Norbert Lopper, 2009. Foto: oepb.at
Norbert Lopper, 2009. Foto: oepb.at

Ein Veilchen blühte auf

Im Zuge der Ausstellung ,Wo die Wuchtel fliegt´ im WIEN MUSEUM am Karlsplatz kam es gestern zu einem launigen Gespräch mit dem langjährigen Austria-Sekretär Norbert Lopper. Besagter Herr leitete in der Zeit von 1956 bis 1983 die geschäftlichen Geschicke der Wiener Austria als Sekretär heutzutage würde man Manager dazu sagen. Und es sollte ein Blick zurück werden in eine Zeit, in der noch nicht das große Geld im Vordergrund stand. Der Moderator Georg Spitaler begrüßte den prominenten Gast, sowie die anwesenden Zuhörer und Fans und schon kurze Zeit später sprudelte es aus Norbert Lopper förmlich nur so heraus. Aus dem Stehgreif plauderte der sympathische Herr erstmals in der Öffentlichkeit über sein bewegtes Leben, das sich seit jeher um den Fußballsport drehte.

Geboren und aufgewachsen 1919 als Kind jüdischer Eltern in Wien-Brigittenau war sein erster Verein der FC Sparta, für den er als Jung-Spund die berühmten ,Packeln´ zerriss. Später kickte er in der Jugendmannschaft der Hakoah Wien. Unmittelbar nach dem Anschluß 1938 Österreichs an Hitler-Deutschland und dem so genannten Anschlussspiel der Österreichischen gegen die Deutsche Nationalelf (2 : 0 für Österreich im Wiener Stadion) hieß es für ihn jedoch Abschied nehmen aus seinem geliebten Wien. Er floh nach Brüssel und spielte dort bei Maccabi. 1942 wurde er nach Ausschwitz verschleppt. Den Zweiten Weltkrieg verbrachte und überlebte er mit viel Glück in insgesamt vier Konzentrationslagern. Nach Zusammenbruch der Nazidiktatur organisierte Norbert Lopper Gastspiele Österreichischer Klubs in Brüssel. 1952 folgte die Rückkehr nach Wien, er fand alte Freunde wieder und heuerte bei Hakoah Wien an. Dort herrschte Personalnot und er sprang als Fußballspieler ein.

Norbert Lopper (links) und Hans Menasse. Foto: oepb.at
Norbert Lopper (links) und Hans Menasse. Foto: oepb.at

Die Jahre vergingen und Norbert Lopper landete bei der Wiener Austria, der seit jeher seine große Liebe galt. Die Wiener Violetten, die sekretariatsmäßig im Cafe Savoy auf 12 Quadratmetern ihre Zelte aufgeschlagen hatten, zigeunerten in dieser Zeit durch ganz Wien, um ihre Meisterschaftsspiele auszutragen. Von der Hohen Warte über den Sportklub-Platz und Meidling weiter in den Prater, von dort weiter in die Südstadt und ins neu erbaute West-Stadion Jahre später. Daß dies aber nicht immer so bleiben konnte, war Norbert Lopper lange Zeit in Dorn im Auge. Und so gelang ihm der Brückenschlag zu Franz Horr, einem verdienstvollen Gewerkschaftsfunktionär und dieser signalisierte sofort seine Bereitschaft, der Austria zu helfen, um am Verbandsplatz Wien X in Favoriten heimisch zu werden. Die Auslosung zur Spielzeit 1973/74 bescherte den Violetten im ersten Heimspiel Wacker Innsbruck. Dieses Match wurde im Wiener Stadion gespielt, die nächste Runde gastierte die Austria im Lindenstadion zu Eisenstadt und in der dritten Meisterschaftsrunde war Premiere für Violett gegen die Vienna in Wien-Favoriten. 11.000 Besucher und somit ein ausverkauftes Haus nahmen die Einladung an, der Austria künftighin im 10.
Wiener Gemeindebezirk zuzujubeln, es folgte ein 4 : 1-Sieg gegen die Döblinger. Es sollte dennoch noch bis 1982 dauern, ehe Violett zur Gänze angekommen war in Favoriten. Mit einem 3 : 1-Finalsieg gegen Wacker Innsbruck im Österreichischen Pokal wurde im Mai 1982 das nunmehrige Horr-Stadion zur offiziellen Heimspielstätte für die Wiener Veilchen.

Norbert Lopper war zu seiner Zeit ein Funktionär vom Scheitel bis zur Sohle.
Er vertrat die Austria nach aussen hin wie kein Zweiter. Er gründete quasi neben der täglichen Arbeit auch noch den AWAK, den Austria Wien-Anhängerklub. Ganze 10 Jahre lang von 1960 bis 1970 war er alleine im Sekretariat des FAK anzutreffen und für sämtliche administrative Dinge zuständig. Als Benfica Lissabon 1961 im Europapokal in Wien gastierte, wickelte er in Eigenregie den Kartenvorverkauf für spätere 80.000 Besucher ab. Er fischte aber auch in fremden Gewässern und zog so den einen oder anderen Jung-Star an Land. Herbert Prohaska beispielsweise von Ostbahn XI hätte 1971 ein Grün-Weißer werden sollen. Heute schier unvorstellbar – der ,Schneckerl´ bei RAPID. Aber Norbert Lopper hatte Glück und funktionärstechnisches Geschick an den Tag gelegt und so landete der Ur-Simmeringer Herbert Prohaska aus der Hasenleiten eben bei der Austria in Favoriten. Norbert Lopper berichtete auch, dass die Wiener Austria 1966 der erste Verein Europas war, die mit der Schwechater Brauerei einen offiziellen Sponsor an Land gezogen hatte.

Franz Schwarz, Norbert Lopper und Karl Stotz anlässlich der Austria Wien Museums-Eröffnung am 11. Mai 2009. Foto: oepb.at
Franz Schwarz, Norbert Lopper und Karl Stotz anlässlich der Austria Wien Museums-Eröffnung am 11. Mai 2009. Foto: oepb.at

Und so ließe sich die Erzählung Norbert Loppers aus seinem turbulenten Fußballer-Funktionärsleben weiter fortführen, denn erlebt und bewegt hatte er sehr viel. Unvergessen gemäß eigenen Aussagen war sein stetes ,Klinken putzen´ immer wieder, wenn es darum ging, Gelder für den Spielbetrieb aufzustellen. Aber im späteren ,Mr. Austria´ Josef ,Joschi´ Walter und in Komm.-Rat Leopold Böhm, dem Begründer der Schöps-Textilkette, fand er immer wieder Gönner und großzügige Mäzene, die den Veilchen oftmals unterstützend unter die Arme gegriffen hatten. Man merkte auch anhand der Erzählungen, dass die Austria nie ein Verein für jedermann war. Stil und Esprit wurde in Violett immer und nicht nur am Spielfeld groß geschrieben. Die Austria war beinahe aristokratisch und nobel anzusehen, die Konkurrenz der Arbeiterklasse war eben wo anders zu Hause.

So schloß der 89jährige Funktionär früherer Jahre seine erfrischenden und äußert interessanten Erzählungen, entschwand rasanten Schrittes in den Katakomben der Karlsplatz-U-Bahnstation und hinterließ die Besucher und Zuhörer mit zahlreichen Anekdoten und Bonmots versehen. Möge ihm weiterhin Gesundheit und Wohlergehen beschieden sein.

Mein Film3

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