Logo First Vienna FC von 1894Plaudert man, beispielsweise in Deutschland, mit befreundeten Groundhoppern und Fußball-Touristen über den Fußballsport in Österreich und da im speziellen über die Geschichte und die Pionierjahre, erntet man bei der Frage nach dem ältesten Verein hierzulande meist nur lange Gesichter. „Das ist doch die AUSTRIA, oder etwa RAPID?“, ertönt es dann meist aus deutschem Munde. Nun, wohl kaum, denn die VIENNA trägt seit je her in ihrem Namen den Begriff FIRST und kann sich mit Fug und Recht als erster Fußball-Verein Österreichs fühlen, der selbst heute noch, sage und schreibe 125 Jahre nach seiner Gründung, Bestand hat und aktiv dem runden Leder nachläuft. Und auch, wenn die sportliche Gegenwart in der Wiener Stadtliga als vierte Leistungsstufe eher kärglich klingt, so verweisen die Döblinger sichtlich voller Stolz darauf, dass sie unter dem Motto Yes Sir! 1894Meister 2016/17 der Regionalliga Ost” waren und darüber hinaus vor gar nicht allzu langer Zeit – von 2009 bis 2014 – fünf Spielzeiten der Ersten Liga (zweite Leistungsstufe) angehörten und auch als letzter Triumphator des legendären Wiener Stadthallenturniers von 2009 gelten. Zu diesen Höhenflügen – mit Aufstieg und Stadthallen-Sieg – führte die Blau-Gelben Döblinger Coach Peter Stöger, dem diese Aufgabe gemäß eigener Aussage eine wahre Herzensangelegenheit war.

Nathaniel Mayer Anselm Freiherr von Rothschild gilt als Förderer und Ziehvater der Vienna. Foto: First Vienna FC
Nathaniel Mayer Anselm Freiherr von Rothschild gilt als Förderer und Ziehvater der Vienna. Foto: First Vienna FC

Doch wie fing alles an, damals, vor nunmehr 125 Jahren am 22. August 1894 in Wien?

Wien zählte, als Hauptstadt der k. u. k. Monarchie Österreich-Ungarn, über 2 Millionen Einwohner (heute beherbergt die Bundeshauptstadt deren gut 1,8 Mio. Menschen). Durch die Stadterweiterung in den Jahren 1890 bis 1892 und der Eingemeindung der so genannten Vorstädte, also der Außenbezirke, kam es wiederum zu einer Verdrängung der sozialen Unterschichten in diese Außen- und Rand-Bezirke, da dort die großen Industriezentren lagen. Der Jurist Dr. Raimund Grübl beerbte am 14. März 1894 seinen verstorbenen Vorgänger Dr. Johann Prix als Bürgermeister von Wien. Das Obere Belvedere wird Residenz des Thronfolgers Franz Ferdinand, die Kärntner Strasse wird verbreitert und das Rudolfinerhaus in der Billrothstrasse 78 in Döbling – nach Idee und Programm von Theodor Billroth geplant – wird fertig gestellt.

Im Wiener Prater, im Jahre 1766 von Kaiser Josef II. der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, wurde 1894 und auch schon davor, bereits heftig gekickt. Hier trafen „narrische Engländer“ auf „Englische Wiener“ und auf der Jesuitenwiese wurden internationale Turniere ausgetragen. Um dem munteren Treiben aber auch einen seriösen Touch zu verleihen, kam es am 22. August 1894 im Gasthaus „Zur schönen Aussicht“ auf der Hohen Warte zur Gründer-Versammlung des FIRST VIENNA FOOTBALL CLUB. Als Gründer-Väter gelten die Gärtner des Hauses Rothschild, die den neuen Sport aus England nach Wien importierten. Nathaniel Mayer Anselm Freiherr von Rothschild (*1836, † 1905) stand Pate und ermöglichte durch seine großzügige Förderung und Patronanz diese Vereinsgründung. Die Farben seines Hauses wurden die Farben Viennas: BlauGelb. Dieser Umstand vom „oberen Döbling“ rief die im „drunteren Prater“ sogleich auf den Plan und tags darauf kam es zu einer zweiten Behörden-Vereins-Anmeldung, nämlich die des VIENNA CRICKET AND FOOTBALL CLUBS. Aus diesem Verein entsprang im Jahre 1911 der heute bekannte FK Austria Wien.

