Die Sonderausstellung „Ende der Zeitzeugenschaft?“, die ab 27. Jänner 2023 im hdgö zu sehen ist, deutet Formen erzählter Erinnerung neu und thematisiert Ansätze für einen zukünftigen Umgang mit Zeugnissen. Foto: © Lorenz Paulus / hdgö

Einer der thematischen Jahresschwerpunkte des Hauses der Geschichte Österreich (hdgö) startet am 27. Jänner 2023: Die Sonderausstellung „Ende der Zeitzeugenschaft?“ dreht sich um die zu Ende gehende Ära der Zeitzeug*innen und hinterfragt unter anderem die „Gemachtheit“ der Zeitzeug*inneninterviews. Die Ausstellung des Jüdischen Museums Hohenems und der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg in Zusammenarbeit mit dem hdgö ist bis 3. September 2023 im Museum in der Neuen Burg zu sehen.

Die Ära der Zeitzeug*innen des Holocaust geht ihrem Ende entgegen. Nur noch wenige Überlebende der NS-Herrschaft können aus eigener Erfahrung sprechen – oder von jenen Menschen berichten, die im Holocaust ermordet wurden. Was bleibt, sind neben literarischen Zeugnissen auch unzählige Video- und Audiointerviews der Überlebenden. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie Gesellschaften in Zukunft mit dieser Erbschaft umgehen wollen. Wie kann man mit dem Vermächtnis, das uns die Überlebenden hinterlassen haben, verantwortungsvoll verfahren? Wie mit der Tatsache, dass wir den Erzählungen ebenso kritisch begegnen müssen wie allen anderen historischen Quellen?

Die Ausstellung deutet verschiedene Formen erzählter Erinnerung und ihre gesellschaftliche Rolle seit 1945 vor dem Hintergrund der aktuellen Veränderungen nicht nur neu, sondern thematisiert auch Ansätze zu einem zukünftigen, reflektierten Umgang mit Zeugnissen. Sie führt in fünf zweisprachigen Modulen – in Deutsch und Englisch – durch die wichtigsten Fragestellungen: Neben Gesprächsausschnitten wird hinterfragt, ob Zeitzeugeninterviews eine „gemachte Sache“ sind, weiters geht es um die Themenkomplexe Erinnerungen – Erzählungen – Erwartungen sowie Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Zeitzeugenschaft und zu guter Letzt um die Frage, wer die (Deutungs-)Macht hat. Die Ausstellung war bislang neben Hohenems und Flossenbürg auch in München, Augsburg und Berlin zu sehen und wird nun erstmals in Wien gezeigt.

„Wir haben intensiv zusammengearbeitet und die Schau in einer gemeinsamen Auseinandersetzung mit dem Erbe der Zeitzeugenschaft passend für Wien erweitert. Im Museum setzen wir in den kommenden Monaten einen starken thematischen Fokus auf die Erinnerung an die NS-Zeit, sowohl mit dieser Sonderausstellung als auch mit der Neugestaltung des entsprechenden Bereichs unserer Hauptausstellung. Unser vielfältiges Begleitprogramm für Junge und Ältere soll viele Menschen dazu animieren, sich mit diesen hochaktuellen Fragen zu beschäftigen“, sagt hdgö-Direktorin Monika Sommer

Ein inhaltlich dichtes Programm und eigens vom hdgö sowie www.erinnern.at erarbeitetes Unterrichtsmaterial, das unter zum Download bereitsteht und von Pädagog*innen kostenfrei für den Unterricht verwendet werden kann, begleiten die Ausstellungszeit.
 
„Im Haus der Geschichte Österreich thematisiert die Ausstellung nicht nur den gegenwärtigen wie zukünftigen Umgang mit Zeugnissen des Hauses, sondern nimmt Zeugnisse in den Blick, die sich mit der Realität Österreichs auseinandersetzen – sei es das Überleben in Österreich selbst, die Erfahrungen österreichischer Flüchtlinge andernorts oder das Leben in Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg“, sagt Hanno Loewy, Direktor des jüdischen Museums Hohenems„So kann die Ausstellung auch Verständnis dafür wecken, wie der institutionelle Umgang mit Zeugnissen und deren Repräsentation in Ausstellungen und pädagogischen Programmen, aber auch ihre Nachwirkung in neuen, anderen Erfahrungen und Lebensgeschichten, als Teil einer sich fortführenden Zeitzeugenschaft betrachtet werden kann.“ 

Am ersten Ausstellungstag, am 27. Jänner 2023, feiert das hdgö den „Internationalen Holocaust-Gedenktag“ und lädt Besucher*innen bei freiem Eintritt ins Haus. Ab 30. Jänner wird zudem der wichtige Teilbereich „Erinnern“ der Hauptausstellung des hdgö neugestaltet. Bis 14. März sind aus organisatorischen Gründen daher zwei Hauptausstellungsräume im Umbau. Unter dem Motto „Halbe Fläche, halber Preis“ erhalten Besucher*innen während der Umbauzeit 50 % Nachlass auf das Museumsticket.

Weitere Informationen

Zur Ausstellung: https://hdgoe.at/ende_der_zeitzeugenschaft

Aktuelle Führungen: https://hdgoe.at/category/kalender?start=2023-01-23

www.facebook.com/hdgoe

Quelle: Haus der Geschichte Österreich / HdGÖ

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Das Haus der Geschichte Österreich (HdGÖ)  

Das Haus der Geschichte Österreich ist das erste zeitgeschichtliche Museum der Republik und organisatorisch an die Österreichische Nationalbibliothek angebunden. Angesiedelt am geschichtsträchtigen Heldenplatz in der Neuen Burg, bietet das HdGÖ in seinen Ausstellungen Einblicke in die wichtigsten politischen, gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklungen des letzten Jahrhunderts bis ins Heute. Außergewöhnliche Objekte, teils noch nie gezeigte Dokumente und interaktive Medienstationen machen Zeitgeschichte für Klein und Groß erlebbar – in historischen Räumen mit zeitgemäßer Architektur und Gestaltung.  Viele Fragen und Themen der österreichischen Zeitgeschichte mit Blick auf Gegenwart und Zukunft werden in Themenführungen, Workshops und Veranstaltungen diskutiert. Für alle, die unterwegs oder zu Hause neugierig auf Geschichte sind: Eigene Web-Ausstellungen, aktuelle Schwerpunktthemen und interaktive Bildersammlungen bieten unter www.hdgoe.at immer wieder Neues aus der Vergangenheit.

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