„Einem Heltau-Fan fällt es schwer, den Wurzeln dessen nachzugehen, was bei ihm durch das englische Wort „Magic“, aber nicht durch die deutsche Übersetzung „Verzauberung“ richtig wiedergegeben werden kann.”

Die Tatbestandsaufnahme: der Wahlwiener aus Bayern, dessen sprachliche Ausdruckskraft am Berliner Schillertheater, dem Hamburger Schauspielhaus, dem Wiener Theater in der Josefstadt und dem Burgtheater unter den bedeutendsten Regisseuren gereift ist, stützt sich mit leidenschaftlicher Begeisterung in einen Nebenberuf, der ihm schon beim ersten Anlauf – mit der Darstellung des Bluntschli im Musical seines komponierenden Kollegen Udo Jürgens im Theater an der Wien – die Kainz-Medaille der Stadt Wien einträgt. Der Nebenberuf wird zum zweiten Hauptberuf.

Leidenschaftliche Begeisterung – das ist vielleicht das Schlüsselwort. Sie spricht aus allem, was Heltau tut, und springt auf das Publikum über. Er will mit seinen Chansons nicht die Welt verändern – dazu liebt er die Welt zu sehr, so wie sie eben ist. Oder zumindest die Scheinwelt, die er für jeweils drei Minuten zu verzauberten Wirklichkeiten macht.

Romeo wird zum Franzl, der seine Leopoldin´ zum Feuerwerk ins Paradeisgartl führt. Hamlet zum Fiakerkutscher, der zu seinen Schimmeln von der unvermeidlichen „letzten Fuhr“ spricht. Don Carlos zum „noblichen Herrn im blauen Frack und im Stößer“. Anatol legt immer etwas von der Welt Arthur Schnitzlers in seine Chanson-Interpretationen. Es liegt ein Hauch von Fin de-Siècle-Traurigkeit darüber, wenn er sagt, dass er siebenmal in der Woche traurig ist.

Heltau schreibt keine eigenen Lieder. Er glaubt an den Wert der Chanson-Literatur, aus der er die Perlen der letzten hundert Jahre in unermüdlicher Suche neu entdeckt. Was „ka Gothe g´schrieben und ka Schiller dicht“ hat, wird bei ihm mit Respekt wie ein Klassiker behandelt. In seiner originellen One-Man-Show „Statt zu singen“ spricht er klassische Liedertexte; Das Programm stellt Goethe und Heine erstmals neben nur scheinbar bedeutungslose Texte von Wienerliedern, denen er eine nie geahnte Dimension gibt.

Kann man Heltaus Interpretationen als Sprechgesang bezeichnen? Ich war dabei, als er für die Wiener Festwochen-Produktion einer schwierigen modernen Oper Karl Böhm vorsang und erst ganz zuletzt ausschied. Seine Freunde haben sich heimlich gefreut. Ein zweiter Caruso wäre er nicht geworden, aber unser „Michel“ wurde „der Heltau“.

Als ich mir zu seinem ausverkauften Solo-Abend in der Berliner Staatsoper durch eine mit Transparenten um Karten bittende Menge den Weg bahnen musste, dachte ich: Er hat es doch in der Oper geschafft wenn auch anders, als geplant. Heltau Magic.“

So der große österreichische Opernführer Marcel Prawy dereinst über Michael Heltau.

Ich über mich

Ich würde mich eher als Bühnenmenschen, denn als Schauspieler bezeichnen.“, so Michael Heltau einmal in einem Interview über sich selbst. Und das ist auch richtig so, denn sein Talent besticht vor allem anderen durch seine unglaubliche Vielseitigkeit: Er ist Schauspieler, Rezitator, Sänger, Entertainer. Ob auf der Bühne des Burgtheaters, bei den Salzburger Festspielen, als Musical-Darsteller, als Chanson-Interpret, in seinen eigenen Shows, bei Lesungen und dergleichen – immer wieder begeistert er sein Publikum. Im deutschen Sprachraum gibt es wohl kaum einen vielseitigeren Künstler als den aus dem bayerischen Ingolstadt stammenden Wahl-Österreicher, den es bereits in frühester Kindheit ins Salzkammergut verschlagen hatte.