Kinder beim Kicken mit dem Fetznlaberl auf der "Gstätten" in Döbling 1932. Links die Hohe Warte, rechts im Hintergrund der Karl-Marx-Hof. Foto: ÖNB / Lothar Rübelt
Kinder beim Kicken mit dem Fetznlaberl auf der “Gstätten” in Döbling 1932. Links die Hohe Warte, rechts im Hintergrund der Karl-Marx-Hof. Foto: ÖNB / Lothar Rübelt

Haupttragende bei der Gründung der Wiener Vereine waren zahlreiche Engländer, die in der Hauptstadt der Monarchie arbeiteten, vornehmlich als Angestellte von Zweigniederlassungen englischer Firmen. Sie waren es demnach gewesen, die den Fußballsport in Wien salonfähig gemacht hatten.

Und so ist überliefert, dass am 15. Oktober 1894 auf der Kuglerwiese in Heiligenstadt das erste offizielle Fußballspiel in Wien ausgetragen wurde: Die Cricketer schlugen quasi auswärts die Vienna in deren Heimatbezirk Döbling mit 4 : 0. Wenn man nun meinen möchte, dass mit dieser Niederlage bereits damals besiegelt war, dass die Vienna zwar dereinst einmal groß werden sollte, genau genommen aber nach dem Niedergang der späten 1950iger Jahre nie mehr wieder an die Erfolge von einst anknüpfen könne, ist wohl sehr weit hergeholt. Dennoch lügt die Geschichte nicht und die Vienna, wie man sie heute kennt, stellt eine Vereinsgratwanderung zwischen Sein und Nicht-Sein dar. Nichts desto trotz war der österreichische Fußballsport geboren und seine Wiege stand auf der Hohen Warte. Die Vienna durfte sich mit Recht rühmen, der erste Wiener Fußballklub gewesen zu sein, denn neben den englischen „Zieh-Vätern“ kickten bereits auch waschechte Wiener, während dessen in den Reihen der Cricketer lediglich nur Engländer zu finden waren.

Ein historisches Dokument stellt die Einladung für den Erschaffer der "neuen" Hohen Warte dar.
Ein historisches Dokument stellt die Einladung für den Erschaffer der “neuen” Hohen Warte dar.

Und so betrieb die Vienna auf der Kuglerwiese, nahe der Heiligenstädter Straße, eine Spielstätte, die im Volksmund als „Krautacker“ bezeichnet wurde. Im Spät-Sommer 1896 zog man weiter auf die Kreindlwiese, einem Areal neben dem Blindeninstitut auf der Hohen Warte. Das Grundstück gehörte dem Ziegelei-Besitzer Kreindl, der es der Vienna in Pacht überlies. Die Spielstätte war jedoch schief, sodass die Mannschaften entweder bergauf oder bergab spielen mussten. Die Zuschauer kamen dennoch und der Andrang war groß, wenn es gegen die Cricketer ging. Diese ärgerten sich damals übrigens maßlos über die eigenen Unzulänglichkeiten, denn aufgrund der verspäteten Einreichung der Vereins-Anmeldung um wenige Stunden mussten sie eben den Döblingern das First im Namen auf ewige Zeiten überlassen. Die Vienna hob die Preise von 10 auf 20 Heller an, um dem Besucher-Ansturm Einhalt zu gebieten. Die Leute kamen trotzdem und die Kreindlwiese platze aus allen Nähten. So sah man sich nach einer neuen Spielstätte um, die auch gefunden wurde. Am 1. November 1899 wurde der neue Sportplatz Hohe Warte, nahe der Barawitzkagasse, eröffnet. Die Cricketer hatten auf der Prater-Rennbahn ihre erste Heimstätte. Nach deren Auszug ließ man von dort die mit einem Dach versehene Holztribüne gen Hohe Warte transportieren. Die feierliche Eröffnung stieg am 20. März 1904, die Vienna schlug Cricket mit 3 : 0. Die ersten Jahre des 20. Jahrhunderts zogen ins Land, Fußball wurde gespielt und begeisterte immer mehr Menschen. Kulissen jenseits der 5.000 Besucher waren bei der Vienna keine Seltenheit gewesen. Was folgte war der Große Krieg, der Jahrzehnte später als Erster Weltkrieg in die Geschichtsbücher eingehen sollte. Die Monarchie zerfiel komplett und die Jahre 1914 bis 1918 brachten zahlreiche Not, Elend und großen Hunger mit sich. An Fußball dachte da kaum jemand. Just zum 25jährigen Bestandsjubiläum 1919 drohte die Vienna obdachlos zu werden. Die Kreindl-Gründe gingen in Besitz der Gemeinde Wien über, man kündigte der Vienna das Mietverhältnis auf. Auf dem Gelände quartierte sich mit Dreamland ein Filmstudio ein, später wurde das Hohe Warte Bad errichtet, das bis in die 1980er Jahre Bestand hatte. Heute steht dort ein Altenheim.

