Thomas Murg dreht jubelnd ab. Sein 0 : 1 in Minute 9 brachte den FAK auf die Verliererstraße. Foto: GEPA
Thomas Murg dreht jubelnd ab. Sein 0 : 1 in Minute 9 brachte den FAK auf die Verliererstraße. Foto: GEPA

Die Vorfreude war groß, gestern Nachmittag rund um den Verteilerkreis zu Wien-Favoriten. Das violette Grätzel Wien X war belebt wie lange nicht und auch im Viola Pub im Bauch der Ost-Tribüne der Generali-Arena war knapp drei Stunden vor Spielbeginn kein Sitzplatz mehr zu ergattern. Die Austria und ihre Fans waren bereit – bereit zur Eroberung auf Platz 1 in der Tabelle und auch bereit für RAPID! Zumindest hatte es so den Anschein. Doch wie so oft, kommt es meist anders, als man denkt …

22. Spieltag tipico-Bundesliga / Sonntag, 14. Feber 2016, 16.30 Uhr / Generali-Arena, 12.500 Besucher, Referee Alexander Harkam

Es zieht sich wie ein öder Faden durch diese Saison: Stets dann, wenn der FAK zur „Erstürmung der Bastille“ ansetzen sollte, sprich die Tabellenführung der Bundesliga erobern könnte, genau dann geht der Schuss in den Kamin und nach hinten los. Freilich kann man sagen, wenn die allererste Chance von FAK-Wirbelwind Larry Kayode, der in RAPID-Keeper Richard Strebinger hineindonnerte, der daraus resultierende Corner von Raphael Holzhauser zum Torerfolg geführt hätte und wenn der Lukas Rotpuller-Kopfball kurze Zeit später nicht knapp neben die linke Stange sondern ins Tor gesaust wäre, wer weiß, wie die Partie hätte verlaufen können. Doch spätestens dann, als Thomas Murg aus Abseits-Postition das 0 : 1 gelang, war klar, dass die Austria auch im zweiten Heim-Derby gegen RAPID (das erste im August wurde gar mit 2 : 5 vergeigt) kein Land sehen würde.

Volle Ränge, tolle Stimmung, farbenfrohe Choreografien auf beiden Seiten und auch ein Hauch Europa inmitten des altehrwürdigen Horr-Platzes. Anhänger des 1. FC Nürnberg und von Panathinaikos Athen auf der Seite der Gäste, Freaks des SC Rot-Weiss Essen und von SK Slovan Pressburg im Lager der Heimischen unterstrichen den Stellenwert dieses 316. Wiener Stadt-Derbys. Und nach einer gemeinsamen Trauerminute für den im 51. Lebensjahr stehend verstorbenen Bulgaren Trifon Ivanov, der in den 1990er Jahren für beide Wiener Groß-Klubs aktiv war, ging es auch gleich hinein, munter ins bunte Geschehen.

Die Austria ging aggressiv die Sache an und suchte eine rasche Entscheidung. RAPID kam zu Beginn kaum zum Schnaufen und lief nur hinterher. Aber RAPID wäre – zumindest in den letzten Derbys in Favoriten – nicht RAPID, wenn die Grün-Weißen im Konter nicht brandgefährlich gewesen wären. Und so war es auch gestern: Thomas Murg erhält ein Zuspiel von Steffen Hofmann und der Steirer, der zwischen 2012 und 2014 auch den Austria-Dress trug, sicherte aus Abseits-Position seinen neuen Farben die frühe Führung. Somit traf wieder ein Ex-Violetter direkt hinein ins violette Herz. Auch dies gab es in dieser Saison bereits mehrfach: Srdan Spiridonovic (Admira/Wacker), Sascha Horvat (SK Sturm Graz) etc. lassen grüßen. Darüber hinaus war dies der dritte Streich von Murg, denn beim 2 : 4 in Ried im Herbst traf er detto zweimal gegen seinen Ex-Verein.

