ParkinsonDie Anwendung der Tiefen Hirnstimulation (Deep Brain Stimulation, DBS) im Vergleich zu alleiniger optimaler medikamentöser Therapie (BMT) bietet überlegene Vorteile für Parkinson-Patienten, die frühzeitige motorische Komplikationen ihrer Erkrankung aufweisen. Das zeigen die im New England Journal of Medicine publizierten Ergebnisse der EARLYSTIM-Studie. „Bei der DBS wird ein implantiertes medizinisches Gerät ähnlich einem Herzschrittmacher verwendet, um leichte elektrische Impulse an präzise anvisierte Hirnareale abzugeben. Die elektrische Stimulation dieser Bereiche, die nicht-invasiv programmiert und angepasst werden kann, verbessert die motorischen Zeichen und Komplikationen der Parkinson-Erkrankung.“, so Primarius Dr. Joachim von Oertzen, Leiter der Abteilung für Neurologie in der Landes-Nervenklinik Wagner-Jauregg in Linz anlässlich des Welt-Parkinson-Tages. Bislang wird die DBS hauptsächlich in fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung eingesetzt, die nicht allein medikamentös therapiert werden können.

„Die Ergebnisse der EARLYSTIM-Studie zeigen, dass die Tiefe Hirnstimulation die Lebensqualität der Patienten sogar in Frühstadien der Parkinson-Erkrankung verbessern kann, wenn die Fluktuationen (Schwankungen der Beweglichkeit) und Dyskinesien (unwillkürliche Bewegungen) erst beginnen und Ärzte traditionell allein auf Medikamente vertrauen. Patienten mit einer DBS haben hier gegenüber der alleinigen medikamentösen Behandlung therapeutische Vorteile.”, so der Primarius. Und er fährt fort: „Diese neuen Resultate erlauben es bei jenen Patienten, die entsprechende Auswahlkriterien erfüllen, die DBS-Therapie bereits in einem früheren Erkrankungsstadium einzusetzen.”

Die Landes-Nervenklinik Wagner-Jauregg wird am Donnerstag, 23. Mai 2013  auf einem Fachseminar unter dem Motto „Neurologie trifft Neurochirurgie“ interessierte Ärzte über dieses Thema informieren.

„Morbus Parkinson ist eine langsam fortschreitende Erkrankung, die durch einen Funktionsverlust jener Gehirnzellen entsteht, die den Botenstoff Dopamin produzieren.“, erklärt Primarius von Oertzen. Weil Dopamin die Körperbewegungen beeinflusst, sind die Hauptsymptome bei Parkinson Versteifung der Muskulatur und ruckartiger Bewegungsablauf („Rigor“), Zittern in Ruhe („Tremor“), Verlangsamung und Verarmung der Bewegungen („Akinese“) und Störungen der aufrechten Haltung.

In Österreich sind etwa 20.000 Menschen an Morbus Parkinson erkrankt. Die Krankheit beginnt meistens zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr, bei etwa 10 Prozent vor dem 40. Lebensjahr. Männer sind öfter betroffen als Frauen. Primarius von Oertzen: „Es gibt noch keine Möglichkeit, die Erkrankung zu verhindern oder zumindest ihr Fortschreiten zu stoppen. Die Beschwerden sind aber medikamentös behandelbar.“

Die multizentrische, randomisierte, kontrollierte EARLYSTIM-Studie zur Evaluierung von Parkinson-Patienten mit frühzeitigen motorischen Komplikationen hat gezeigt, dass die mit DBS und optimaler medikamentöser Therapie behandelten Patienten eine durchschnittliche Verbesserung ihrer krankheitsbezogenen Lebensqualität um 26 Prozent nach zwei Jahren feststellten. Dem gegenüber kam es zu keiner Verbesserung bei Patienten mit alleiniger medikamentöser Therapie. In die Studie wurden 251 Patienten an 17 Zentren eingeschlossen und über den Verlauf von zwei Jahren nachverfolgt.

Weitere Hauptergebnisse der EARLYSTIM-Studie nach zwei Jahren:

  • Eine Verbesserung der motorischen Fähigkeiten um 53 Prozent (im „OFF“-Zustand, bei temporärem Absetzen der Medikation) bei Patienten, die mit  der Medtronic-DBS-Therapie behandelt wurden, verglichen mit keiner Veränderung  bei den Patienten, die nur die optimale medikamentöse Therapie erhielten  (p<0,001).
  • Eine Verbesserung verschiedener alltäglicher Aktivitäten um 30 Prozent, einschließlich Sprechen, Handschrift, Anziehen und Gehen, bei den mit der  Medtronic-DBS-Therapie behandelten Patienten in ihrer Phase der stärksten  Beeinträchtigung, dem so genannten „OFF“, verglichen mit einer Verschlechterung  um 12 Prozent bei den Patienten, die die nur die optimale medikamentöse  Therapie erhielten (p<0,001).
  • Eine Verbesserung der durch die Levodopa-Medikation induzierten Komplikationen um 61 Prozent nach zwei Jahren, einschließlich Dyskinesien und  motorischen Fluktuationen, bei den Patienten mit DBS-Therapie, verglichen mit  einer Verschlechterung um 13 Prozent bei den Patienten, die nur die optimale  medikamentöse Therapie erhielten (p<0,001).
  • Die tägliche Dosis des Levodopa-Äquivalents konnte in der Gruppe mit Medtronic-DBS-Therapie um 39 Prozent gesenkt werden, während einer Zunahme der  Dosis um 21 Prozent bei den Patienten mit optimaler medikamentöser Therapie zu  verzeichnen war (p<0,001).

Die DBS-Therapie
Bei der DBS-Therapie wird ein operativ implantiertes medizinisches Gerät verwendet, um leichte elektrische Impulse an präzise anvisierte Hirnareale abzugeben. Die elektrische Stimulation dieser Bereiche verbessert die motorischen Zeichen und die durch Levodopa induzierten motorischen Komplikationen der Parkinson-Erkrankung. Die Stimulation kann durch geschulte Ärzte nicht-invasiv programmiert und adjustiert werden, um die Symptomkontrolle zu maximieren und Nebenwirkungen zu minimieren. Mehr als 100.000 Patienten weltweit haben die DBS-Therapie von Medtronic erhalten.

Die DBS-Therapie ist derzeit in vielen Regionen weltweit, unter anderem in Europa und den USA, für die Behandlung der behindernden Symptome des essentiellen Tremors, der fortgeschrittenen Parkinsonkrankheit zugelassen, ebenso für die chronische behandlungsresistente Dystonie, für die die Zulassung in den USA einer Humanitarian Device Exemption (HDE) unterliegt. In Europa und in Kanada ist die DBS-Therapie darüber hinaus zur Behandlung der refraktären Epilepsie zugelassen. Die Therapie ist auch für die Behandlung der schweren behandlungsresistenten Zwangsneurose in der EU und in den USA im Rahmen einer HDE zugelassen.

1) Schuepbach WMM, Rau J, Knudsen K, et al., Neurostimulation for Parkinson’s disease with early motor complications. N Engl J Med 2013; 368:610-22

Zur o.a. Abbildung / Carola: Die Arme schwingen beim Gehen nicht mit, der schlurfende Gang ist bei gebeugter Haltung typisch und das Gesicht ohne Ausdruck.


 

 

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