Kopf an Kopf reihen sich die Besucher. 38.000 bevölkerten die Hohe Warte am 7. November 1926 beim Ländermatch gegen Schweden (3 : 1). Foto: ÖNB
Kopf an Kopf reihen sich die Besucher. 38.000 bevölkerten die Hohe Warte am 7. November 1926 beim Ländermatch gegen Schweden (3 : 1). Foto: ÖNB

Die Vienna war demnach fieberhaft auf der Suche nach einer neuen Bleibe. Die textlichen Passagen des Klubliedes hatten einen besonderen Stellenwert:

Drum auf! Ihr Brüder, hier die Hand!
Zum Zeichen bleibender Treue,
Daß der alte Ruhm, der so schmählich entschwand,
Sich stetig wachsend erneue!
Wollens zeigen dem Gegner, ob fern, ob hier,
Mit uns könnt Ihr nimmermehr scherzen,
Wir tragen Blau-Gelb nicht als farbige Zier,
Wir tragen Blau-Gelb auch im Herzen!“

Es hatte den Anschein, dass dieser Liedertext den damaligen Funktionären hilfreich zur Seite stand, ja, ihnen auch ungeahnte Kräfte und Impulse verlieh, denn es dauerte nicht lange und gemeinsam mit Ing. Eduard Schönecker, der bereits die Pfarrwiese von RAPID und den WAF-Platz in Hütteldorf geplant hatte, tüftelte man an der Blau-Gelben Zukunft herum. Der neue Sportplatz entstand dort, in der Klabundgasse, wo die Hohe Warte heute noch ist. Der Bau galt als wahres Monster-Projekt und die damaligen Zeitungen wussten bereits im Vorfeld davon zu berichten, dass 100.000 Menschen in diesem Riesen-Oval alsbald einmal Platz vorfinden würden. Für Stadion-Erbauer Eduard Schönecker und sein Team fand sich zu allererst jedoch eine „Mistg´stetten“ vor. Im Weg stand ein Fisch-Teich samt Quelle und die Flohplage an heißen Tagen war für die Vermessungsarbeiten nicht gerade förderlich. Zahlreiche zweirädrige Karren brachten Unmengen an Erdmassen weg und noch zahlreichere helfende Hände werkten unermüdlich mit Schaufel und Krampen, denn schweres Gerät gab es natürlich noch nicht. Es wurde gebaggert, gegraben, geschaufelt, gehämmert und gebohrt. Eine Holztribüne für gut 2.100 Sitzplätze am unteren Ende des Platzes wurde errichtet, deren Rückansicht jedoch offen blieb. Starke Windströmungen hätten das geschlossene Projekt wohl weggeweht. Nach emsiger einjähriger Bauzeit wurde am 19. Juni 1921 das Stadion Hohe Warte eröffnet, die Vienna bat um 17.45 Uhr den SC Hakoah Wien zum fußballerischen Tanz und 12.000 Zuschauer erlebten einen 2 : 1-Erfolg der Heimischen.

 Diese Aufnahme aus dem Jahre 1930 lässt die imposanten Ausmaße der Hohen Warte unvergesslich werden. Foto: First Vienna FC

Diese Aufnahme aus dem Jahre 1930 lässt die einstigen imposanten Ausmaße der Hohen Warte unvergesslich werden. Foto: First Vienna FC

Die Wiener hatten somit ihr Stadion, denn das Wiener Stadion im Prater, heutiges Ernst-Happel-Stadion, wurde erst zehn Jahre später, 1931 eingeweiht.