Mit der frühen Führung im Rücken zogen die RAPIDler ihr Spiel auf. Von nun an war es die Austria, die dem Ball hinterher lief. Dass in dieser Periode ein dummes Foul von Vanche Shikov an Matej Jelic im Strafraum zu einem Elfmeter führte, war typisch für diese Phase. Steffen Hofmann ließ sich von den Pfiffen der Osttribüne nicht beirren, verlud Osman Hadzikic und traf zum vorentscheidenden 0 : 2. Gespielt waren da gerade einmal 15 Minuten.

RAPID begann nun, das Ergebnis zu verwalten, ließ die Austria kommen, die wiederum ihr Spiel vermehrt in die Breite zogen, teilweise mit den RAPIDlern Katz und Maus spielten, ohne dabei jedoch nur einen Meter Platzgewinn zu erzielen. Optisch zwar lustig anzusehen, doch wenn man 0 : 2 in einem Derby zu Hause hinten liegt, erwarten sich die Zuseher andere Dinge. Dass vereinzelt Pfiffe aufkeimten, war nicht verwunderlich. Kayode war übermotiviert in diesem Spiel. Wenn sich der Nigerianer allerdings vermehrt auf seine Schnelligkeit und weniger auf die „Schwalbenproduktion“ im gegnerischen Strafraum beschränkt hätte, wäre er für das Spiel der Wiener Violetten förderlicher gewesen. Die Austria blieb bemüht, aber brotlos.

Nach Seitenwechsel war von RAPID-Kapitän Steffen Hofmann nichts mehr zu sehen. Unter tosendem Applaus der gut und gerne 2.000 anwesenden Grün-Weißen im Stadion durfte er nach 60 Minuten vom Platz gehen. Das Aufbäumen der Austria fand allerdings auch nicht mehr statt. RAPID stand hinten dicht und Mario Sonnleitner dirigierte seine Abwehr-Kollegen wie zu seinen besten Tagen. RAPID war jederzeit Herr der Lage und wartete auf den entscheidenden Moment, den Sack endgültig zuzumachen. Das 0 : 3 dann in Minute 72: Philipp Schobesberger schickt Jelic auf die Reise und dieser trifft abgeklärt zum 0 : 3. Das war´s und die ersten Violetten machten sich just zum Beginn der RAPID-Viertelstunde auf den Heimweg. Schade eigentlich, denn da verfügt der FAK endlich wieder einmal über ein Full House und vertreibt mit seinem Gekicke auch gleich wieder die Anhänger. Wenn im Austria-Fan der Gedanke aufkeimt, dass das Ganze hoffentlich bald vorbei ist, weil es nicht mehr anzusehen ist, dann ist damit wohl alles zum gestrigen Spiel der Austria gesagt.

RAPID war spritziger, giftiger, aggressiver und wollte unbedingt diesen Derby-Sieg. Die Austria ergab sich, wieder einmal, sehr bald ihrem Schicksal, bäumte sich kaum auf und überließ dem Stadt-Rivalen das Feld und letzten Endes auch den verdienen Erfolg. RAPID lacht nun mit Salzburg punktegleich mit 40 Zählern tabellarisch von ganz oben, die Austria rangiert mit zwei Zählern dahinter auf Rang Drei. Das Saisonziel wäre damit erreicht, denn etwas anderes als Platz Drei wurde vor Beginn der Spielzeit in Wien-Favoriten ohnehin nicht gefordert. Auch das ist schade, denn wenn mehr möglich ist, dann sollte man doch auch nach mehr streben. Den Spielern einzuimpfen, werdet nur Dritter, das reicht uns schon, ist zwar von der Psyche her toll, aber von Vollprofis, für die von Seiten des Vereins alles getan wird, denen alles abgenommen wird und die quasi rund um die Uhr betreut und verhätschelt werden, da sollte man doch auch verlangen können, wirklich das allerletzte Hemd für den Verein zu geben. Aber die Austria-Verantwortlichen werden wohl wissen, was sie tun …

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