Der österreichische Ausnahme-Stürmer Horst Nemec (*25. Jänner 1939, † 23. Juni 1984) ist nur 45 Jahre alt geworden. Foto: © oepb

Österreich galt schon immer als ein Land der guten Torhüter, allerdings auch als eine Fußball-Nation der außergewöhnlichen Stürmer. Wer heute an rot-weiß-rote Goalgetter und Goleadore denkt, dem fällt automatisch der Name Johann „Hans“ Krankl und Anton „Toni“ Polster ein. Der Name Horst Nemec fällt da kaum noch ins Gewicht und scheint schier vergessen zu sein. Dabei war er, der „Horstl“, ein Sturmtank der allerfeinsten Sorte.

Der am 25. Jänner 1939 in Wien geborene Horst Nemec begann als 11-jähriger seine fußballerische Laufbahn beim Rudolfsheimer AC. Weiter ging es für ihn 1956 beim SC Helfort Wien, ehe der 18-jährige Horstl, der ursprünglich seinem Freund Walter Glechner zu RAPID folgen wollte, im Sommer 1957 beim FK Austria Wien landete. Vorerst auf Leihbasis. Da die Austria in jenem Juli im Rahmen einer Tournee nach Australien und Neuseeland jettete, war der zeit seines Lebens unter chronischer Flugangst leidende Horst Nemec zwar bereits mit von der Partie, musste sich allerdings seinen Stammplatz naturgemäß erst erkämpfen. Und das tat er – mit Bravour. Bereits im ersten Spiel für die Wiener Veilchen scorte er einen Treffer. Seine Bilanz anhand dieser sechswöchigen Tournee konnte sich überhaupt sehen lassen: 7 Tore in 10 Spielen, für einen 18-jährigen eine Top-Quote. Ergo wurde aus dem Helfort-Gastspieler eine feste Größe bei der Wiener Austria.

Am 23. September 1959 debütierte der 20-jährige im A-Team für Österreich. Vor 30.000 Besuchern im Wiener Praterstadion bombte sich der junge Sturmtank mit zwei sehenswerten Toren beim 5 : 2-Erfolg über Norwegen sogleich in die Herzen der Zuschauer. Und in dieser Tonart sollte es für ihn weitergehen.

Horst Nemec galt als fixer Bestandteil im „kleinen Wunderteam“. Damit ist jene Nationalmannschaft gemeint, die in der sogenannten „Karl Decker-Ära“ in der Zeit vom 29. Mai 1960 bis 19. November 1961 anhand von 9 Länderspiel-Siegen bei nur einer Niederlage von Erfolg zu Erfolg eilte. Immer wieder trat er in Erscheinung – groß, stämmig, bullig und nicht aus der Bahn zu werfen, ein wahrer Goalgetter eben mit absoluten Steherqualitäten.

Horst Nemec (Bildmitte, helle Dress) trat am 17. September 1960 als dreifacher Torschütze auf der Simmeringer Had in Erscheinung. Aus 1. Simmeringer SC gegen FK Austria Wien (0 : 3). Foto: © oepb

Als sein wohl bestes Spiel im Dress der Österreichischen Fußball-Nationalmannschaft sollte das Länderspiel am 24. April 1963 gegen die Tschechoslowakei in die Geschichte eingehen. Beim 3 : 1-Erfolg im Wiener Stadion traf er vor 76.000 Zuschauern dreimal. Lediglich der Prager Václav Masek, der zum zwischenzeitlichen 1 : 1 traf, verhinderte einen lupenreinen Hattrick von Horst Nemec.

Sein Trainer bei der Austria, Karl Schlechta, bezeichnete ihn einmal als „Pferd von einem Mann“. Dies war auch kein Wunder, denn das „Bröckerl“, das immer wieder gerne an der 100 Kilogramm-Grenze kratzte, stand breitschultrig voller Saft und Kraft auf dem Platz. Seine durchtrainierten Beine waren Pfosten und der Schuss ein echter Hammer. Und dennoch wäre es ungerecht, den mit dem unschönen Namen „Riesenbaby“ ausgezeichneten Vollblutstürmer immer wieder auf seine Gewichtsprobleme zu reduzieren. Horst Nemec war eine Identifikationsfigur, die kickende Jugend wollte so sein wie er, denn trotz der Fülle des Gewichtes war er ein schneller Spieler, der auch immer wieder über die Flügel kam. Auch seine wuchtigen Hechtkopfbälle schlugen immer wie Granaten im gegnerischen Gehäuse ein. Horst Nemec zählte in seinen besten Jahren zu den wertvollsten und effektivsten Stürmern in Europa.