96.000 Quadratmeter Grundfläche hatte das gesamte Areal und bot auf der einen Seite 50.000 Menschen Platz. 1922 kam es bereits zu ersten Belastungsproben anhand noch nie da gewesener Zuschauer-Ströme: 70.000 gegen Deutschland, 50.000 gegen die Schweiz und 65.000 Besucher gegen Ungarn anhand von ÖFB-Länderspielen. Im Jahr darauf pilgerten unglaubliche 85.000 Leute – die Dunkelziffer ist aufgrund von Gratis-Blitzern bei weitem höher – in das Areal beim Ländermatch gegen Italien. Da das Spiel restlos ausverkauft war, standen noch tausende Menschen vor den Kassenhäuschen ohne Tickets. Die umliegenden Schotterhalden boten allerdings eine geeignete Tribüne, um wenigstens einen kleinen Blick in das damals größte Fußballstadion Kontinentaleuropas zu erhaschen. Nicht wenige Stimmen wurden laut, dass diese Hohe Warte für die zahllosen Besucher viel zu klein geraten sei.

Gstätten-Flair am 3. Mai 1994. Lediglich 300 Besucher wollen Vienna gg. FC Linz (1 : 2) sehen. Foto: oepb
Gstätten-Flair am 3. Mai 1994. Lediglich 300 Besucher wollen Vienna gg. FC Linz (1 : 2) sehen. Foto: oepb

Und die Vienna partizipierte von diesem Andrang, verbuchte sie doch auch bei ihren Spielen zehntausende Anhänger, die immer und immer wieder hinaus nach Döbling strömten. Die Österreichische Fußball-Meisterschaft hatte begonnen – damals freilich noch ohne Bundesländerbeteiligung und mit reinen Wiener Teams 1911/12 – und 10 Jahre später war die Vienna in den Jahren 1922 bis 1926 Vierter, Zweiter, Dritter und wieder Zweiter geworden. Es dauerte bis zur Saison 1930/31, ehe die Vienna erstmals zu österreichischen Meisterehren kam. Es folgten Triumphe der Jahre 1933, sowie dem Titel-Hattrick 1942, 1943 und 1944.

Die Tribüne hinter dem Tor war 1994 polizeilich gesperrt. Foto: oepb
Die Tribüne hinter dem Tor war 1994 polizeilich gesperrt. Foto: oepb

Als Außenstehender zur Vienna zu gehören, zählte allerdings auch jahrzehntelang zur schier unüberwindlichen Hürde. Wer nicht selbst den Vienna-Dress trug, durfte nie mit einer Aufnahme in den Vorstand rechnen, diesen Personen verblieb oftmals nur der Platz des geduldeten Kiebitzes. Kritiker mit Kapital waren aber auch oft bereit, den Geldbeutel zu öffnen. So konnte der Döblinger Kassier innerhalb weniger Stunden ohne Sponsor die Ablösesumme für einen Fußballer „erbetteln“. Vermögende Heurigenwirte, Architekten, Fabrikanten und Großgrundbesitzer bildeten gemeinsam die Vienna-Clique, deren anzugehören allerhöchstes Ziel im 19. Wiener Gemeindebezirk war. Sehr bald gehörte es auch gesellschaftlich zum guten Ton, Vienna-Mitglied zu sein und dem Verein irgendwann einmal aus der Patsche geholfen zu haben. Die jeweiligen Treffpunkte waren abwechselnd beim Braunsberger, beim Hengl, beim Mandl und so weiter. Dieser Geldadel aus Döbling existiert heute freilich nicht mehr, die seinerzeitige Cliquen-Bildung hatte zum Nachteil, dass nur wenig Neue hinzugekommen waren. Wie meistens in derartigen Fällen glaubte man an den Ewigkeitswert der eigenen Taten und scherte sich kaum um die Zukunft. Dennoch schien sportlich die Welt in jenen 1950er Jahren in Ordnung zu sein. Karl Decker, Kurt Schmied, Karl Koller (er spielte mit 21 Länderspielen am öftesten gegen den Erzfeind Ungarn und kam in Summe auf 86 Team-Berufungen) und Hans Buzek (als 17jähriger der jüngste Debütant in der Nationalmannschaft) lauteten die aktuellen Vienna-Größen, die allesamt auch Stützen der ÖFB-Nationalelf waren. Man musste lediglich auf den nächsten Teamspieler warten, den die Nachwuchsteams – auch der B- und C-Kategorie erwiesen sich besser als die schärfsten Verfolger – bestimmt alsbald hervorbringen würden. Dies schien die Zukunft.

