Bienen, Wespen und Ameisen: Wir preisen ihren Nutzen als Insektenvertilger, Obstbaumbestäuber und Waldpolizei. Und doch haben wir vor ihnen und ihrem schmerzhaften Stich Angst. Der Stachel ist die wichtigste Erfindung dieser Insektengruppe und Grundlage für die enorme Vielfalt an Arten und Lebensstrategien. Dieses mit einzigartigen Makroaufnahmen üppig bebilderte Buch lässt sich auf die widersprüchlichen Seiten von Wespen, Bienen und Ameisen ein. Es erzählt, wie und warum der Stachel eingesetzt wird, welche Rolle der Schmerz für die Evolution dieser Insekten spielt und wie die komplexen Staaten der stechenden Insekten entstanden sind.

Wespen, Bienen, Ameisen – sie sind die heimlichen Herrscher der Erde. Die rund 153.000 bekannten und viele weitere noch unentdeckte Arten bevölkern beinahe jeden Lebensraum auf unserem Planeten.

In den Tropen beispielsweise machen die sozialen Wespen und Ameisen einen Großteil der tierischen Biomasse aus, überall sind zigtausende von Wildbienenarten für einen erheblichen Teil der Blütenbestäubung verantwortlich. Wenn auch die einzelne Ameise im Verhältnis zu einem Menschen verschwindend klein ist, wiegen die geschätzten 10.000 Billionen Ameisen, die die Erde bewohnen, in etwa so viel, wie alle bisherigen Menschen zusammen.

Über den Autor:

PD Dr. Michael Ohl, geboren 1964, ist Leiter des Zentrums für Integrative Biodiversitätsentdeckung am Museum für Naturkunde Berlin und Privatdozent an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er forscht über Themen der Evolutionsbiologie, Systematik und Taxonomie, sowie der Wissenschaftsgeschichte.

oepb-Rezension:

Autor Dr. Michael Ohl hat ein leidenschaftliches Buch über die Naturgeschichte von Bienen, Wespen und Ameisen herausgebracht – über deren Vielfalt und Körperbau, über ihre Lebensräume und wie wir Menschen am besten mit diesen Insekten umgehen sollten.

Ein Beispiel: Ein Hornissennest im Garten in der Nähe des Esstischs. Der Biologe rät dazu: „Zu Hause gibt es in diesem Jahr ein schönes Hornissennest und wir haben im Grunde keine Wespen auf der Terrasse.“ Warum? Nun, weil die Wespen gegen die Hornissen keine Chance haben und von diesen vertilgt werden.

Der Biologe am Berliner Naturkundemuseum hat sich auf Insekten spezialisiert und ganz besonders haben es ihm die Wespen angetan. Er wird nicht müde, der vom jährlichen „Wespensommer“ geplagten Öffentlichkeit zu erklären, wie nützlich genau dieses Insekt ist.

„Sie jagen schädliche Insekten. Die Wespen sind überaus wichtig und aus diesem Grund hat man gesagt, dass man Wespen nicht willkürlich töten und Wespennester nicht wegmachen soll.“

Und mit ein bisserl Geduld erledigt das voranschreitende Jahr ohnehin jedwedes Wespennest von selbst. Die Tiere sterben ab, sobald es kalt wird und Väterchen Frost einsetzt. Einzig und allein die Königin überlebt, sucht sich irgendwo einen geschützten Platz zum Überwintern und gründet im darauf folgenden Frühjahr einen neuen Staat. Wenn sich der von den Wespen gestörte Mensch diese Zeit zunutze macht, um Löcher in der Holzverkleidung am Haus, oder ganze Ritzen am Balkon, der Terrasse etc. einfach abzudichten, dann hat man im kommenden Jahr seine Ruhe, denn die Tiere suchen sich dann einen anderweitigen Platz für ihren Nestbau.

“Die Insekten sind die heimlichen Herrscher der Erde, es gibt sagenhafte 153.000 Arten von ihnen. Der evolutionäre Erfolg dieser Tiere hat viel mit dem giftigen Schmerz zu tun, den sie ihren Opfern zufügen können!“, so Autor Michael Ohl, der sich auch auf Wüstenexpeditionen begibt, um neue Wespenarten aufzuspüren. Die meiste Zeit allerdings befasst er sich mit aufgespießten, teils vor langer Zeit gefangenen „musealen“ Insekten, um sie zu untersuchen.

