Richard Eybner: engagierter Komiker mit lustiger, langer Gestalt und der seltsamen Cyrano-Nase. So die Kritik einst über Richard Eybner. Hier beim pointierten Vortragen im Jahre 1964 von Josef Weinheber-Texten. Foto: oepb
Richard Eybner: engagierter Komiker mit lustiger, langer Gestalt und der
seltsamen Cyrano-Nase. So die Kritik einst über Richard Eybner. Hier beim
pointierten Vortragen im Jahre 1964 von Josef Weinheber-Texten. Foto: oepb

Heute möchten wir an den unvergleichlichen und damit auch unvergessenen Kammerschauspieler Professor Richard Eybner erinnern, der am 17. März 1896 im niederösterreichischen St. Pölten geboren wurde. Freilich ahnte damals in der landesfürstlichen Stadt an der Traisen, die seit 1986 die Hauptstadt von Niederösterreich ist, niemand, dass aus dem kleinen Richard dereinst einmal ein großer österreichischer Komiker, Schauspieler und Allround-Künstler werden wird.

Richard Eybner stammte aus gutbürgerlichem Haus, dem gehobenen Mittelstand. Der Vater, Otto Eybner (* 1856, † 1917), war als Eisenwarenhändler und Spediteur ein Handelstreibender und ein Mann des soliden Bürgertums. Die Mutter, Leopoldine Josepha Theresia Pittner (* 1856, † 1933) ehelichte Otto im Jahre 1888. Otto Eybner war auch politisch aktiv und stand St. Pölten, der Viertelhauptstadt mit Bischofssitz, in den Jahren 1908 bis zu seinem Ableben 1917 als Bürgermeister vor.

Das Leben des kleinen Richard nahm zunächst den völlig normalen Verlauf, wie das zahlreicher anderer Kinder und junger Menschen. Er besuchte die Untermittelschule und nahm aktiv teil an den üblichen Lausbubenstreichen. Sehr bald schon begeisterte er sich für die Musik und das Theater. Als Einjährig-Freiwilliger zog er, gemäß eigener Aussage, als „recht schlechter Handelsakademiker kurz vor der Schulabschlussprüfung am 29. März 1915 zum Militär und somit in den Weltkrieg ein“. Eybner meldete sich zum Feldjägerbataillon Kopal Nr. 10 und erinnerte sich, dass eine ganze Reihe späterer Burgschauspieler mit ihm in der alten k. u. k. Armee dienten: Fred Hennings, die Brüder Attila und Paul Hörbiger, Hermann Thimig und andere.

Als Offizier im Ersten Weltkrieg lernte er das zivile und militärische Völkergemisch der k. u. k. Monarchie bis in ihre feinsten Dialekt- und Milieunuancen kennen und kehrte mit dieser Sprache der „Letzten Tage der Menschheit“ im Ohr, aus zweijähriger russischer Kriegsgefangenschaft, wo auch seine ersten Kontakte mit dem Theater stattgefunden hatten, als Leutnant der Reserve im Sommer 1918 nach Hause zurück. Es folgte weiterer Kriegsdienst an der italienischen Front, ehe Eybner am 19. November 1918 aus dem aktiven Militärdienst entlassen wurde.

Im Bild von links: Hans Moser, Richard Eybner und Paul Hörbiger. In “Hallo Dienstmann” aus dem Jahre 1951 spielte Eybner einen Akademieprofessor, Moser den echten und Hörbiger den falschen Dienstmann. Foto: oepb
Im Bild von links: Hans Moser, Richard Eybner und Paul Hörbiger. In “Hallo Dienstmann” aus dem Jahre 1951 spielte Eybner einen Akademieprofessor, Moser den echten und Hörbiger den falschen Dienstmann. Foto: oepb

Seine Rückkehr ins heimische St. Pölten verlief für ihn schmerzvoller, als die Kriegsgefangenschaft. Es war nicht nur die große Österreichisch-Ungarische Monarchie in sämtliche Einzelteile zerfallen, es war auch der geliebte Vater bereits verstorben. Für Eybner brachen in jenen Augenblicken sämtliche heile Welten völlig in sich zusammen.