Die Vienna unterliegt am 29. November 1986 in Linz dem LASK mit 1 : 2. Kurios: 3 Vienna-Akteure dreschen gleichzeitig auf den Ball. Foto: Archiv der Stadt Linz
Die Vienna unterliegt am 29. November 1986 in Linz dem LASK mit 1 : 2. Kurios: 3 Vienna-Akteure dreschen gleichzeitig auf den Ball. Foto: Archiv der Stadt Linz

Und so folgte nach der letzten gewonnenen Meisterschaft 1954/55, die nur aufgrund der besseren Tordifferenz gegenüber dem Wiener Sport-Club zustande gekommen war, der stete Abstieg der blau gelben Döblinger.

Auch ein Blick in die Zuschauer-Statistik nach dem Zweiten Weltkrieg beweist das ewige Auf und Ab dieses Vereins. Zählte die Vienna im ersten Nachkriegsjahr 1945/46 8.378 Zuschauer im Schnitt (der Wiener Sport-Club kam auf 5.023, die Austria auf 7.590 und RAPID auf 13.281), so verzeichnete man im Jahr darauf durchschnittliche 18.504 Hohe Warte-Geher (8.123 bei Sport-Club, 14.356 bei Austria und 19.975 bei RAPID). Diese erfreulich hohe Durchschnitts-Zahl wurde selbst im letzten Meisterjahr 1954/55 mit 8.429 bei weitem nicht mehr erreicht (Sport-Club: 7.438, Austria: 11.965 und RAPID: 10.723). Als Minusrekord muss hier wohl die Saison 1981/82 genannt werden, als die Vienna in der 2. Division spielte. Lediglich 487 Zuschauer wollten im Schnitt die Heimspiele auf der Hohen Warte sehen (Wiener Sport-Club: 2.986, Austria: 5.000 und RAPID: 7.766, allesamt in der 1. Division).

Blick in die Arena. 800 Besucher kamen am 27. April 1996 ... Foto: oepb
Blick in die Arena. 800 Besucher kamen am 27. April 1996 … Foto: oepb

Wobei man ehrlicherweise aber auch sagen muss, dass in jenem Jahr 1981/82 die Vienna in der 2. Liga das Vorspiel zu Austria-Heimspielen in der 1. Liga austrug. Gewiss waren beim Anstoß der Vienna zwei Stunden vorher die Tribünen noch äußerst schütter besetzt, jedoch kamen die Besucher während des gesamten Vorspieles hinzu, um auf die Austria zu warten. Ab wann zählt also der Schnitt für 2. und für 1. Liga?

In den späten 1970er Jahren herrschte Computer-Diktatur auf der Hohen Warte. Rank-Xerox unterstützte die Vienna und diese Zuwendungen hatten zur Folge, dass Hans Krankl für ein halbes Jahr aus Barcelona nach Wien heimgeholt wurde. Dieser entfachte im Frühjahr 1980 einen wahren Besucher-Boom, sodass Blau-Gelb gesamt 1979/80 auf 4.420 Zuschauer kam (Sport-Club: 3.796, Austria: 6.872 und RAPID: 6.605) So sahen das erste Krankl-Heimspiel gegen den Linzer ASK 5.000 Besucher, zwei Wochen später gegen den SK Sturm Graz waren gar 16.000 Leute gekommen, ebenso noch einmal über 16.000 Besucher zwei Wochen später, diesmal gegen die Austria. Die Schwalbe Hans Krankl flog jedoch nur einen Sommer und zum Ende der Saison 1979/80 stiegen die Döblinger trotz der aktiven Teilnahme der drei Internationalen Hans Pirkner, August Starek und eben Hans Krankl in die 2. Liga ab.

... zu Vienna gg. FC Linz (1 : 3). Foto: oepb
… zu Vienna gg. FC Linz (1 : 3). Foto: oepb

