Diplom-Oecotrophologe Uwe Knop. Foto: echte-esser.de
Diplom-Oecotrophologe Uwe Knop. Foto: echte-esser.de

Eine aktuelle Studie im British Medical Journal (BMJ-open) mit fast 200.000 Jugendlichen aus 36 Ländern hat ergeben: Mehr als 50 Prozent der Mädchen und Jungen essen häufig oder sehr häufig Fast Food – und diese Jugendlichen haben einen niedrigeren BMI als ihre Altersgenossen mit einem geringen Verzehr. „Das ist bereits die vierte aktuelle Studie, die den weit verbreiteten Irrglauben widerlegt, dass Burger und Pommes Jugendliche dick machen.“, so der deutsche Ernährungswissenschaftler Uwe Knop. Die jüngste Studie wurde unter Leitung von neuseeländischen Wissenschaftlern der University of Auckland und der University of Otaga durchgeführt; es bestanden keine Interessenkonflikte.

So überraschend die Ergebnisse für Ernährungsideologen auch sein mögen, so vorhersehbar sind die Interpretationen der Autoren: „Es kann nicht sein, was nicht sein darf – dieses Credo steht wie zu erwarten im Fokus der Forscher.“, so Knop weiter, „denn immer, wenn Ergebnisse nicht ins Weltbild der gesunden Ernährung passen, dann werden die eigenen Daten massiv relativiert und hinterfragt.“ So auch hier: Man solle die Ergebnisse mit Vorsicht interpretieren, denn es könnten fehlerhafte Angaben und andere, unbekannte Gründe für den Zusammenhang „viel Fast Food – niedriger BMI“ verantwortlich sein, mahnen die Autoren.

Ach wie gut, dass niemand weiß …

Dieser Hinweis ist absolut korrekt, denn es handelt sich hier wie fast immer in der Ernährungswissenschaft um eine Beobachtungsstudie – und da gilt bei allen Ergebnissen: sie zeigen nie einen Ursache-Wirkungs-Beweis (Kausalität), sondern nur einen statistischen Zusammenhang (Korrelation), der durch zahlreiche Faktoren verzerrt wird. Doch leider sind die Autoren nicht immer derart konsequent kritisch bei ihrer Daten-Analyse – denn politisch korrekte Ergebnisse werden brav ins Ursache-Wirkungs-Schema gepresst,“, fährt Uwe Knop fort. In der aktuellen Studie zeigen die neuseeländischen Forscher in vorbildlicher Manier, wie man mit gespaltener Zunge spricht …

Doppelzüngige Ergebnisanalyse

Neben den 200.000 Jugendlichen zwischen 13-14 Jahren untersuchten die Forscher ebenfalls Daten von 73.000 Kindern auf den Zusammenhang zwischen Fast Food-Konsum und BMI. Hier beobachteten die Universitäts-Wissenschaftler eine positive Korrelation: Kinder im Alter von 6-7 Jahren, die oft (ein- bis zweimal pro Woche) bis sehr oft (dreimal oder mehr pro Woche) Fast Food essen, haben einen BMI, der um 0,15 bis 0,22 Punkte höher liegt, als der bei Wenig-Essern von Burgern & Co. „Im Gegensatz zu den ernährungsideologisch unpassenden Ergebnissen bei Jugendlichen wird bei den Kinder-Beobachtungen jedoch nicht vor einer Fehlinterpretation gewarnt. Stattdessen sehen die Autoren auf Basis der gleichen Datengrundlage einen Beweis (evidence), dass Fast Food zur Gewichtszunahme beitragen kann – denn so „gehört“ es sich für systemtreue Ernährungsforscher, die mit weiteren öffentlichen Fördergeldern liebäugeln.“, erklärt Knop. Doch die unterschiedlichen Ergebnisse und deren diametrale „Interpretation al gusto“ verdeutlichen nicht nur die doppelzüngige Moral der Autoren. „Die Daten offenbaren noch wesentlich interessantere Phänomene: Erstens sind die Unterschiede in BMI-Bereichen von 0,1 bis 0,2 lächerlich gering und damit praktisch irrelevant. Und zweitens strafen die dokumentierten absoluten BMI-Werte der Kinder und Jugendlichen all jene Panikmacher Lügen, die von einer „Generation dicker Kinder“ schwadronieren.

Dürre Kinder dominieren

Vorausgesetzt, die BMJ-Daten stimmen, dann müssten Politiker eine 180 Grad-Kehrtwende ihrer omnipräsenten Kampagnen zur „Prävention von kindlichem Übergewicht“ einleiten: der Durchschnitts-BMI der 6-7jährigen 73.000 Kinder aus 17 Ländern liegt bei 16,51 – das wäre massives Untergewicht bei Erwachsenen (definiert ab BMI < 18,5), bei Kindern gilt dieser Wert als normal. Bei den 200.000 Jugendlichen zeigt die Studie einen BMI von durchschnittlich 20 – ein Wert im unteren Bereich des Normalgewichts. Dieses globale Ergebnis entspricht den deutschen Daten aus einer der größten pan-europäischen Studien: in allen deutschen Bildungsschichten dominieren
normalgewichtige Kinder (zwischen 68 und 80 Prozent) – und es gibt überall mehr untergewichtige (circa 10 Prozent) als fettleibige Kids (zwischen 3 und 8 Prozent).

Industrieländer – mehr Fast Food, niedriger BMI

Eine detaillierte Subgruppen-Analyse der BMJ-Studie offenbart weitere Erkenntnisse: bei männlichen Jugendlichen aus den untersuchten Industrieländern (z.B. Japan, Spanien, USA, Belgien) besteht ein klarer Zusammenhang zwischen „mehr Fast Food und niedrigerem BMI“ – im Gegensatz zu Entwicklungsländern, wo diese Korrelation statistisch nicht signifikant war. Bei Mädchen beobachteten die Forscher diesen Zusammenhang in beiden „Welten“.

Unabhängig von all den limitierenden Faktoren einer Beobachtungsstudie, den doppelzüngigen Schlussfolgerungen und den Anzeichen einer weltweiten „Epidemie dürrer Kinder“ zeigt auch diese Studie eines ganz klar: „Wer Fast Food weiterhin als Dickmacher brandmarkt, der lügt oder hat keine Ahnung“, resümiert Ökotrophologe Uwe Knop.

www.echte-esser.de

Anbei ein Rezensions-Hinweis:
www.oepb.at/rezensionen/hunger-lust.html

 

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