Von Würzburg über Hamburg, Berlin nach Salzburg und Wien

Nach Absolvierung des Max Reinhardt-Seminars in Wien debütierte er in Würzburg, von wo ihn Fritz Kortner an das Münchner Residenztheater holte. Es folgten das Theater in der Josefstadt in Wien, das Schillertheater und das Theater am Kurfürstendamm in Berlin, das Hamburger Schauspielhaus und das Thalia Theater. Von 1959 bis 1961 gastierte Heltau bei den Ruhrfestspielen und ab 1964 regelmäßig bei den Salzburger Festspielen. Im dortigen „Jedermann“ verkörperte er den guten Gesellen. Dann war er der Bassa Selim in Giorgio Strehlers Inszenierung von Mozarts „Entführung aus dem Serail“. Die Begegnung mit Strehler hat Heltau immer als eine seiner wichtigsten künstlerischen Erfahrungen bezeichnet.

Triumphe in Wien

In Wien feierte Michael Heltau seine größten Erfolge. Er war Orlando in „Wie es euch gefällt“, Carlos und Tellheim in „Minna von Barnhelm“ im Theater in der Josefstadt, „Hamlet“ und „Romeo“ am Volkstheater. Am Burgtheater profilierte er sich in den 1970er und 1980er Jahren als der Hauptrollendarsteller schlechthin und zwar gleichgültig, ob es um Klassiker, oder aber um moderne Stücke ging. Er war Schnitzlers melancholischer „Anatol“, Hoffmannsthals sensibler „Schwieriger“ und Pinters düsterer Lenny in „Heimkehr“, der temperamentsprühend-skurrile Dadaist Tristan Tzara in Stoppards „Travesties“ und der elegant-undurchsichtige Baron Laborde in Hermann BrochsAus der Luft gegriffen“. Und schließlich Schillers „Wallenstein“. Trotz dieser triumphalen Erfolge kehrte Heltau der „Burg“ immer wieder den Rücken. „Ich wollte nie zum Inventar gehören, denn irgendwann nützt man sich ab und wird ein Möbelstück im Haus. Diesen Zustand wollte ich nie erleben.“, so der Jubilar betreffend seines mehrmaligen Abgangs vom Wiener Burgtheater, um dann doch nach einiger Zeit gerade dort wieder vor sein staunendes Publikum zu treten.

Vom Schauspiel zur Show

Michael Heltau sang und spielte den Bluntschli im Theater an der Wien (Helden, Helden) und erhielt dafür die begehrte Kainz-Medaille. Hiermit begann für ihn ein geradezu kometenhafter Aufstieg in der Showbranche als kongenialer deutscher Interpret der Lieder und Chansons des Belgiers Jacques Brel. Ein Genre für sich bildeten seine meist in Eigenproduktion herausgebrachten Fernseh-Shows: aus sehr persönlichen Anliegen entstanden, verknüpften sie Show-Szene mit Theaterbühne und sind als solche legendär geworden: „Auf d´Nacht, Herr Direktor, Aber jetzt, Herr Direktor, Meine Leute, Classical, Meine Zeit“. Für das ZDF in Mainz gestaltete Heltau jahrelang den populären „Liedercircus“, der Chansons aller Stilrichtungen eine Bühne bot.