Sechs Jahre später, im Februar 1986, war die Vienna urplötzlich wieder in aller Munde. Mario Kempes, seines Zeichens argentinischer Fußball-Weltmeister und Torschützenkönig von 1978, sollte in Wien XIX anheuern. Der etwas schnippische Kommentar von Ernst Happel lautete damals: „Der Kempes wird schön blöd schauen, wenn er beim Match die paar oiden Grantler und die Gstätten Hohe Warte sieht.“ Nun, Mario Kempes streifte Blau-Gelb über und traf Anfang April 1986 anlässlich eines so genannten „kleinen“ Derbys gegen den Wiener Sport-Club im „Mittleren-Play-Off“ auf Hans Krankl, der zwischenzeitlich für die Dornbacher aktiv war. Die offizielle Kulisse an jenem Freitag Abend auf der Hohen Warte lag bei 13.000 Besuchern. Die Dunkelziffer war bei weitem höher, denn zahlreiche Gratis-Blitzer und Zaun-Kraxler überwanden die marode Stadion-Umzäunung entlang des riesigen Areals und nützten die abendliche Dämmerung, die eben Anfang April gegen 19 Uhr vorherrscht, um unerkannt in der Masse in der Arena untertauchen zu können. Tags darauf fand sich übrigens beim „großen“ Derby RAPID gegen die Austria im „Oberen-Play-Off“ im Hanappi-Stadion in etwa die gleiche Kulisse von knapp 14.000 Besuchern ein.

Die Haupttribüne war in den letzten 5 Jahren anhand er Ersten Liga-Teilnahme oftmals sehr gut besucht. Foto: oepb
Die Haupttribüne der Hohen Warte war in den letzten Jahren oftmals sehr gut besucht. Foto: oepb

Die Vienna bezwang den Sport-Club samt Hans Krankl mit 1 : 0 und stieg am Ende der Saison 1985/86 via Mittleres-Play-Off wieder in die 1. Liga auf. Mario Kempes blieb noch ein Jahr Blau-Gelber, ehe er nach St. Pölten zum VSE weiter zog. Was folgte, waren die letzten erfolgreichen Jahre in Döbling. 1987/88 beendete man die Saison als Vierter, im Jahr darauf wurde man Fünfter. Mit Talenten wie Peter Stöger, Andreas Herzog, Peter Artner und Andreas Heraf, die allesamt auf der Hohen Warte zu Ausnahme- und ÖFB-A-Team-Spielern reiften, bestritt man diese Jahre und spielte auch im UEFA-Cup, unter anderem gegen Ikast FS (1 : 0 in Wien & 1 : 2 in Dänemark), Palloseuru Turku (2 : 1 in Wien & 0 : 1 in Finnland), sowie La Valetta FC (4 : 1 auswärts & 3 : 0 in Wien) und Olympiakos Piräus (2 : 2 in Wien & 1 : 1 in Griechenland). 2.390 Zuschauer im Schnitt 1987/88 (Sport-Club: 1.969, Austria: 4.339 und RAPID: 3.975) sorgten für eine Kulisse, die für die Vienna auch heute noch in der Wiener Liga erzielbar wäre.

Gleich beim Eingang ins Stadion erinnert eine Karl Decker-Büste an den großen Vienna-Akteur. Foto: oepb
Gleich beim Eingang ins Stadion Hohe Warte erinnert eine Karl Decker-Büste an den großen Vienna-Akteur, der auch ein erfolgreicher ÖFB-Teamchef war. Foto: oepb

Im Mai 1997 erreichten die Döblinger sensationell das ÖFB-Cup-Finale, zogen jedoch gegen Sturm Graz vor 14.000 Zuschauern im Ernst Happel-Stadion mit 1 : 2 den Kürzeren. Sensationell mitunter auch deswegen, da als Zweitligist am Weg dorthin Cup-Spezialist Austria Wien, der GAK und Austria Salzburg ausgeschaltet worden waren. Im Juni 2001 erfolgte dann via verlorener Relegation gegen den FC Lustenau erstmals in der Vereinsgeschichte der Canossa-Gang in die 3. Leistungsstufe, die Ostliga. Dort spielte man abwechselnd erfolgreich bis 2008/09, ehe unter dem eingangs erwähnten Peter Stöger die Rückkehr in die Bundesliga erfolgte. Im Sommer 2014 war allerdings auch wieder Schluss in der Bundesliga für Blau-Gelb und man findet sich aktuell in der Wiener Liga wieder.