Als abgerüsteter junger Offizier hieß es nun für ihn, sich einen zivilen Beruf zu suchen. Es folgte der Gang nach Wien. Nach einem Kurzbesuch der Exportakademie – der heutigen Wirtschaftsuniversität – trat er als Beamter in die Centralbank der deutschen Sparkassen ein. Der Beruf eines biederen Bankbeamten ging für ihn einige Jahre gut, Richard Eybner entdeckte jedoch sehr bald schon seine großen Talente als Kabarettist und angesehener Vortragskünstler.

1929 beschloss der 33-jährige Eybner, der gutbürgerlichen Bank-Laufbahn Adieu zu sagen und bewarb sich mit Erfolg für den ersten Jahrgang des soeben gegründeten Max Reinhardt-Seminars als reifer Mann. Max Reinhardt war von ihm dermaßen begeistert, dass er Eybner unter anderem für die Rolle des „Dünnen Vetter“ im „Jedermann“, den er jahrelang spielte, nach Salzburg holte. Im Jahre 1931 war Richard Eybner der letzte Schauspieler, den Burgtheaterdirektor Anton Wildgans an das Burgtheater in Wien engagierte. Geworden sind daraus 55 Jahre Burgtheatergeschichte und ebenso sagenhafte 55 Jahre österreichische Kulturkunst.

Richard Eybner brillierte „an der Burg“ in zahllosen Nestroy– und Raimund-Rollen. Sein überaus komödiantisches Talent, seine unverwechselbare Stimme und seine diskrete Mimik machten ihn sehr bald schon zu einer bekannten und überaus beliebten Schauspielerpersönlichkeit des Landes. Unzählige Chargen schenkte er dem Wiener Haus am Ring und seiner großen Bewunderungsgemeinde. Ganze Menschenschicksale konnte er in fünf Sätzen spielen. Er benötigte dazu auch nicht mehr, um das ganze Leben eines Menschen, seine Eigenarten und die Atmosphäre der dargestellten Zeit und deren Abläufe, in die er gestellt wurde, zu verkörpern. Diese Kunst beherrschte er musterhaft, weil er stets ein Beobachter, ein Suchender und ein Neugieriger, ein stets Lernender und allem Neuen begeistert Aufgeschlossener geblieben war. Zudem war er ein Philanthrop, ein Mitteilender, der an die Menschen glaubte, sogar an die Kollegen. Er war schlichtweg „der Eybner“.

Am Döblinger Friedhof zu Wien fand der ursprünglich aus St. Pölten stammende Erz-Wiener Richard Eybner (* 17. März 1896, † 20. Juni 1986) nach 90 erfüllten Lebensjahren - stets im Dienste der Komik, der Schauspielkunst und des Erheiterns seiner Mitmenschen bedacht - seine letzte Ruhestätte. Foto oepb
Am Döblinger Friedhof zu Wien fand der ursprünglich aus St. Pölten stammende Erz-Wiener Richard Eybner (* 17. März 1896, † 20. Juni 1986) nach 90 erfüllten Lebensjahren – stets im Dienste der Komik, der Schauspielkunst und des Erheiterns seiner Mitmenschen bedacht – seine letzte Ruhestätte. Foto
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Wien gehörte seine ganze und große Liebe, und wenn er auch im Scherz gelegentlich meinte, er wäre bloß ein „Zugereister“, so fühlte er sich doch als „gelernter Wiener“, ganz dem Volk der Geiger und Tänzer zugehörig. 55 Jahre lang trug er immer wieder unerreicht Gedichte aus „Wien wörtlich“ vor und hatte sein Wiener Repertoire im Laufe der Jahrzehnte mit den hinzugekommenen Gedichten von Georg Strnadt und Josef Mayer-Limberg, die er aus der Taufe gehoben hatte, erweitert.