Aus Mainz und Wien an die Scala nach Italia

Ab 1993 konnte Michael Heltau für über 10 Jahre einen Sensationserfolg bei Publikum und Presse als Professor Higgins in „My Fair Lady“ an der Wiener Volksoper verbuchen und er gastierte in dieser Rolle auch im Berliner Metropoltheater. Die Presse war begeistert von Heltaus „Zauberer Cotrone” in Pirandellos „Die Riesen vom Berge“, Giorgio Strehlers letzter Burgtheater-Inszenierung, dem Höhepunkt seines künstlerischen Wirkens. Anlässlich der Wiener Festwochen im Jahre 2001 wurde Michael Heltau berufen, die legendäre Strehler-Inszenierung von MozartsLe Nozze di Figaro“ mit Riccardo Muti am Pult der Wiener Philharmoniker mit neuen Sängern lebendig zu machen. „Im Geiste Strehlers zu arbeiten, heißt mit Menschen zu arbeiten.“, so Michael Heltau. Ein Aufsehen erregender Erfolg im Theater an der Wien, der ihn danach als Regisseur an die Mailänder Scala und zu den Opernfestspielen von Ravenna brachte.

Wien, Wien nur Du allein

Mit seinen Operetten-Programmen „Operette sich, wer kann“ und „Bruder Leichtsinn“ gastierte er höchst erfolgreich im Wiener Ronacher, in der Volksoper und im Theater an der Wien. 2007 kehrte Michael Heltau mit der musikalischen Show „Statt zu spielen“ ins Burgtheater – sein altes Haus am Ring – zurück. Eine wahre Reverenz an dieses Haus, die anhand von über 20 Vorstellungen frenetisch bejubelt wurde. Ab 2010 wurde im Akademietheater der Solo-Abend „I brauch kan Pflanz“ als großer Erfolg bei Publikum und Presse immer wieder aufgeführt. Im März 2012 hatte Heltaus neue Burgtheater-Produktion „Es ist immer jetzt Premiere“ Premiere und erhielt dabei enthusiastische Kritiken.

Auszeichnungen und Ehrungen

Bereits als junger Schauspieler mit dem Karl Skraup-Preis geehrt, nahm Michael Heltau neben der Kainz-Medaille den Goldenen Rathausmann der Stadt Wien entgegen und wurde 1986 zum österreichischen Kammerschauspieler ernannt, dem die Stadt Wien ihre höchste Auszeichnung mit der Verleihung des Goldenen Ehrenzeichens ausdrückte. 1993 wurde Michael Heltau mit 60 Jahren der jüngste Doyen des Wiener Burgtheaters und erhielt 2001 vom österreichischen Bundespräsidenten Dr. Thomas Klestil das Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse verliehen. 2003 wurde er mit der Ehrenmitgliedschaft des Burgtheaters, 2004 mit der ebensolchen des Wiener Volkstheaters ausgezeichnet. 2005 erhielt Michael Heltau den „Nestroy“ für sein Lebenswerk. 2006 wurde ihm das Verdienstkreuz I. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen. 2008 verlieh ihm die Wiener Mozartgemeinde, deren Präsident er durch viele Jahre hindurch gewesen war, den Mozart-Ring und im Jahre 2010 erhielt er den eigens für Ehrenmitglieder des Hauses geschaffenen Burgtheater-Ring.

90. Geburtstag

Die Karriere des Michael Heltau ist bewegt und ereignisreich zugleich. Wenn man es genau nimmt, dann war er immer schon da und er trat stets und immer wiederkehrend erfreut vor sein zahlreiches und staunendes Publikum – egal, in welcher Rolle auch immer. Und nun hat Michael Heltau Geburtstag. Den allerherzlichsten Glückwunsch dazu! 90 Jahre! Man ist geneigt „alt“ zu sagen, doch ist er das wirklich? Der als Michael Heribert Huber am 5. Juli 1933 im deutschen Ingolstadt geborene und seit ewigen Zeiten in Österreich lebende und agierende Allround-Künstler ist jung geblieben, im Herzen und durch sein Tun, durch sein Leben und sein Wirken. Jubilar Michael Heltau – einer der letzten großen künstlerischen österreichischen Allround-Genies, von denen es hierzulande leider nicht mehr allzu viele gibt.

https://michaelheltau.com/

Quelle: Redaktion www.oepb.at

 

Back to Top