Im Winter 2017/18 sauste der First Vienna FC urplötzlich und über Nacht aus Liga 3 in Liga 5. Was war geschehen? Ausgebliebene Sponsorengelder brachten den Verein in derart finanzielle Turbulenzen, sodass die Lizenz verweigert wurde. Die Vienna hätte in die 4. Liga absteigen müssen. Diesen Zwangsabstieg wollte der Verein jedoch nicht hinnehmen, kämpfte dagegen an, erhob Einspruch, prozessierte und … verlor. Das Oberlandsgericht Wien gab dem Einspruch nicht statt, was zur Folge hatte, dass die Kampfmannschaft mit der Reservemannschaft, die in der 2. Landesliga Wien aktiv war, zusammengelegt wurde. Trotz eines fulminanten Frühjahrs 2018 reichte es nicht mehr für den Aufstieg. Die Vienna wurde am Ende aber immerhin noch Dritter. 2018/19 duellierte man sich in der 2. Landesliga mit dem 1. Simmeringer SC und behielt am Ende die Nase vorne. Als Meister stieg die Vienna im Sommer 2019 in die Wiener Stadtliga auf. Und auch dort begann der Saisonstart verheißungsvoll. Im ersten Saisonspiel am vergangenen Samstag, 17. August 2019 schlug man vor 800 Besuchern den FavAC zu Wien-Favoriten mit 2 : 1. Die beiden Ex-Internationalen Markus Katzer und Ümit Korkmaz stehen derzeit im Kader der Vienna. Und als Chef der Truppe agiert mit dem Slowaken Peter Hlinka detto ein ehemaliger Bundesliga-Profi (SK Sturm Graz, SK RAPID Wien, FK Austria Wien) als Trainer der ruhmreichen Blau-Gelben. Man darf also gespannt sein, wohin der Weg der Döblinger in diesem Jahr führen wird. Denn auch die Wiener Stadtliga kann und wird nur ein Zwischenschritt für die Vienna sein – ein Zwischenschritt am großen Ritt zurück!

Die Hohe Warte Arena im Mai 2011. Foto: oepb
Die Hohe Warte Arena im Mai 2011. Foto: oepb

Und so ist eine bewegte und gelebte Vereinsgeschichte noch nicht zu Ende. Der First Vienna FC ist nach wie vor auf seinem Weg und trotzte sämtlichen Winden und Stürmen, die sich über der Hohen Warte im Laufe der Zeit auftaten, aber auch wieder verblassten. Blau-Gelb ist in Wien nach wie vor fest verankert und zahlreiche Anhänger von Austria und RAPID tragen auch einen zweiten Verein im Herzen. Nicht selten ist das die Vienna. Möge der Weg, auch wenn er steinig und uneben ist, für Fußball-Talente nach wie vor vorhanden sein und Funktionäre diesen Verein führen, die mehr am Fortbestand des Klubs interessiert sind, denn am Gewinn des eigenen Börserls bedacht.

Bilder sagen mehr als Worte Foto: oepb
Bilder sagen mehr als Worte. Foto: oepb

Ein Auszug der bekanntesten Akteure im Laufe der Jahre (alphabetisch, unvollständig):

Ralf Balzis, Josef Blum, Wilhelm Bohusek, Karl Bortoli, Hans Buzek, Günther Caha, Walter Dannhauser, Karl Decker, Alfred Drabits, Fritz Drazan, Bruno Engelmeier, Richard Fischer, Gernot Fraydl, Gerald Glatzmayer, Fritz Gschweidl, Günther Happich, Andreas Herzog, Rudolf Hevera, Fritz Hiess, Leopold Hofmann, Jacaré, Mario Kempes, Karl Koller, Michael Konsel, Hans Krankl, Hans Menasse, Max Merkel, Peter Persidis, Hans Pirkner, Günter Pospischil, Karl Rainer, Hannes Reinmayr, Rudolf Röckl, Kurt Russ, Rainer Schlagbauer, Willibald Schmaus, Johann Schmidradner, Kurt Schmied, Helmut Senekowitsch, Karl (Sesta) Sesztak, Lothar Sippel, August Starek, Gerhard Steinkogler, Peter Stöger, Heinrich Strasser, Alfred Tatar, Josef Uridil, Ivica Vastic, Günther Vidreis, Josef Walter, Otto Walzhofer, Peter Webora, Rudolf Weinhofer, Erhard Wieger, Helmut Zimmermann usw.

Erfolge:

Österreichischer Fußball-Meister: 1931, 1933, 1942, 1943, 1944 und 1955;
6 mal Österreichischer Vize-Meister
Österreichischer Cup-Sieger: 1929, 1930 und 1937;
6 mal Österreichischer Cup-Finalist
Mitropapokal-Sieger: 1931
Deutscher (Tschammer Pokal) Pokalsieger: 1943
Intertoto-Cup-Sieger: 1988 und 1990
Stadthallen-Turnier-Sieger: 2009

Quelle: Redaktion www.oepb.at

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