Marina Sorgo, MA - Bundesverbandsvorsitzende der Gewaltschutzzentren und Interventionsstellen Österreichs. Foto: GSA
Marina Sorgo, MA – Bundesverbandsvorsitzende
der Gewaltschutzzentren und Interventionsstellen Österreichs. Foto: GSA

Vergangene Woche wurde im Bundesministerium für Inneres den Mitgliedern der Task Force Strafrecht der Maßnahmenkatalog, wie er dann im Ministerrat als Maßnahmenpaket gegen Gewalt beschlossen wurde, präsentiert. Der Bundesverband der Gewaltschutzzentren und der Interventionsstellen Österreichs begrüßt es sehr, dass die Bundesregierung auf die Frauenmorde der letzten Zeit entschlossen reagiert, hat jedoch dazu auch einiges anzumerken:

Österreich hat seit mehr als 20 Jahren ein Gewaltschutzgesetz, dass über die Jahre verbessert wurde und ein Erfolgsprojekt ist. Bislang waren die Betroffenen nur in ihrer Wohnung, bzw. in Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen durch ein Betretungsverbot geschützt. Daher wird die Implementierung eines Annäherungsverbots neben den bisherigen Schutzbereichen des § 38a SPG und unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Opfer von den Gewaltschutzzentren/Interventionsstellen grundsätzlich begrüßt. Ausnahmen vom Betretungsverbot – in welcher Form auch immer – werden von den Gewaltschutzzentren/Interventionsstellen aber entschieden abgelehnt. Das deutliche staatliche Signal des Betretungsverbots, im Jahr 2018 waren es über 8000, wäre durch Schaffung einer – wie auch immer gearteten Ausnahmemöglichkeit – in Zukunft geschwächt.

Die Gewaltschutzzentren und Interventionsstellen Österreichs bieten jährlich flächendeckende Beratung für rund 18. 000 Opfer von häuslicher Gewalt und Stalkingopfer an, wobei alle Gewaltformen wie etwa körperliche, psychische aber auch sexuelle Übergriffe mitumfasst sind. Wir beobachten mit Sorge die Einstellungspraxis und die geringe Verurteilungsrate bei Strafdelikten im Beziehungskontext und bei sexualisierter Gewalt. Deshalb begrüßen wir das Vorhaben einer bundesweiten Analyse der Einstellungspraxis und regen an, dass im Zuge dessen alle justiziellen Verfahrenserledigungen, insbesondere Verurteilungsquote, Weisungen und diversionelle Erledigungen, beforscht werden.

Die Telefonnummer der Frauenhelpline 0800 222 555 für gewaltbetroffene Frauen, zu vereinfachen, damit diese leichter zu merken ist, ist ein guter Ansatz. Kritisch zu bemerken ist, dass in akuten Gefährdungssituationen für eine rasche Hilfe nur die Polizei die einzige Notanlaufstelle mit der Notrufnummer 133 sein kann. Beratungseinrichtungen können in Akutsituationen keine Sicherheit bieten. Diesbezüglich braucht es keine weitere dreistellige Notrufnummer, da diese nur zur Verwirrung führen würde.

In mehreren Bundesländern wurden bisher multiinstitutionelle Fallkonferenzen in Hochrisikofällen durchgeführt. Die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für verbindliche Fallkonferenzen wird von unserer Seite demzufolge begrüßt. Es ist in manchen Fällen so, dass Opferschutzeinrichtungen im Zuge einer Beratung von Gefahrenmomenten erfahren, die der Polizei (noch) nicht bekannt sind und somit zu einer anderen Gefährdungseinschätzung führen können. Daher darf die Initiative zur Einberufung von Fallkonferenzen nicht ausschließlich auf einer Individualentscheidung der Polizei beruhen, sondern auch die Opferschutzeinrichtungen müssen dazu legitimiert werden.

Quelle: Bundesverband der Gewaltschutzzentren und Interventionsstellen Österreichs

www.gewaltschutzzentrum.at

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