Das FAK-Team vor dem Endspiel am 3. Mai 1978. Stehend von links: Ernst Baumeister, Hubert Baumgartner, Hans Pirkner, Felix Gasselich, Karl Daxbacher und Herbert Prohaska. Hockend von links: Kapitän Robert Sara, Thomas Parits, Josef Sara, Erich Obermayer und Julio Morales.  Foto: © oepb

Der Wonnemonat Mai und sein Beginn vor 45 Jahren: In Österreich hing der Fußball-Himmel voller Geigen. Die Nationalmannschaft bereitete sich im niederösterreichischen Lindabrunn auf die heranrückende Weltmeisterschaft in Argentinien vor und die heimische Meisterschaft bog in die Zielgerade ein. Spannung gab es jedoch keine mehr. Zu sehr dominierte der FK Austria Memphis – so der offizielle Name damals der Wiener Austria – die Punktejagd der Saison 1977/78. Inoffiziell in der 29., offiziell in der 31. Runde, also bereits 5 Spieltage vor Schluss, stand die Austria als neuer Österreichischer Fußballmeister fest.

Deren weitere drei Meister-Titel en suite bis einschließlich 1980/81 sollten im Übrigen darauf folgen. Dies sei nur am Rande erwähnt.

Euphorie rund um die Wiener Violetten herrschte auch im Europacup. Hier war der Austria ein Husarenritt geglückt, der alles bisher Dagewesene in den Schatten stellte.

Seit 1955/56 wird um den Europapokal der Landesmeister – heutige und seit 1992/93 bestehende UEFA Champions League – gerittert. 1957/58 kam der UEFA-Pokal hinzu. Und im Jahre 1960/61 wurde erstmals der Europacup der Pokalsieger ausgetragen. Und noch nie war eine Österreichische Mannschaft bis ins Endspiel vorgedrungen. Bis eben zu jenem Mittwoch, 3. Mai 1978;

Final-Ticket: Erstmals steht eine österreichische Fußball-Mannschaft in einem Europapokal-Finale. Sammlung: © oepb

Austrias Gegner auf dem Weg ins Endspiel lauteten:

1. Runde:

Cardiff City – 0 : 0 in Wales, 3.600 Zuschauer, 1 : 0 in Wien, 8.000 Zuschauer, Weststadion.

2. Runde:

Lokomotive Kosice – 0 : 0 in Wien, 8.500 Zuschauer, Weststadion, 1 : 1 in Kaschau, 15.000 Zuschauer.

Viertelfinale:

Hajduk Split – 1 : 1 in Wien, 15.000 Zuschauer, Praterstadion, 1 : 1 in Split, 25.000 Zuschauer. Die Austria gewann das Elfmeterschießen mit 3 : 0.

Halbfinale:

Dynamo Moskau – 1 : 2 in Tiflis, 70.000 Zuschauer, 2 : 1 in Wien, 72.000 Zuschauer, Praterstadion. Die Austria gewann das Elfmeterschießen mit 5 : 4.

Und so warteten im Endspiel von Paris die „Königlichen“, der RSC Anderlecht. Auch die Belgier tragen die Farben Violett-Weiß und kamen über Lokomotive Sofia, den Hamburger SV, den FC Porto, sowie FC Twente Enschede ins Finale. Und da stand man sich also nun gegenüber – der Royal Sporting Club Anderlecht als Favorit und der Herausforderer aus der Donaumetropole Vienna, der FK Austria Memphis Wien.

Das einsame Meisterschaftssolo der Austria war bis auf die letzte noch ausstehende Runde gespielt und im heimischen Cup war im Semifinale bei Wacker Innsbruck Endstation, ehe der violette Tross zum Pariser Endspiel aufbrach. Der Gegner stand zum dritten Mal in Folge im Finale. 1976 blieb man gegen West Ham United mit 4 : 2 erfolgreich, 1977 verlor man gegen den Hamburger SV mit 0 : 2. Auf Seiten der Austria gab es keinen Aktiven, der nicht schon einmal in Paris gewesen wäre. Die meisten Spieler waren 1976 an der Seine mit von der Partie, als Komm.-Rat Leopold Böhm – seines Zeichens Gründer der Modekette Schöps Textil – den spendablen Präsidenten gab und den Meistertitel 1975/76 im Lido feiern ließ. Zwei Jahre später begleiteten gut 13.000 Anhänger die Austria, um beim größten Fest des österreichischen Klubfußballs dabei zu sein. Man muss kein Österreicher sein, um zu verstehen, dass man es hierzulande mit dem olympischen Gedanken – „Dabei sein ist alles“ – oftmals allzu wörtlich nimmt. Schon allein das Antreten der Veilchen im Parc des Princes wurde allerorts als Riesenerfolg verkauft. Dass man das Endspiel jedoch eventuell auch gewinnen könnte, daran wurde kaum ein Gedanke verschwendet.

