V.l.: MR Dr. Dietmar Baumgartner (ÄKNÖ), Dr. Martina Amler (NÖGKK), Dr. Martina Hasenhündl (ÄKNÖ), Gerhard Hutter (NÖGKK) Foto: ÄKNÖ
V.l.: MR Dr. Dietmar Baumgartner (ÄKNÖ), Dr. Martina Amler (NÖGKK), Dr. Martina Hasenhündl (ÄKNÖ), Gerhard Hutter (NÖGKK) Foto: ÄKNÖ

Die Betreuung für zuckerkranke Menschen in Niederösterreich erhält ab 2016 eine neue Qualität.“, gaben der Obmann der NÖ Gebietskrankenkasse, Gerhard Hutter und der Vizepräsident und Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte der NÖ Ärztekammer, MR Dr. Dietmar Baumgartner, letzte Woche bekannt. Das Gesundheitsprogramm „Therapie Aktiv – Diabetes im Griff“, das sich an Patienten mit Diabetes Mellitus Typ 2 wendet, wird verbessert und in Niederösterreich auf eine breite Basis gestellt. NÖGKK und NÖ Ärztekammer einigten sich auf eine neue Zusammenarbeit, die Teilnahme am Programm wird bei allen Ärzten, die in das Programm eingeschrieben sind, möglich sein.

Genaue Untersuchung, umfassende Schulung
Therapie Aktiv“ sichert die optimale ärztliche Behandlung und Betreuung aller Betroffenen mit der Diagnose Diabetes Typ 2. Die Ärzte sorgen dafür, dass neben regelmäßigen Augenkontrollen, Fußuntersuchungen und Bestimmungen des Blutzuckerlangzeitwerts HbA1c auch ein jährliches ausführliches individuelles Gespräch mit dem Patienten geführt wird. Unnötige Doppeluntersuchungen werden durch das strukturelle Programm vermieden. Gleichzeitig erhalten die zuckerkranken Menschen eine detaillierte Diabetesschulung sowie umfangreiches Info-Material, ein Handbuch und eine DVD. Die Teilnahme ist freiwillig und kostenlos, die Erfolge des Programms hat heuer eine Studie bewiesen.

„Die Medizinische Universität Graz fand heraus, dass im Programm betreute Diabetiker durchschnittlich 2,3 Tage weniger im Spital verbringen als Zuckerkranke, die nicht an „Therapie Aktiv“ teilnehmen. Nach vier Jahren Programmteilnahme war auch ein Unterschied in der Mortalität festzustellen: Während in der Gruppe der „Therapie Aktiv“-Patienten 3,2 Prozent der Patienten verstarben, waren es in der Kontrollgruppe, die nicht am Programm teilnahm, 4,9 Prozent.“, erklärte NÖGKK-Direktorstellvertreterin Dr. Martina Amler. „Diese Studie beweist die enormen Vorteile des Programms.“

„Die strukturelle Betreuung und das gesteigerte Wissen der kranken Menschen, wie sie mit den Folgen ihrer Diabeteserkrankung umgehen müssen, haben viele positive Auswirkungen.“, so Gerhard Hutter. Die betroffenen Menschen seien in der Lage, den Alltag richtig zu meistern. „So können Folgeerkrankungen reduziert werden. Das führt zu mehr Lebensqualität und einer längeren Lebenserwartung.“, sagte der NÖGKK-Obmann weiter. „Diese neue Vereinbarung ist ein wichtiger Meilenstein im niederösterreichischen Gesundheitswesen und beweist, dass die Gesundheitsreform in Niederösterreich für Patienten wirkt.“

Zugang zur strukturierten Diabetesbetreuung
In den vergangenen Jahren wurde „Therapie Aktiv“ nur von einem Teil der NÖ-Ärzte angeboten. Ziel der NÖGKK war es natürlich, dass alle Diabetes Typ 2‑Erkrankten die Möglichkeit erhalten, bei ihren Hausärzten und Internisten nach den strengen Programm-Kriterien umfassend betreut und behandelt zu werden. Diese breite Basis ist mit der neuen Vereinbarung zwischen NÖGKK und Ärztekammer NÖ jetzt gegeben. „Endlich tritt jetzt auch in unserem Bundesland der Idealzustand ein. Ab 2016 gibt es für die Betroffenen in Niederösterreich den Zugang zur strukturierten Diabetesbetreuung.“, so der NÖGKK-Obmann. „Im Mittelpunkt von ,Therapie Aktiv‘ steht der Patient“, sagte Hutter, der auch abseits der Behandlungserfolge weitere Vorteile für die Ärzteschaft sieht: „‘Therapie Aktiv‘ trägt dazu bei, die Arzt-Patienten-Beziehung zu festigen.“

„Care“ – das individuelle und ausführliche Patientengespräch
Jede Therapie beruht auf zwei Säulen, eine Säule entspricht dem Arzt und eine dem Patienten. Damit eine Therapie erfolgreich durchgeführt werden kann, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Arzt und Patienten besonders wichtig. „Beim Programm ‚Therapie Aktiv‘ wird der Patient sehr stark in die Therapie einbezogen. Es ist eines jener Programme, bei dem der Faktor Zeit einen ganz besonderen Stellenwert hat – und auch von der Gebietskrankenkasse honoriert wird.“, berichtete Kurienobmann-Stellvertreterin Dr. Martina Hasenhündl. „Die Tatsache, dass wir mehr Zeit für die persönliche Betreuung und das Gespräch mit dem Patienten aufwenden dürfen, erhöht die Compliance beim Patienten, also die Bereitschaft, die Therapie anzunehmen und einzuhalten.“ Aus zahlreichen Erfahrungen weiß man heute, dass die Therapietreue bei Patienten generell wesentlich höher ist, je intensiver sich der Arzt mit dem Patienten beschäftigen kann. Und zwar nicht indem Medikamente verordnet werden, sondern indem auf den Patienten individuell eingegangen und er in die Therapie einbezogen wird. Neu an der künftigen Diabetestherapie ist auch, dass die Bewegung ab sofort Teil der Therapie sein wird. Unter dem Titel „DiSko“ werden die Patienten mit Typ 2 Diabetes motiviert, regelmäßige Bewegungseinheiten durchzuführen. Damit wird ein Impuls gesetzt und an den beiden Auslösern für Übergewicht angesetzt: der Fehlernährung und der fehlenden Bewegung.