Weihnachtsfeier beim ÖFB in der „Karl Decker-Ära“ 1960. Im Bild von links die Teamspieler Hans Buzek, Walter Glechner und Horst Nemec. Foto: © oepb

Auch vom 9. April 1966 existiert eine nette Geschichte. Die Austria empfing im Rahmen der damaligen Oster-Turniere im Wiener Stadion den FC Bayern München. Am Strafraum hob der gelernte Werkzeugmacher Nemec den Ball gefühlvoll über den verblüfften „Jung“-Kaiser Franz Beckenbauer hinweg und knallte das Leder volley zum 1 : 0 für die Veilchen in die Maschen. 45.000 Zuschauer riss es von den Holz-Bänken, die Austria gewann am Ende mit 3 : 0.

Die Austria konnte sich in den Jahren 1961 bis 1963 dreimal en suite die Meisterkrone aufsetzen. 1962 und 1963 schaffte man darüber hinaus mit dem Cupsieg auch das Double. Die Volltreffer von Horst Nemec, der 1961, 1962 und 1964 auch Österreichischer Torschützenkönig wurde, hatten maßgeblichen Anteil an diesen Erfolgen.

Auch als späterer Kaffeehausbesitzer blieb Horst Nemec seinen Veilchen stets und treu verbunden. Im Rahmen der Austria-Stadionzeitschrift DIE WIENER VIOLETTEN fand man immer wieder sein Inserat vor. Bild: © oepb

Nachdem für ihn am 5. September 1965 in der Nationalmannschaft beim 0 : 3 in Ungarn nach 29 Länderspielen mit 16 Toren Schluss war – der eine Bomber (Horst Nemec) ging, der andere Torjäger (Helmut Köglberger) feierte sein Debüt – gab ihn auch die Austria im Sommer 1966 ab. Seine nächste Station war die Hohe Warte und der First Vienna FC. Mit der Vienna stieg Horst Nemec zwar im Sommer 1968 aus dem Oberhaus ab, aber der „Betriebsunfall Regionalliga“ wurde nach nur einer Spielzeit repariert und die Vienna war 1969, auch dank zahlreicher Horst Nemec Treffer, wieder im Oberhaus zurück.

Die Karriere war für ihn jedoch vorbei. Mit 30 Jahren hing Horst Nemec im Sommer 1969 die berühmten „Packeln“ an den Nagel. Nach sagenhaften 146 Toren in 220 Bundesligaspielen im Oberhaus. Eine bis heute wahrhaft unglaubliche Bilanz.

Horst Nemec wechselte nun das Fach und wurde Cafetier. In seinem kleinen und feinen Lokal in der Gumpendorfer Straße im 6. Wiener Gemeindebezirk hatte er in einer hinteren Ecke einen Stammtisch eingerichtet. An der Wand erinnerten zahlreiche Fotos und Wimpel an seine außergewöhnliche Karriere. Er war ein guter Wirt und freute sich stets über Gäste aus der Welt des Fußballsports – sei es von Seiten der ehemaligen Mitspieler, oder aber wenn junge Fußballfans ihn besuchten.

Diese erhielten dann von ihm meist ein Packerl Manner-Schnitten zugesteckt. Und dennoch, die Gesundheit zwang ihn zum Aufhören.

Kein Fußballplatz mehr als Aktiver, kein Tennismatch mehr am WAC-Platz, absolut keine sportliche Betätigung mehr. „Ich darf in keinen Schuh´ mehr rein.“, klagte er. Eine eitrige Entzündung im April 1973, garniert mit 40 Grad Fieber und einem längeren Spitalsaufenthalt zwang ihn auch dazu, die Trainer-Tätigkeit bei Rudolfshügel einzustellen.

Horst Nemec überspringt wuchtig seinen Vereins-Kollegen Ernst Ocwirk beim
Kopfball. Aus FK Austria Wien gegen Benfica Lissabon (1 : 1) vom 31. Oktober
1961 vor 80.000 !!! Zuschauern im Wiener Praterstadion. Foto: © oepb

So stand er eben nun in seinem Cafe und übernahm immer wieder die Nachtschicht. Viele Jahre lang, bis es am 23. Juni 1984 plötzlich hieß, dass Horst Nemec, Vater dreier Töchter und einer der stärksten Stürmer Österreichs, nur 45-jährig verstorben ist.

Der „profil“Chefredakteur Reinhard Tramontana schrieb unter anderem in seinem Nachruf: „Da mochten im gegnerischen Strafraum halt ein paar Schinakeln herumkreuzen – aber er, der Horstl Nemec, war der Flugzeugträger…!“

Ein Bär von einem Mann, ein Kraftpaket auf dem Platz, gefürchtet bei den gegnerischen Torleuten, aber die Seele von einem Menschen ist leider viel zu früh von uns gegangen.

Auf dem Baumgartner Friedhof wurde Horst Nemec Anfang Juli 1984 zu Grabe getragen.

Quelle: Redaktion www.oepb.at

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