Damit hatte sich Richard Eybner das im Laufe der Zeit bereits für mehrere Generationen veränderte Wien-Bild durch seine Vorträge sprachlich nachvollzogen und zugleich den Wienerinnen und Wienern die mannigfaltigen, alle Bevölkerungsschichten umfassenden Facetten ihres Dialektes immer wieder aufs Neue ins Bewusstsein gebracht.

14 Burgtheaterdirektoren konnten bis zum Schluss – die Rolle des „Mystifax“ in Nestroys „Lumpazivagabundus“ war seine letzte – auf den Charakterkopf, Komiker und absoluten Schauspielprofi Richard Eybner zählen.

Geblieben ist – auch heute noch – die unauslöschliche Erinnerung an einen Kammerschauspieler, durch dessen Präsenz und Schauspielkunst das Wiener Burgtheater, das Musiktheater, der Film, das Kabarett und das Fernsehen stets eine künstlerische Bereicherung gefunden hatte.

Der Ausdruck „Singendes Burgtheater“ ist untrennbar mit dem Namen Richard Eybner verbunden, wenngleich seine große Liebe auch der Rezitation von Mundartlyrik galt. Josef Weinhebers Gedichte, in Mimik, Wort und Spiel von Richard Eybner vorgetragen, waren sprachliche und kabarettistische Glanzstücke jahrzehntelanger Schauspielkunst in Österreich und Wien.

Hören und staunen Sie hier bitte selbst:

DAS MANÖWER ist nach einer Kindererzählung aus dem alten Österreich von Richard Eybner nach den Erzählungen seiner Tante Hermine nachempfunden und gestaltet und ist eine gutmütige Persiflage auf die k. u. k. Zeit. In diesem ins Tierreich transportierten „Traum eines österreichischen Reservisten“, kommt die unverwechselbare Komik und der Humor Richard Eybners und seine virtuose Sprachbeherrschung voll zur Geltung: das untrügliche Auge beim Beobachten und Erfassen des Charakteristischen, mit der Gabe verbunden, das Erfasste in ein Klangbild umzusetzen, wo selbst die unscheinbarste Nuance unversehens von einer Nebenstimme zur Dominante gesteigert, der Sprachpartitur „i-Tüpferln“ aufgesetzt und sie in virtuoser Wiedergabe als farbenprächtiges Feuerwerk aufgehen lässt. In seinem „Manöwer“ bringt es Richard Eybner fertig, aus der Umformung der Worte in die Lautensprache der Tiere, nicht nur deren eigentümliche „Sprache“ nachzuahmen, sondern zugleich auch das ganze Flair der Monarchie und ihrem Militär als Hör-Bild einzufangen. Ein köstlicher Spaß, ein herrlicher Einfall und ein Kabinettstückerl der Vortragskunst.

 

DIE GUTE ETIKETTE ist dem 1827 in Leipzig erschienenen Vademecum für Zugereiste „Wien, wie es ist“ entnommen, das über die Kunst, sich in den gehobenen Kreisen des alten Österreich durch richtige Anwendung des Handkusses als Angehöriger der Hautevolée auszuweisen, unterrichtet. Zwei „G´stanzln“, von Oscar Deleglise eigens für den Anlass verfasst, nahmen Bezug auf die Ehrung Richard Eybners durch Frau Vizebürgermeisterin und Stadtrat für Kultur Gertrude Fröhlich-Sandner, die dem Künstler zu dessen 80. Geburtstag einen Band „Wien in alten Ansichten“ im Namen der Stadt Wien überreichte, sowie auf die Ernennung Eybners zum Ehrenmitglied der Österreichischen Kulturvereinigung. In beiden Fällen bedankte er sich mit einem pointierten „Ich küss´ die Hand!“

 

DO SCHWOCHE OBGLAUNZ von Camillo Öhlberger dokumentiert die Überlegenheit St. Pöltens über Wien! Doch hob der aus St. Pölten gebürtige Richard Eybner durch seinen Vortrag der als eine überschäumende Liebeserklärung an beide Städte ausfiel, alle Unterschiede auf!  

 

Quelle: oepb

www.burgtheater.at

 

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