Gesprächsleitfaden als Richtlinie für den Arzt
Einmal jährlich wird bei der Diabetesschulung NEU in Niederösterreich der Arzt ein individuelles ausführliches Gespräch mit dem Patienten führen. „Da wir unsere Patienten meist sehr gut kennen, war es wichtig, dass der Gesprächsleitfaden keine starre, verpflichtende Vorgabe ist, sondern dass wir Ärzte in unserer Entscheidungsfreiheit selbst bestimmen können, welche Parameter im persönlichen Gespräch abgefragt werden müssen und was für den Patienten unerheblich ist“, meinte Dr. Hasenhündl aus der Praxis. So wird der Themenbereich Sexualität von den Patienten aus Schamgefühl oft nicht angesprochen. Nachdem er allerdings künftig Teil des Leitfadens ist, wird der Arzt ab sofort darüber entscheiden, ob er diesen Bereich gegenüber dem Patienten anspricht und so zum Thema macht.

E-Learning bei der ärztlichen Aus- und Weiterbildung
Auch bei der verpflichtenden Schulung der Ärzte gibt es Verbesserungen, um die Einstiegshürde möglichst niedrig zu halten. Schon bisher ist die Absolvierung der Ausbildung in Form von E-Learning möglich, neu ist, dass die Kosten unter bestimmten Voraussetzungen von der Kasse übernommen werden. „Wenn ein Arzt im ersten Jahr nach der Ausbildung zumindest zehn Patienten in die Schulung aufnimmt, trägt die Gebietskrankenkasse die Kosten“, ergänzte Dr. Hasenhündl. Auch bei den Refresher-Kursen wird die Anrechnung großzügiger gehandhabt, so werden erstmals auch Qualitätszirkel als Fortbildung anerkannt.

Notwendige Kurskorrektur
Vor drei Jahren kündigte die NÖ Ärztekammer das Disease Management Programm nach ausführlichen Überlegungen, da die Rahmenbedingungen in vielfältiger Weise ungeeignet erschienen, ein langfristig nützliches Ergebnis für Patienten sowie Ärzte zu erreichen. Das neue Programm ist deutlich besser: „Durch die Vereinfachung des Dokumentationsblattes, die Neuformulierung des Behandlungspfades, die zeitökonomischere Absolvierung der Fortbildungen, sowie die zusätzliche Honorierung der zeitlichen Betreuung der Patienten wurden die Mängel behoben und ein modernes Programm geschaffen, das den aktuellen Bedürfnissen der Patienten und der Ärzte entspricht“, ergänzte Dr. Baumgartner.

Entstehung von Diabetes Typ 2
Typ 2 – Diabetes beginnt langsam und beruht auf einer zunehmenden Unempfindlichkeit der Zellen gegenüber Insulin. Eine solche Insulinresistenz kann die Folge einer übermäßigen Nahrungszufuhr über einen längeren Zeitraum sein. Die Folge ist ein zu häufiger erhöhter Blutzuckerspiegel. Die Bauchspeicheldrüse muss also permanent auf Hochtouren arbeiten, um genügend Insulin zu produzieren. „Irgendwann reicht die Menge aber nicht mehr aus beziehungsweise die Produktion lässt nach und der Blutzuckerspiegel kann nicht mehr ausreichend gesenkt werden.“, meinte Dr. Baumgartner. Durch extrem hohen oder extrem niedrigen Blutzuckerspiegel kann es zu lebensbedrohlichen Situationen mit Bewusstlosigkeit kommen. „Der Typ 2-Diabetes entwickelt sich unbemerkt oft schon in jüngerem Alter, kann für den Patienten lange Zeit symptomlos bleiben und erst durch Spätschäden auf sich aufmerksam machen. Genau deshalb ist ein frühes Erkennen besonders wichtig. Selbst als Kinderarzt sehe ich immer wieder übergewichtige Kinder und Jugendliche, die auf direktem Weg auf die Krankheit zusteuern.“ Können mit einer Umstellung des Lebensstils in punkto Bewegung und Ernährung sowie einer Reduktion von Übergewicht keine Erfolge mehr erzielt werden, ist die Einnahme von Medikamenten zur Blutzuckerregulierung und schließlich auch eine Insulintherapie erforderlich.

Der optimale Blutzuckerspiegel liegt nüchtern bei 80 – 110mg/dl, nach dem Essen steigt er auf maximal 140mg/dl an. Ab einem Nüchternblutzuckerwert von über 120mg/dl beziehungsweise nach dem Essen von über 180mg/dl deutet dies auf eine Diabeteserkrankung hin.

Welche Patienten können an der Schulung teilnehmen?
• Diabetes mellitus Typ 2 muss eindeutig diagnostiziert sein.
• Der Patient ist bereit, aktiv seine Erkrankung positiv zu beeinflussen.
• Eine Teilnahme- und Einwilligungserklärung ist beim DMP-Arzt oder der DMP-Ärztin zu unterschreiben.

www.therapie-aktiv.at

 

 

 

 

 

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