Um dem ganzen Trubel zu entgehen, logierte die Austria 30 Kilometer außerhalb von Paris in der Hostellerie du Lys. Dort war 1976 auch der FC Bayern München vor seinem 2 : 0-Finalerfolg über Leeds United abgestiegen. Ob das wohl Glück bringt? Gutes Geld wurde den Spielern auch zugesichert, wenngleich bei einer Final-Niederlage diese Summe halbiert werden würde. „Das Abschneiden werde zum Großteil von der Tagesverfassung von Herbert Prohaska abhängen.“, meinte im Vorfeld der erfolgreiche Austria-Coach Hermann Stessel. Und der „Schneckerl“, der von den französischen Journalisten kurzerhand zum österreichischen Platini – beide Jahrgang 1955 – umgetauft wurde, ergänzte: „Wir müssten so spielen wie in den ersten 45 Minuten in Tiflis und in den zweiten 45 Minuten in Split. Dann haben wir eine Chance.“

Cover des offiziellen Match-Programms. Foto: © oepb

Zum Finale:

Die erste Chance hatte Hans Pirkner nach einem idealen Pass von Felix Gasselich. Die zweite Möglichkeit fand Karl Daxbacher nach Vorarbeit Prohaskas vor. Doch dann kam Anderlecht. Völlig ungedeckt erzielte Rob Rensenbrink nach 15 Minuten das 1 : 0. Die Austria konnte die frühe Führung zwar sehr gut verarbeiten, verlor aber das Finale knapp vor der Halbzeit-Pause. In der 44. Spielminute gab es innerhalb kürzester Zeit zwei Verlusttore zu beklagen. Das 0 : 2 durch einen perfekt gezirkelten Rensenbrink-Freistoß und unmittelbar darauf das 0 : 3 durch Gilbert Van Binst.

„Wenn Anderlecht 3 : 0 führt, dann hat keine Mannschaft der Welt hier noch eine Chance.“, so FAK-Kapitän Robert Sara. Und so war es auch. Kein Aufbäumen, kein Entgegenstemmen, die Austria und die 13.000 violetten Schlachtenbummler, die nur mehr vereinzelt auf sich aufmerksam gemacht hatten, gaben sich komplett auf. Das 0 : 4 – ein Bombenschuss ins Kreuzeck von Van Binst in der 80. Spielminute – war nur mehr eine Draufgabe.

Die Austria forderte den Gegner zum offenen Schlagabtausch und wollte mitfighten – ohne allerdings das gnadenlose Rüstzeug zum offenen Kampf mitzubringen. In punkto Technik war man den Belgiern ebenbürtig, doch taktisch und betreffend Schnelligkeit war der RSC Anderlecht im Plus, was auch mit dem klaren Resultat von 4 : 0 bestätigt wurde.

Die beiden Kapitäne beim Wimpeltausch. Rob Rensenbrink (Anderlecht, links) sowie Robert Sara (Austria Wien). Foto: © oepb

Die Veilchen waren nach dem Schlusspfiff geknickt und deprimiert. Genau genommen erwischte das gesamte Team einen rabenschwarzen Tag und keiner der aufgebotenen Akteure erreichte seine Normalform. So wurde in Paris eben die Musik vom Gegner gemacht. Meisterschaft, ÖFB-Cup, Europapokal, Nationalteam, sehr kurze Winterpause – also vor Kraft strotzend reisten die Wiener Veilchen nicht nach Paris. Und dennoch meinte ein nach dem Spiel wieder optimistischer Herbert „Schneckerl“ Prohaska, dass die Austria in dieser sensationellen und überaus erfolgreichen Saison 1977/78 für die sportliche Zukunft sehr viel gelernt hatte.

Zurück in Wien empfing man drei Tage später, am 6. Mai 1978, RAPID zum 140. Wiener Derby und dem Saisonfinale. Vor 13.125 Besuchern im Praterstadion trennte sich der Österreichische Meister vom Österreichischen Vize-Meister 0 : 0. Nach dem Spiel wurden die Austrianer in drei Fiakern zur Meisterschaftsfeier in den Prater kutschiert.

Die Österreichische Nationalmannschaft reiste wenig später nach Südamerika ab und errang bei der Fußball-WM in Argentinien den unerwarteten 7. Platz. 1985 RAPID (1 : 3 gegen den FC Everton), 1994 Austria Salzburg (zweimal 0 : 1 gegen Inter Mailand) und 1996 abermals RAPID (0 : 1 gegen Paris Saint Germain) waren die weiteren Europapokal-Endspiel-Teilnahmen aus Österreichischer Sicht bis heute. Die Austria war im Jahr darauf 1978/79 abermals knapp daran, ein Finale – diesmal jenes der Landesmeister – zu erreichen. Im Endeffekt fehlte gegen Malmö FF im Semifinale beim Rückspiel in Schweden lediglich ein Tor zur neuerlichen Endspiel-Teilnahme.

Und auch, wenn diese Erfolge auf europäischer Bühne schier ewig her sind, so sollten sie doch der heutigen Fußballer-Generation Mahnung und Ansporn zugleich sein, in die Fußstapfen ihrer Vorfahren zu treten, um ähnliches für den rot-weiß-roten Fußballsport zu erreichen. An Talenten mangelt es bekanntlich nicht in unserem Land. Eher an der bedingungslosen Einstellung zum Beruf.

Quelle: Redaktion www.oepb.at

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