hermann-leopoldi-oepb-erwinaglassammlung.Die Wienbibliothek übernahm 2010/11 den Nachlass des großen Komponisten und Interpreten des Wienerliedes, Hermann Leopoldi, als Schenkung von seinem Sohn Ronald.

Die erste öffentliche Präsentation dieser zeitgeschichtlich brisanten Materialien orientiert sich einerseits an den Liedern Leopoldis und andererseits an drei Epochen Wiens, mit denen sein Werk untrennbar verbunden ist.

Hermann Leopoldi wurde 1888 als Hersch Kohn in eine jüdische Familie und in sein erstes Wien, die Reichshaupt- und Residenzstadt der Donaumonarchie, hineingeboren. Hier wurde der junge Musiker auch künstlerisch sozialisiert.

Im Raum der Monarchie werden die migrantischen Wege der Familie Kohn, die ersten Tourneen des jungen Pianisten mit Wiener Volkssängern und die ausgedehnten Reisen des „Klavierhumoristen“ Leopoldi mit dem Kriegspressequartier nachgezeichnet. In seinem zweiten Wien, dem der Zwischenkriegszeit, feierte Hermann Leopoldi seine größten Erfolge.

Gemeinsam mit Bruder Ferdinand und dem renommierten Conferencier Fritz Wiesenthal führte er das Kabarett Leopoldi-Wiesenthal in der Rotgasse im 1. Bezirk.

Hermann Leopoldis Lieder dieser Zeit kommentierten politische Skandale, gesellschaftliche Moden und die Medienrevolutionen, an denen er als moderner Schlagerkomponist und -interpret Anteil hatte. Die außergewöhnliche Qualität seiner Lieder kam in der Zusammenarbeit mit den besten Textdichtern seiner Zeit zustande: Fritz Löhner-Beda, Fritz Grünbaum, Arthur Rebner, Theodor Waldau, Erwin Spahn, Salpeter (Karl Pollach), Peter Herz u.a.

Ab den 1930er Jahren „rückten“ die Alpen aber immer näher, was sich in der Kleidung der Menschen wie in den politischen Verhältnissen zeigte. Leopoldi war nun – wie zuvor für die Sozialdemokraten – auch für den Ständestaat propagandistisch tätig. Für ihn und andere jüdische Künstler bedeutete das faschistische Regime vor allem die Erhaltung des unabhängigen österreichischen Staates gegenüber dem expansionshungrigen NS-Deutschland.

LEOPOLDIANA. Die zweibändige Edition enthält die Lieder Hermann Leopoldis und 11 Lieder von dessen Bruder und Mitarbeiter Ferdinand Leopoldi. Herausgegeben von Ronald Leopoldi.
LEOPOLDIANA. Die zweibändige Edition enthält die Lieder Hermann Leopoldis und 11 Lieder von dessen Bruder und Mitarbeiter Ferdinand Leopoldi. Herausgegeben von Ronald Leopoldi. Foto: opeb

Das dritte Wien des Hermann Leopoldi entstand seit 1938, als sich die Stadt den Nazis in die Arme geworfen hatte, durch Verfolgung, Raub, Mord und Krieg. Als Häftling der Konzentrationslager Dachau und Buchenwald komponierte Leopoldi den Buchwälder Marsch. Als Exilant präsentierte er in den USA ein „Alt-Wien“, dessen Kultur und Mentalität gegenüber dem „preußischen“ NS-System immun erschien.

Bei seiner Rückkehr 1947 wurde der große „Wiener“ jubelnd empfangen, als ob er in den USA nur eine ausgedehnte Tournee gemacht hätte. Vorerst wohnte Leopoldi im Hotel und behielt sich vorsichtshalber eine kleine Wohnung in New York. Eine weitere Flucht blieb ihm und seinem dritten Wien aber glücklicherweise erspart, er starb hier 1959.

Zahlreiche originale Textmanuskripte sind in Vitrinen ausgestellt. Foto: oepb
Zahlreiche originale Textmanuskripte sind in Vitrinen ausgestellt. Foto: oepb

Was: Die drei Wien des Hermann Leopoldi

Wo: Ausstellungskabinett der Wienbibliothek im Rathaus, 1010 Wien, Eingang Felderstraße (bis 18 Uhr) Stiege 6, 1. Stock (Glaslift)

Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag (werktags) von 9 bis 18.30 Uhr Freitag (werktags) von 9 bis 16.30 Uhr

Tel.: 01/4000-84920

Email: oeffentlichkeitsarbeit@wienbibliothek.at

Wieviel: Der Eintritt ist frei

 
 
 
Dienstag, 22. Mai 2012, 19 Uhr
Begleitveranstaltung zur Ausstellung
„Ravagiana“ Hermann Leopoldi und die neuen Medien
Mit Georg Traska und Christoph Lind (Kuratoren)
Wienbibliothek im Rathaus, Lesesaal, Eingang Lichtenfelsgasse 2, Stg. 6 (Lift), 1. Stock
 
Donnerstag, 14. Juni 2012, 19.30 Uhr
Begleitveranstaltung zur Ausstellung
Da wär’s halt gut, wenn man Englisch könnt!
Hermann Leopoldi im amerikanischen Exil
Mit Vincenz Wizlsperger, Hannes Löschl, Georg Traska und Christoph Lind
Wiener Volksliedwerk
Bockkeller, Gallitzinstraße 1, 1160 Wien
 
Montag, 1. Oktober 2012, 19 Uh
Finissage der Ausstellung
„Die drei Wien des Hermann Leopoldi“
Teddy Podgorski liest aus den Memoiren Hermann Leopoldis
Musikalisches Programm: Die Strottern
Moderation: Georg Traska und Christoph Lind
Volkshalle Rathaus, Eingang Lichtenfelsgasse 2, Arkadenhof

Die Ausstellung läuft noch bis 5. Oktober 2012

www.wienbibliothek.at

 

 

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