Am 11. November 1989 strömten über 60.000 Zuschauer im wiedervereinten Berlin ins Olympiastadion, um Zweitliga-Fußball zu sehen. Foto: © Rene Staffeldt from Pixabay

Die große alte Dame des Deutschen Klub-Fußballs, Hertha BSC Berlin, genießt den Ruf, mitunter auch des Berliners größtes Sorgenkind zu sein. Das stete Auf und Ab der Blau-Weißen im Laufe der Geschichte des am 25. Juli 1892 als HERTHA ´92 auf dem Weddinger Arkona-Platz gegründeten Vereins bestätigt immer wieder diese These. Nach der zweimal gewonnenen Deutschen Meisterschaft in den Jahren 1930 und 1931 folgte lediglich noch eine Vize-Meisterschaft 1974/75 hinter dem damaligen Deutschen Champion VfL Borussia Mönchengladbach und zwei DFB-Pokal-Endspiel-Teilnahmen 1977 (Niederlage gegen den 1. FC Köln) und 1979 (neuerliche Niederlage, diesmal gegen Fortuna Düsseldorf). Das war es dann aber auch mit den zu erwähnenden größten Vereinserfolgen. Die Hertha hält allerdings auch bis heute einen ganz anderen Rekord: am 27. September 1969 pilgerten knapp 90.000 Zuschauer zum Bundesliga-Spiel gegen den 1. FC Köln ins Olympiastadion. Im Tor der Hertha stand übrigens mit Gernot Fraydl ein Österreicher. Die offizielle Kulisse wurde mit 88.075 Besuchern angegeben. Ein Rekord für die Ewigkeit? Derzeit sieht es ganz danach aus. 14 Tage später kamen übrigens erneut weit über 80.000 Besucher zum Spiel gegen den Hamburger SV. Die Hertha belegte zum Ende der Saison 1969/70 den Dritten Tabellenrang.

Der Fall der Berliner Mauer

Am 9. November 1989 öffnete sich am Berliner Grenzübergang Bornholmer Straße knapp vor Mitternacht völlig unbürokratisch der Schlagbaum zwischen Ost und West. Die seit den August-Tagen des Jahres 1961 zweigeteilte ehemalige Reichs-Hauptstadt Berlin war somit wieder vereint, das Ende der DDR vorprogrammiert. Man war gespannt, inwieweit sich diese Ost-Öffnung durch den Mauerfall auch auf die Hertha auswirken würde.

Torschütze beim 1 : 1 gegen Wattenscheid war Sven Kretschmer, hier anhand einer Hertha-Autogrammkarte der Saison 1989/90. Sammlung: oepb

Der Spielplan-Zufall wollte es so, dass Hertha – damals in der 2. Deutschen Bundesliga beheimatet – am Samstag, 11. November 1989 zum Heimspiel gegen die SG Wattenscheid 09 aus Bochum lud. Es traf somit der Tabellen-Vierte (einen Punkt Rückstand auf den Leader 1. FC Saarbrücken) auf den Tabellen-Dritten (punktegleich mit den Saarländern). Ohne Wattenscheid nahe treten zu wollen, jedoch das Team um Trainer Hannes Bongartz war eher einer grauen Maus gleichzusetzen und die Schwarz-Weißen aus Bochum 6 standen in ihrer Stadt immer im unüberwindbaren Schatten des großen VfL Bochum von 1848. Tabellarisch demnach ein Schlagerspiel, attraktiver Gegner mäßig jedoch wohl eher nicht.

Doch siehe da, das Olympia-Areal füllte sich zusehends und als die Zweitliga-Partie um 15.30 Uhr angepfiffen wurde, fanden sich offiziell 44.171 zahlende Zuschauer im Olympiastadion ein. Wie kam es dazu? Die Hertha verkaufte im Vorfeld die Begegnung an eine Autofirma, die wiederum eine Summe von 150.000 Deutsche Mark (gut 1 Million Schilling) garantierte. Im Gegenzug wurden die einheitlichen Eintrittspreise auf 5 DM (35 Schilling) herabgesetzt. Man rechnete somit mit 30.000 Besuchern. Dieser Werbe-Coup geriet völlig ins Hintertreffen, denn durch den Mauerfall zwei Tage vor dem Spiel konnten erstmals wieder Fußballfans aus dem Osten zu einem Kickerl in den Westen pilgern. Der Auto-Sponsor reagierte prompt und gewährte sämtlichen DDR-Bürgern freien Eintritt. Der kostenlose Zutritt zum Spiel am Einlass-Drehkreuz wurde durch das Herzeigen eines gültigen DDR-Passes ermöglicht. Und siehe da, zahlreiche Fußballfans des BFC Dynamo, als auch vom 1. FC Union Berlin nützten diese Gunst der Stunde. Die Zahl der Ost-Bürger bei diesem Match schwankte zwischen 15.000 und 20.000 Besuchern. Die inoffizielle Zuschauerzahl lag demnach bei über 60.000 Besuchern für ein Zweitliga-Spiel, was auch damals einen neuen Rekord bedeutete. Der Hertha-Schnitt von 7.904 (die Konkurrenz von Blau-Weiß 90 Berlin wies in jenem Jahr, ebenso in der 2. Bundesliga spielend, einen Schnitt von 7.263 auf) wurde nach dem Spiel mit auf 13.693 durchschnittlichen Stadion-Besuchern somit fast verdoppelt.

Und so lagen sich an jenem Samstag Nachmittag zahlreiche Bürger aus Ost und West einträchtig in den Armen und feierten ihre Hertha, die gegen die Bochum 6er zwar nicht gewinnen, der Mannschaft aus dem Ruhrgebiet jedoch zumindest ein 1 : 1 abringen konnten. Die Gazetten am Sonntag wussten zu berichten, dass das Niveau dieser Partie in keiner Weise mit der Kulisse einher ging, dies alles aber der Freude und der Begeisterung auf den Rängen keinen Abbruch tat.

Zum Ende der Saison 1989/90 stand die Hertha als Meister der 2. Deutschen Bundesliga fest und stieg gemeinsam mit der SG Wattenscheid 09 in die höchste Deutsche Spielklasse auf. Hertha BSC Berlin war somit nach einer siebenjährigen Abstinenz wieder in der Bundesliga vertreten und ist dies, nach kleineren sportlichen Betriebs-Unfällen, bis heute geblieben.

Übrigens – auch den Besucher-Rekord in der 2. Deutschen Liga hält die Hertha: am 7. April 1997, einem Montag, wollten über 75.000 Fußball-Anhänger die Hertha gegen den 1. FC Kaiserslautern sehen. Auch hier stieg man am Ende der Saison wieder ins Oberhaus auf.

Quelle: Redaktion www.oepb.at

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