Am Berliner Naturkundemuseum leitet er zudem kommissarisch das kürzlich gegründete „Zentrum für integrative Biodiversitätsentdeckung“, an dem die weltweite Artenvielfalt erforscht werden soll. Besonders interessant sei es dabei, Arten zu finden, die auch besondere Funktionen haben: „Ich habe vor einiger Zeit eine Wespe entdeckt, die stapelt die Köpfe von toten Ameisen am Eingang ihres Nestes, um Feinde abzuschrecken.“, so Dr. Ohl.

Michael Ohl schreibt, dass doch viele pharmazeutischen Produkte, Biotreibstoffe, Pflanzenfasern und pflanzliche Baumaterialien aus insektenbestäubten Pflanzen gewonnen werden. Außerdem warnt er vor den Folgen eines Zusammenbruchs des gesamten Ökosystems infolge der Zerstörung der Natur durch den Menschen: „Das Bestäuber-Blüten-System als zentrales Element für das Funktionieren der Natur ist mit seinen Zehntausenden von beteiligten Tier- und Pflanzenarten und den vielen gut bekannten und weniger gut untersuchten Faktoren von einer atemberaubenden Komplexität.“

Er versucht dem Leser ebenso nahezubringen, dass doch gerade diese kleinen Brummer so wichtig für unser eigenes Leben und Überleben sind, an denen wir leider allzu oft einfach achtlos vorbeigehen, ohne sie auch nur zu bemerken. Er führt eindringlich vor Augen, was wir alle verlieren, wenn sich das Insektensterben fortsetzt.

Die faszinierenden hochauflösenden Makrofotografien von Bernhard Schurian offenbaren Details der Insekten, die sich mit dem bloßen Auge nicht erkennen lassen und sind unglaublich brillant abgedruckt. Sie lassen bei näherer Betrachtung sogar zarte Härchen, feingliedrige Mundwerkzeuge und farbige Schüppchen erkennen. Obendrein ist dieses wunderschöne Buch mit zahlreichen historischen Abbildungen illustriert.

Übrigens: Die Insekten sehen nicht besonders gut. Sie lassen sich stets von Düften leiten. Und – wenn eine Wespen-Flugbahn gefunden ist, dann hat das meist mit dem Geruch und Duft etwas zu tun. Wild nach den Tieren zu schlagen bringt nichts. Man erreicht dadurch nur, dass sich die Haut des Menschen mit dem Duft, den die Insekten verfolgen vermengt. Infolgedessen „greifen uns die Wespen an“, aber nicht, um uns zu attackieren, sondern weil sie irritiert sind und ihre Flug-Duft-Bahn durcheinander gewirbelt ist. Am besten ist es, sich still zu verhalten und den Tieren aus dem Weg zu gehen. Wenn das nicht immer organisatorisch klappt, dann einfach Ruhe bewahren, nicht hysterisch wild um sich schlagen und versuchen, die Insekten in eine andere Bahn zu lenken.

Und – wenn sich die Tiere ins Haus oder die Wohnung verirren, landen die kleinen Brummer – nachdem sie bei uns alles ausgekundschaftet haben – irgendwann am Fenster. Weil das Licht sie anzieht und sie naturgemäß wieder hinaus möchten. Mit einem Tuch kann man sie dann vorsichtig einwickeln und hinausbefördern, denn jedes Insekt einfach achtlos zu erschlagen, weil es in den Augen vieler von uns völlig wertlos erscheint, das muss doch wirklich nicht sein.

Ein tolles Buch, zum immer wieder Nachschlagen, Schmökern und daraus Lernen. Der geneigte Leser wird – so wie auch wir – begeistert sein. Bitte kaufen!

STACHEL UND STAAT
Eine leidenschaftliche Naturgeschichte von Bienen, Wespen und Ameisen von Michael Ohl
336 Seiten, mit Lesebändchen, reich illustriert und zahlreich bebildert
ISBN 978-3-426-27749-2
Erschienen bei DROEMER
www.droemer-knaur.de
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