bälle „sprichwörtlich“ nur so um die Ohren.

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Aufstehen, abputzen, weiter geht´s. Foto: oepb

Das 1 : 4 in der 56. Minute war eine Kooperation zwischen Franck Kessie und Silva, der sein drittes Tor an diesem Abend erzielte. Und nach einer guten Stunde dann der Endstand: der eingewechselte Suso knallt aus gut und gerne 25 Metern munter darauf los und der Ball segelt ins Kreuzeck – 1 : 5 in der 63. Minute.

Von da an hatte der AC „seine Schuldigkeit getan“, oder hatte man Mitleid – das Schlimmste, was einem passieren kann – mit der Austria, man weiß es nicht, Das Spiel war gespielt und die höchste Austria-Pleite im Europapokal nach acht Jahren – 1 : 5 gegen CD Nacional Funchal am 16. Dezember 2009 auf Madeira – Geschichte.

Was überwiegt nun mehr? Die gebetsmühlenartige Ansicht des Trainers, „aus solchen Spielen etwas mitzunehmen und immer wieder daraus zu lernen“, oder aber „Der jugendliche Leichtsinn und der Spaß an der Freud“ der Fußballer?

Und noch ein kleiner Blick in die violette Historie: einen 0 : 3-Rückstand im Europapokal holte die Austria zuletzt am 2. November 1983 auf – gegen Stade Laval lautete der Endstand 3 : 3. Und eine ähnlich hohe Niederlage zu Hause gab es am 24. Oktober 1990 – damals unterlag man in Wien Juventus Turin mit 0 : 4. Die ärgste Schlappe im Europacup datiert vom 13. September 1972. Gegen Beroe Stara Zagora verlor man in Bulgarien mit 0 : 7. Der Vorteil gegen früher ist jedoch, dass damals ein k.o.-System gespielt wurde und man nach Hin- und Rückspiel aufstieg, oder eben rausflog. Sehen wir es postitiv. Die Austria spielte gegen den Gruppen-Favoriten und hat eine auf den Deckel bekommen. Gegen AEK Athen und HNK Rijeka wird sich weisen, inwieweit die Lernphase der Fink-Truppe soweit vorangesschritten ist, dass man auch auf europäischer Fußballbühne aufzeigen kann und sich bemerkbar machen wird.

Und dass man auch im nächsten Jahr wieder in diesem Konzert der Großen mitballestern wird, dafür sorgt immer noch die heimische Meisterschaft. Und in der geht es am kommenden Sonntag, 17. September 2017, um 19 Uhr im Ernst Happel-Stadion weiter. Gegner ist Tabellenschlusslicht SKN St. Pölten.

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